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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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Telefonieren hatte er noch nie gemocht. Ob er
bei Sylvia gewesen war? Ob er irgendetwas gesehen hatte? Dann musste er es
eigentlich der Polizei sagen. Aber andererseits: Konnte man sicher sein, dass
die Beamten seine Aussage vorurteilsfrei aufnehmen würden? Ihr Junge machte
manchen Menschen Angst, weil er so anders war als sie. Manchmal war er
aufbrausend, und Menschen, die ihn nicht kannten, verstanden das oft falsch.
Und Basti wäre bestimmt hilflos und überfordert, wenn ihn die Polizei erst
einmal in die Mangel nähme.
    Was ihr vor allem Sorgen machte, war die Tatsache,
dass ihr Junge nunmehr ganz allein war. Irgendwer musste doch nach ihm schauen!
    In diesem Moment wurde ihr schmerzhaft bewusst, welch
großen Verlust Sylvias Tod für sie darstellte. In den letzten Jahren hatten sie
nicht mehr so viel Kontakt gehabt wie früher. Sylvia hatte immer so viel zu
tun, und manchmal hatte Waltraud den Eindruck gehabt, sie falle ihrer Freundin
zur Last. Aber als sie das einmal angesprochen hatte, hatte Sylvia es weit von
sich gewiesen.
    Eine Weile war sie zu keinem klaren Gedanken fähig.
Sylvia, ihre beste Freundin, war tot. Ihre einzige Freundin war tot. Sylvia,
die ihr immer Mut gemacht hatte, ihr gegen Georg, ihren Ex, geholfen hatte.
    Wer sollte sich jetzt um ihren Jungen kümmern, wenn
sie das nicht konnte, wenn sie krank war, wie gerade eben?
    Der Gedanke, der sich aufdrängte, gefiel ihr ganz und
gar nicht. Aber eigentlich war er unabweisbar. Sie konnte ihn nicht loswerden,
er fraß sich in ihr Gehirn. Auch wenn es ihr wie Verrat an der Freundin vorkam
und wie Verrat an Basti, der seinen Vater nie gemocht hatte. Wie denn auch, wo
er ständig nur Prügel und harte Worte bekommen hatte.
    Aber es blieb ihr gar nichts anderes übrig. Sosehr sie
es auch hin und her wendete, solange sie auch darüber nachdachte, sie kam immer
wieder zu demselben Schluss: Sie musste Georg anrufen. Wenn sie verhindert war,
dann musste sich eben der Vater um seinen Sohn kümmern. Auch wenn Basti das
nicht gefallen würde. Sie war jetzt zu schwach. Und hatte Sylvia nicht immer
wieder gesagt, sie müsse auch einmal Verantwortung abgeben?
    Waltraud griff zum Telefon.
    ***
    Mayfeld ließ den Blick über die Gartenkolonie
gegenüber dem Polizeipräsidium schweifen. Der strahlend blaue Himmel kündete
von einem weiteren goldenen Oktobertag. Als Letzter erschien Dr. Lackauf zur
Morgenbesprechung. Burkhard zog die Stirn in Falten und rollte mit den Augen,
als der Staatsanwalt sich Mayfeld gegenübersetzte. Mayfeld war gespannt, welche
Unverschämtheiten Lackauf heute aus dem Köcher holen würde.
    »Fangen Sie an!« Lackaufs Ton war, gelinde gesagt,
unfreundlich.
    »Wir haben nur noch auf Sie gewartet«, antwortete
Mayfeld. »Gibt es neue Fakten von der Kriminaltechnik, Horst?«
    Adler blätterte in seinem obligatorischen Aktenstapel.
    »Die DNA , die Dr. Enders
unter Hollers Fingernägeln gefunden hat, ist identisch mit einer DNA -Spur, die wir an Hollers Nachthemd gefunden haben.
Sie passt allerdings nicht zu der DNA , die wir im
Baumhaus sichergestellt haben, und findet sich auch sonst nicht mehr am Tatort.
Und sie ist in keinem unserer Computer.«
    »Wie würdest du das gesamte Spurenmuster einordnen?«
    »Schwierig zu sagen, weil wir die DNA -Spuren nicht bestimmten Fingerabdrücken zuordnen
können«, antwortete Adler. »Eine Person, die im Baumhaus gewesen ist, ist durch
die Hintertür in Hollers Haus gekommen und hat die Polizei in Eltville
angerufen, das können wir aufgrund der Fingerabdrücke sowie der Liste der
Telefonate annehmen. Wir wissen aber nicht, ob die DNA und die Fingerabdrücke im Baumhaus zur selben Person gehören. Es ist genauso
gut möglich, dass die Fingerabdrücke auf dem Telefonhörer und im Baumhaus zu
der Person gehören, deren DNA wir unter Hollers
Fingernägeln gefunden haben, aber es kann auch ganz anders sein. Und da wir
keinen Hinweis auf die Herkunft der Spuren haben, nutzt uns das alles im Moment
sowieso nichts.«
    »Haben die Spuren unter Hollers Fingernägeln denn
überhaupt irgendeine Beweiskraft?«, fragte Burkhard.
    »Sie sind nur ein Indiz«, antwortete Adler. »Sie
müssen nicht unbedingt bei einem Kampf mit dem Mörder unter Hollers Fingernägel
geraten sein. Falls man sie allerdings jemandem zuordnen könnte, der mit Holler
sonst nichts zu tun hatte, wären sie ein ziemlich starkes Indiz, zumal sie auch
noch am Nachthemd zu finden sind.«
    Mayfeld seufzte. Sichere Erkenntnisse waren rar in
diesem

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