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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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nicht lesen?«
    Mayfeld hatte keine Ahnung, was sie meinte. So
aufschlussreich waren ihre Äußerungen nicht gewesen. Dann hatte er eine Idee.
    »Wie oft warst du bei Dr. Holler?«
    »Bist du von der Krankenkasse?«
    »Bitte!«
    »Fünf oder sechs Mal.«
    »Ich hab aber nur etwas über dein erstes Gespräch
gelesen.«
    »Wieso nur über das erste Gespräch?«
    »Mehr stand da nicht.«
    »Du gibst also zu, dass du in meiner Akte
rumgeschnüffelt hast.«
    »Ja. Aber du musst mir sagen, was du ihr erzählt hast.
Sonst kapiere ich rein gar nichts.«
    »Die ganze Scheiße noch mal von vorne?«
    Annika setzte sich wieder und begann zu zittern. Ihr
Blick wurde starr und schien plötzlich in weite Ferne gerichtet. Sie fing an zu
wimmern, kauerte sich auf dem Stuhl zusammen und hob die Arme schützend vor ihr
Gesicht. Mayfeld hatte den Eindruck, dass sie Theater spielte. Aber zugleich
kam ihm die Sache ziemlich ernst vor.
    Julia kam mit einem Teller voll dampfendem Essen
herein. Sie stellte ihn vorsichtig ab und wollte sich zurückziehen. Mayfeld bat
sie mit einem Wink zu bleiben.
    »Kannst du mir helfen?«, fragte er seine Frau.
    Julia blickte ihn skeptisch an, nickte dann aber
zustimmend. Sie sprach mit ruhiger Stimme auf Annika ein, forderte sie auf,
sich, ihren Körper und ihre Umwelt wahrzunehmen. Wahrscheinlich war es mehr die
Art, wie sie sprach, als der Inhalt der Worte, was half.
    Es dauerte eine Weile, dann hatte sie die junge Frau
wieder zurück in die Realität geholt.
    »Wer bist denn du?«, fragte Annika, als sie wieder im
Schankraum der Straußwirtschaft angekommen war.
    »Sie ist eine Gute, das kannst du mir glauben«, sagte
Mayfelds Vater.
    »Ich bin Julia. Seine Frau.« Sie deutete mit dem Kopf
auf Mayfeld. »Ich bin eine Kollegin von Frau Holler. Und die Köchin in dem
Laden hier.« Sie deutete auf die Lasagne. »Such dir was aus.«
    Annika grinste. »Bullenfrau, Psychologin oder Köchin?
Ich nehme die Lasagne.«
    Sie stürzte sich über den Teller und verschlang das
Essen in Rekordgeschwindigkeit.
    Mayfeld berichtete seiner Frau in knappen Worten, was
gerade vorgefallen war.
    »Du solltest immer nur so viel sagen, wie du dir
zumuten kannst«, sagte Julia zu Annika. Für eine Psychologin sagte sie
wahrscheinlich genau das Richtige, als polizeiliche Vernehmungsstrategie fand
Mayfeld katastrophal, was seine Frau vorschlug. Was war, wenn es Annika
schlecht ging, weil sie nicht ertragen konnte, was sie getan hatte? Was, wenn
sie nur Theater spielte, um ihn hinters Licht zu führen? Dann brachte es gar
nichts, die junge Frau in Watte zu packen.
    »Willst du es noch mal probieren?« Mayfeld versuchte,
sich dem Ton seiner Frau anzupassen.
    Annika wandte sich ihm zu. »Ich kann die ganze
Scheiße, die ich Frau Holler erzählt habe, nicht noch mal breittreten. Dann
sitzen wir morgen noch hier, und Julia kann mich am laufenden Band aus dem
Nirgendwo zurückholen.«
    »Dann fasse es knapp zusammen«, schlug Mayfeld vor,
aber Annika kicherte nur.
    Wahrscheinlich war das ein dummer Vorschlag.
Wahrscheinlich war es unmöglich, sich eine offensichtlich komplizierte Sache
einfach zu machen. Aber vielleicht könnte Annika mit den einfachen Dingen
anfangen.
    »Du sagst, dass du fünf oder sechs Mal bei Frau Dr. Holler
warst?«
    »Immer dienstags, außer letztens bei einem
Notfalltermin.« Annika machte eine Pause, trommelte mit ihren Fingern nervös
auf dem Tisch herum.
    »Was für ein Notfalltermin?«
    »Sie sind hinter mir her«, sagte sie. »Das ist
wirklich so. Ich bin vielleicht paranoid, aber sie sind hinter mir her. Die
Scheiße ist, dass ich nicht weiß, wer genau hinter mir her ist. Aber das
Arschloch ist dabei. Ist das klar?«
    Sie machte wieder eine Pause. Annika hatte eine Vorliebe
für Fäkalsprache. Das war das Einzige, was Mayfeld bislang klar geworden war.
    »Das Arschloch und noch ein paar Mistkerle.«
    »Das Arschloch ist wer?«
    »Der Scheiß-Mertens.«
    »Gestern wurde Annika aus dem Krankenhaus entlassen.
Da wollte er sie abpassen. Es war gar nicht so leicht, ihn abzuschütteln«,
fügte Herbert an.
    Vielleicht wollte er bloß seine ehemalige
Pflegetochter abholen, dachte Mayfeld. Ein fürsorglicher Zug, den er Mertens
gar nicht zugetraut hätte. Aber genau das war der Punkt. So fürsorglich war
Mertens vermutlich nicht.
    »Und warum ist Mertens hinter dir her?«
    »Er wollte mich vergiften. Er hat mir was in den Wodka
getan. Ich wollte mich nicht umbringen. Das kann nur er gewesen sein.«
    »Und warum

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