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Frau Bengtsson geht zum Teufel

Frau Bengtsson geht zum Teufel

Titel: Frau Bengtsson geht zum Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline L. Jensen
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Acker ihr letztes Angebot an Gott. Sie ging auf den Turm zu, der sich nicht weit entfernt vor dem grauen Himmel abzeichnete.
    Okay, ich komme jetzt, dachte sie. Wir treffen uns auf halbem Weg.

    Schon nach ein paar Metern fand Frau Bengtsson heraus, dass der Acker nicht nur abgeerntet, sondern auch gepflügt war. Was aus der Ferne glatt und einladend ausgesehen hatte, erwies sich als wogendes Meer. Außerdem war es steinig. Und schlammig. Und es war viel weiter bis zur Kirche, als sie gedacht hatte.
    Schritt für Schritt kämpfte sie sich weiter, trotz allem. Wir treffen uns auf halbem Weg, hatte sie ihm angeboten. Wenn sie ehrlich sein wollte, musste sie so weit gehen, aber jedes Mal wenn ihr Knöchel sich verdrehte, die Absätze feststeckten oder ein Fuß im Matsch versank, und mit jedem Stein, über den sie stolperte, wurde ihre Wut größer.
    Verdammt noch mal, ich will dir doch nur entgegenkommen. Warum ist das so schwer? Immer, wenn ich die Initiative ergreife und mich dir aus freien Stücken nähere, verhöhnst du mich und verstellst mir den Weg.

    Der Turm war kein bisschen größer geworden.
    Das Kreuz auf der Spitze schien genauso fern wie vorher, aber als sie sich umdrehte, konnte sie den Feldweg nicht mehr sehen. Hier war die Mitte. Sie war da.
    Frau Bengtsson schaute auf ihre neuen Stiefel herab. Ob sie sie jemals sauber bekommen würde? Sie seufzte. Auf halbem Weg, in der Mitte.
    Sie setzte sich auf einen der Wellenkämme, ohne sich um den Schlamm zu kümmern, zog eine Zigarette aus der Tasche und fragte sich, ob sie wieder zu rauchen begonnen hatte. Sie kam zu dem Schluss, dass dem wohl so war, und zündete die Zigarette an. Dann blieb sie sitzen und wartete auf denjenigen, dem ihr Angebot galt. Sie wartete auf Gott, als wären ihre Bedingungen bindend für ihn.
    Aber Gott wollte nicht kommen.
    Weit hinter der Kirche sah sie kleine Punkte Fliegendreck – vorbeifahrende Autos. Und da saß sie, mitten auf dem Acker, mitten im Schlamm. Abgeblitzt. Weit und breit keine strohhalmkauenden Bauern, die sie mitnahmen. Kein romantischer Schimmer über grünen Wiesen, nur mittelschwedisches Grau, karg und mühsam zu beschreiten.

    »Du!«, schrie sie in Richtung seines Hauses. Ein paar Meter weiter sprang ein Hase auf und rannte erschrocken davon. Nach einer Weile blieb er stehen und sah sie fragend an.
    »Komm schon, gib mir ein Zeichen! Ein bisschen guter Wille wäre wohl angebracht. Du hast eingegriffen, als ich starb – jetzt sag mir, warum. Ich muss endlich wissen, ob es einen Plan für mich gibt, ob das der Grund war …«
    Sie wartete ängstlich. Jetzt dachte sie nicht nur, dass sie den Herrn nicht mochte, sondern schrie es laut heraus, einer Kirche entgegen. Die Angst saß ihr im Nacken und zwang ihren Blick nach oben. Ein Beweis für ihren unerschütterlichen Glauben, aber auch dafür, dass sich etwas für immer verändert hatte.
    Ihr diffuser Gottesglauben von früher war nie mit Angst verbunden gewesen. Nun aber hatte sie den wahren Gott kennengelernt, das war der Beweis. Rakel hatte ihr sein wahres Angesicht gezeigt. Und sie fühlte, wie die Angst mit jedem Wort abnahm, während die Wut immer stärker wurde.
    »Warum soll ich Angst vor dir haben? Du weißt ja nicht einmal, dass es mich gibt! Du kannst unmöglich wissen, was ich in der letzten Woche alles gedacht habe, sonst hättest du mich längst aufgehalten. Oder ist es dir egal, was ich denke?«
    Als die Antwort ein weiteres Mal ausblieb, fasste die Bengtsson Mut. Auch wenn es so aussah, als würde er heute nicht zuhören.
    »Ja, genau. Du hast mich nicht aufgehalten. Nicht einmal ein Zeichen gegeben hast du, ob ich auf dem richtigen oder falschen Weg bin. Nichts! Was hat das zu bedeuten?«
    Schweigen.
    Der Hase blieb etwa zwanzig Meter entfernt sitzen und sah mit neugierigen braunen Augen die Tante an, die vor seiner Sasse saß und zeterte. Er mümmelte erwartungsvoll.
    »Ich werd’s dir sagen. Es bedeutet, dass ich dir scheißegal bin«, sagte Frau Bengtsson, hob einen Stein auf und warf ihn ihrem Zuhörer entgegen. Sie verfehlte, und der Hase blieb sitzen. Er saß zwischen ihr und der Kirche und drehte Frau Bengtsson den Kopf zu.
    Wäre er weiß gewesen, hätte die Hausfrau vielleicht an das Mädchen gedacht, das einem weißen Kaninchen in einen Bau gefolgt war und das Abenteuer ihres Lebens erlebte. Aber es war kein Kaninchen. Es war ein Hase, und er war braun, und im Unterschied zu dem Kaninchen in der Geschichte sagte er nicht dauernd,

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