Frau Bengtsson geht zum Teufel
Persönlichkeiten, die in Rakelmirakel vereint waren, gemeinsam unsere Hausfrau.
Satan wusste aus erster Hand, wie die Dinge wirklich lagen, und verstand ihre tiefe Frustration. Das machte ihn zum Mitstreiter in ihrem persönlichen Freiheitskampf. Die gläubige Rakel dagegen konnte den Schmerz nachvollziehen, welcher der Selbstaufopferung jedes guten Christen folgte. Mit anderen Worten: Frau Bengtsson erfuhr große Unterstützung. Und keiner ihrer beiden Ratgeber wollte sie weinen sehen, auch wenn jeder von ihnen glaubte, dass sie aus einem anderen Grund weinte.
Rakel tröstete: »Man darf es nicht nur, man muss die Dinge in Frage stellen. Nicht unbedingt Gott, aber auf jeden Fall die Bibel. Und wenn ich darüber nachdenke, glaube ich, dass auch Gott es erträgt, in Frage gestellt zu werden. Du handelst nicht falsch. Du brauchst keine Angst zu haben.«
Und Satan tröstete: »Gott rang mit Jakob. Gott konnte nicht gewinnen, weshalb Jakob einen anderen Namen bekam – Israel, ›denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und bist obgelegen‹. Und wie hat Gott am Ende doch diesen Ringkampf gewonnen? Er hat Jakob die Hüfte ausgerenkt. Nur so konnte er gewinnen. Vielleicht hat es der Herr nun auf deine Hüfte abgesehen? Aber du kannst gewinnen! Du handelst nicht falsch. Du brauchst keine Angst zu haben.«
Beide hatten Frau Bengtsson gründlich missverstanden.
Sie hatte keine Angst.
Nicht vor Gott. Nicht vor der Bibel und all den Schrecken, die sie schilderte. Oder doch? Jetzt, wo man sie darauf aufmerksam gemacht hatte, spürte sie eine Andeutung von Furcht im Bauch. Aber die bezog sich auf etwas ganz anderes.
Es hatte mit dem Hass zu tun, der langsam in ihr aufstieg.
Sie wusste nicht, was sie damit anfangen sollte.
»Ich habe keine Angst«, protestierte sie nach Art der Menschen. »Ich bin nur wütend. Ich bin traurig und enttäuscht. Manchmal finde ich keine Worte für die regelrechten Dummheiten, die Gott begeht. Aber ich habe keine Angst. Hier ist meine Hüfte. Komm und schlag sie!« Sie richtete den Blick gen Himmel. »Wenn es dir so wichtig ist zu gewinnen.«
Man mag denken, dass Frau Bengtsson ein Heidenglück hatte, dass Gott in diesem Augenblick flagranter Blasphemie nicht auf sie niedersah. Irrtum!
Der Schöpfer hatte nämlich das Gespräch zwischen ihr und Rakelsatan seit einer Viertelstunde belauscht. Er wusste natürlich genau, wer Frau Bengtssons Gesprächspartner – oder vielleicht besser Prellbock – war.
Wäre er ein Mann für billige Scherze gewesen (tatsächlich spielte er kurz mit dem Gedanken), hätte er die Kaffeetasse der Bengtsson über der besagten Hüfte ausgekippt. Aber daraus wurde nichts.
Er schwelgte immer noch in Satans Antwort auf die Frage, ob er ihn liebe. »Ja«, hatte der Lichtengel gesagt.
Und Gottes Sehnsucht nach dem Engel, den er verloren, nein, vertrieben hatte, füllte die ganze Welt. Trauer und Schmerz verbreiteten sich durch den Ewigen.
An Rakels Fenster klopfte plötzlich ein sanfter Regen. Er wusste wirklich alles über die Liebe. Über die Liebe, die einen fesselte. Unvermeidlich und zwanghaft.
Als er es nicht mehr ertragen konnte, räumte Gott das Feld.
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Teil zwei
Mittwoch
16
G lobale Erwärmung … von wegen«, murmelte Frau Bengtsson, als sie am Mittwochmorgen vor die Tür trat. Im vorigen Jahr hatte am selben Datum ein warmer Wind geweht, und die Sonne hatte das Thermometer auf mindestens 25 Grad steigen lassen.
Das Laub der Eberesche leuchtete rot, und der Wind zerrte an den Blättern. Es sah fast aus, als ob der Baum sich vor Lachen schüttelte. Im Grunde tat er das auch, denn Ebereschen haben keinerlei Sorgen.
»Halt’s Maul«, sagte Frau Bengtsson, drehte dem Baum den Rücken zu und ging weiter durch die Fröjdgata.
Es waren höchstens zwölf oder dreizehn Grad, und wenn es irgendwo dort oben über dem undurchdringlichen Grau eine Sonne gab, hatte sie offenbar andere Dinge zu tun. Na gut, so konnte sie die neuen braunen Lederstiefel mit den passenden Handschuhen früher als erwartet anziehen. War es nicht eine bewundernswerte Gabe, immer die lichte Seite des Daseins zu sehen? Sie schnaubte.
Es ist scheißkalt, und ich friere, basta!
Ihr Vormittagsspaziergang war ein klassischer Nachdenkspaziergang. Den hatte sie nötig.
Am Morgen war alles wie immer gewesen. Herr Bengtsson aß sein Frühstück, küsste sie auf den Mund und machte sich auf den Weg, um seine Autos zu verkaufen. Frau Bengtsson kehrte die Krümel vom Tisch,
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