Frau Holle ist tot
die Eisenstange
niedersausen, aber der Mann konnte ausweichen, das Rohr streifte seinen Kopf
nur. Der Mann taumelte, schaffte es jedoch, sich auf den Beinen zu halten.
Immer wieder versuchte er, Basti mit dem Stab zu stechen.
»Knüppel, aus dem Sack«, schrie Basti, aber der Mann
wich seinen Schlägen immer wieder aus.
Schließlich berührte er Basti doch mit seinem Stab.
Ein Schmerz, wie ihn Basti noch nie gespürt hatte, durchfuhr seinen Körper, er
fiel nach hinten auf den harten Boden und blieb regungslos liegen.
Der Mann, der Böses im Sinn hat ,
stand über ihm und grinste. Basti sah, wie der andere Mann, den der böse Mann
hatte totmachen wollen, sich hinter ihm aufrappelte. Er hatte sich das
Eisenrohr gegriffen. Und schlug zu.
Knüppel, aus dem Sack.
Der Mann, der Böses im Sinne hat ,
fiel wie ein gefällter Baum auf Basti und röchelte. Basti sah das Weiße in
seinen Augen. Eine klebrige rote Flüssigkeit floss aus seinem Mund und seiner
Nase in Bastis Gesicht, über seine Lippen. Er leckte daran. Sie schmeckte süß.
Ja, nun weiß ich, was Gruseln ist.
Epilog
Mayfeld und Sebastian Fromm hatten sich von den
Stromschlägen schnell erholt. Gemeinsam befreiten sie Marie, Annika und
Herbert, die gefesselt und geknebelt im hinteren Teil des Stalls lagen. Es
dauerte eine Weile, bis Mayfeld eine Stelle fand, wo sein Handy Empfang hatte,
und er seine Kollegen anrufen konnte. Eine Stunde nach der Überwältigung von
Burkhard trafen Polizei und Notarzt in der Kisselmühle ein.
Paul Burkhard verstarb auf dem Weg von der Kisselmühle
ins Krankenhaus an den Folgen seiner Verletzungen.
Der Polizeipräsident lehnte es in der folgenden Woche
ab, Mayfeld die Leitung der polizeilichen Ermittlungen zu entziehen. Mertens’
Computer wurde in der Wohnung von Burkhard gefunden. Wann Burkhard ihn sich
angeeignet hatte, konnte nicht rekonstruiert werden. Die Sichtung der Dateien
wurde zu einer der schwersten seelischen Belastungen, denen Mayfeld in seinem
beruflichen Leben bislang ausgesetzt war.
Mertens hatte in einer Tauschbörse Hunderte von
kinderpornografischen Videos heruntergeladen und Dutzende eigener Videos dort
eingestellt. Die Videos von Mertens waren in der Bachmühle aufgenommen worden,
mit versteckter Kamera und ohne Wissen der anderen Beteiligten. Auf den
Rohfassungen der Videos konnten mehrere Täter identifiziert werden, neben
Markus Hochstätter und Oliver Grewe wurden drei weitere Männer aus Wiesbaden
und dem Rheingau verhaftet.
Irene Mertens konnte eine Beteiligung an den
Straftaten ihres Mannes nicht nachgewiesen werden. Ihre Pflegekinder wurden in
anderen Familien untergebracht. Wenige Wochen nach der Entscheidung des
Jugendamtes warf sich Irene Mertens vor einen Zug und erlag noch vor Ort ihren
schweren Verletzungen.
Annika Möller ging freiwillig in eine psychiatrische
Klinik und wurde später in eine Langzeiteinrichtung für chronisch psychisch
Kranke überwiesen.
Marie Lachner musste zurück in ihre Familie. Sie
versuchte mehrfach, von zu Hause auszureißen, kam jedoch nie sehr weit, bis sie
schließlich von ihren Eltern in einem Internat in der Schweiz untergebracht
wurde.
Der Verdacht gegen Sebastian Fromm, an den Mordfällen
beteiligt gewesen zu sein, konnte vollständig entkräftet werden. In Burkhards
Wohnung wurde eine Haarbürste von Sebastian Fromm sichergestellt, die diesem
möglicherweise als Quelle für falsch gelegte DNA -Spuren
gedient hatte. Sebastian gab zu, seine Tante tot aufgefunden und »aufgebahrt«
zu haben. Er gab auch zu, den toten Klaus Mertens in der Bachmühle nach drei
goldenen Haaren durchsucht zu haben. Ein Verfahren wegen Störung der Totenruhe,
das Lackauf zunächst angestrengt hatte, wurde wieder eingestellt. Ein Verfahren
wegen Freiheitsberaubung wurde ebenfalls eingestellt, da sich Marie Lachner
hartnäckig weigerte, gegen Sebastian Fromm auszusagen.
Georg Fromm scheiterte vor dem Vormundschaftsgericht
mit dem Antrag, als Betreuer seines Sohnes eingesetzt zu werden. Waltraud Fromm
erholte sich gesundheitlich und zog mit ihrem Sohn zurück in das Haus im
Sülzbachtal.
Herbert Mayfeld zog in die Kisselmühle und hütet
seither Lamas und Kamele.
Sandor Weisz verkaufte Hollers Haus in Martinsthal und
wanderte nach Neuseeland aus.
Anhang
Märchen
Die im Text kursiv gedruckten Passagen sind zum
allergrößten Teil Zitate aus den Grimm’schen Märchen, ebenso etliche von
Sebastian Fromms Äußerungen. Die Zitate folgen der Ausgabe letzter Hand:
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