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Frau des Windes - Roman

Frau des Windes - Roman

Titel: Frau des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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Bank of America.«
    »Wenn Peggy dich mag, erledigt sie das.«
    »Peggy hat schon für André Breton und seine Familie die Reise bezahlt, sie haben sich auf der Paul Lemerle nach Martinique eingeschifft. Jetzt bucht sie zehn Plätze im Clipper Lissabon–New York.«
    Als Peggys erster Ehemann dirigiert Laurence Vail die Gruppe, entscheidet, wo gegessen, getrunken, diskutiert, gestritten wird. Er macht die Nacht zum Tag, und je mehr er die Gruppe hasst, umso weniger trennt er sich von ihr.
    Peggys Gefolge steht auf dem Gipfel seines Ruhms und lebt nach der Devise: Geld machen wie die Leute in Amerika. Kay Boyle, die im Begriff ist, sich von Laurence zu trennen, redet ständig von einem Gefangenen, den sie aus einem Konzentrationslager freibekommen will.
    Modethema ist natürlich die blasse Engländerin, die Max soeben wiedergetroffen hat: Leonora Carrington, mit der er in Saint-Martin d’Ardèche gelebt hat.
    »Ihre Familie will sie von der Landkarte streichen und sie in eine psychiatrische Klinik nach Kapstadt schicken«, erzählt Max leise, als enthülle er ein Geheimnis.
    »In eine Irrenanstalt?«, fragt Peggy rachsüchtig.
    »Ja, nach Südafrika. Deshalb hat sie auch mehr Angst vor ihren Eltern als vor den Nazis.«
    Eines Abends stößt Renato im Leoa d’Ouro zum Guggenheim-Kreis. Peggy beeindruckt dieser Mann mit den langen Beinen, der dunklen Hautfarbe und dem ergrauten Haar, der sich auf Französisch mit der Gruppe unterhält. Er ist bestens informiert über die politische Lage in Portugal, Frankreich, Spanien und den Vereinigten Staaten und wird daher mit Fragen bestürmt.
    Gläser kommen und gehen, die ehemals Verheirateten sind jetzt Verbündete und verraten einander heikle Informationen. Die frisch Eingetroffenen tragen den Glanz des Neuen.
    »Dein Mexikaner ist wundervoll, besorg mir auch so einen«, sagt Peggy.
    Renato flirtet, prostet zu, trinkt, lächelt, und Leonora fühlt sich getragen. Natürlich kann Max ihn nicht ausstehen, denn obwohl Leonora die Tage mit ihm verbringt, gehört sie nachts dem Mexikaner.
    »Der Krieg hat uns enger zusammenrücken lassen«, sagt die schlanke Kay Boyle, die sich Leonoras annimmt und sich bei den Treffen bemüht, neben ihr zu sitzen.
    Kay stammt aus einer reichen nordamerikanischen Familie, ihre Nase ist fast so groß wie sie selbst, und ihr Dauerthema sind Konzentrationslager und Naziterror.
    Marcel Duchamp und Herbert Read beraten Peggy beim Kauf neuer Stücke für ihre Kunstsammlung, die gerade per Schiff nach New York unterwegs ist.
    »Ich habe etwas Furchtbares erfahren, Peggy«, verkündet Kay Boyle. »Das Schiff mit deinen Gemälden ist untergegangen.«
    »Lass den Unsinn, Kay«, schimpft Laurence. »Immer musst du Dinge verbreiten, die nur in deiner überschäumenden Phantasie existieren. Benutz die lieber zum Schreiben.«
    Laurence schleudert sein Glas gegen die Wand, greift nach einem Teller und zerschlägt ihn. Marcel Duchamp und Peggy, die sich an Laurence’ Szenen gewöhnt haben, schauen ihm ungerührt dabei zu, Max ebenso. Laurence war einst der König der Boheme. Den nächsten Teller nimmt Herbert Read ihm aus der Hand, und die sonst so selbstbeherrschte Kay bricht in Tränen aus. Man weint, lacht, ist tief gekränkt, versöhnt sich wieder, begehrt und betrügt einander. Max Ernst macht sich Sorgen um seine zurückgebliebenen Freunde: Hans Bellmer, Victor Brauner.
    »Ich will ihnen helfen«, sagt er zu Peggy.
    »Deine Freunde kommen mir vor wie Gespenster«, erwidert die Mäzenin.
    Max wird wütend.
    »Aus deinem Mund klingen die Namen der Konzentrationslager wie Sankt Moritz, Megève, Deauville, Eden Roc, Kitzbühel oder irgendein anderer Ferienort.«
    Bei den gemeinsamen Mittag- und Abendessen erfährt Leonora nach und nach, wie es Max ergangen ist, nachdem der Gendarme ihn abgeholt hat.
    »Leonor Fini ist nach Marseille gefahren, um Max zu treffen, sie hat ja eine Schwäche für ihn. Du weißt doch, dass die beiden mal eine Affäre hatten, oder? So wie Hans Arp zwei Sophien hat, hat Max zwei Leonoras, die Fini und die Carrington, deshalb fördert er ihre Karrieren. Fini hat sich nach Monte Carlo abgesetzt und malt jetzt Porträts. Sie wollte mir ein Gemälde in Postkartengröße für zehntausend Dollar verkaufen.«
    »Ich finde, sie ist vulgär und benimmt sich wie eine Nutte«, bemerkt Laurence Vail.
    »Ich halte auch nichts von ihr, und das, obwohl ich Nutten mag«, pflichtet Marcel Duchamp ihm bei.
    »Max vergöttert sie und will, dass ich sie

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