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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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gesehen?«
    »Am vorletzten Wochenende«, antwortete sie ohne
nachzudenken. »Sie hat Annika besucht. Das hat Ihnen mein Mann doch schon
gesagt.«
    Falls die beiden ihre Antworten abgesprochen hatten,
machten sie zumindest keine Anstalten, dies zu verbergen.
    »Ihre Eltern waren der Meinung, dass Marie Annika auch
am letzten Wochenende besuchen wollte«, insistierte Mayfeld.
    »Ich weiß nicht mehr so genau, was Annika tut. Am
Freitag letzter Woche ist sie ausgegangen, vielleicht hat sie sich da mit Marie
getroffen. Ich habe das Mädchen auf jeden Fall am letzten Wochenende nicht
gesehen. Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« Irene Mertens lächelte das
erste Mal ein wenig. »Ich bin eine schlechte Gastgeberin«, fügte sie hinzu.
    Mayfeld lehnte dankend ab.
    »Letzten Samstag ging es hier ziemlich aufregend zu.«
Mayfeld war gespannt, wie sie auf diesen Köder reagieren würde.
    »Das hat Ihnen mein Mann sicherlich auch schon
erzählt. Annika hat einen Selbstmordversuch unternommen und wurde vom Notarzt
ins Rüdesheimer Krankenhaus gebracht.«
    »Haben Sie den Notarzt gerufen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich war am Samstag gar nicht
in ihrer Wohnung. Mein Mann hat auch nicht angerufen. Das wird sie selbst
gewesen sein.«
    »War Ihr Mann bei Annika?«
    »Nachdem wir den Notarzt gehört haben, ist er
rübergegangen. Ich bin bei den Gästen geblieben.«
    »Bei den Gästen?«
    »Hat Ihnen das mein Mann nicht erzählt? Wir hatten
überraschenden Besuch von Freunden. Wir saßen vielleicht gerade mal eine halbe
Stunde beisammen, als wir draußen das Martinshorn hörten und Stimmen im Hof.
Klaus hat dann nach dem Rechten gesehen.«
    Bis auf die Information, dass die Mertens Gäste gehabt
hatten, waren die Aussagen der Frau identisch mit denen ihres Mannes.
    »Woher kannten sich Annika und Marie eigentlich?«
    »Hat Ihnen mein Mann das nicht erzählt?«
    »Nein.«
    Irene Mertens versuchte erneut ein Lächeln.
    »Er redet nicht viel, wenn man ihn nicht direkt fragt.
Wir bekommen immer wieder Pflegekinder vom Jugendamt zugewiesen, wie zum
Beispiel Annika. Annika hat sehr lange in unserer Familie gelebt. Marie nur
zwei Jahre, bis ihre Großmutter sie zu sich genommen hat. Aus dieser Zeit
kennen sich die Mädchen. Sie haben seither miteinander Kontakt gehalten.«
    »Kennen Sie Maries Eltern, die Familie Lachner?«
    »Nur flüchtig. Maries Oma, die Frau Sandmann, die war
ein paarmal hier. Ich glaube, sie war diejenige, die wollte, dass die Mädchen
Kontakt halten. Den Lachners ist das nicht so recht gewesen. Meinem Mann,
glaube ich, auch nicht.«
    »Warum?«
    Darauf wusste Irene Mertens keine Antwort.
    Mayfeld stellte noch ein paar Fragen, auf die er
unergiebige Antworten erhielt, und verabschiedete sich dann.
    Auf dem Weg zum Wagen rief Meyer an. Die
richterliche Anordnung für die Befragung der Notarztzentrale liege vor. Mayfeld
bat seinen Kollegen, die Anordnung direkt dorthin zu faxen, und machte sich auf
den Weg.
    Die Notarztzentrale befand sich in einem ehemaligen
Fabrikgebäude am Ortsrand von Winkel. Mayfeld fuhr durch ein Wohngebiet mit
Einfamilienhäusern aus den sechziger Jahren bis zu dem Flachbau aus Beton, in
dem der Malteser Hilfsdienst und eine Spedition untergebracht waren. Warum
sogenannte Zweckbauten immer hässlich sein mussten, hatte Mayfeld noch nie
verstanden. Auch dieser Bau bildete keine Ausnahme von der Regel.
    Er ging an den Laderampen der Spedition vorbei zum
seitlichen Eingang des Gebäudes. Dort durchquerte er eine Serie von Glastüren,
ging an Kübelpflanzen vorbei, die vermutlich die Atmosphäre auflockern sollten,
und gelangte zur Notarztzentrale.
    »Mein Kollege hat mich angekündigt«, sagte er und
zeigte dem Disponenten hinter dem Schalter seinen Dienstausweis.
    Eine Minute später kam eine junge Frau in Jeans und
Sweatshirt aus einem der hinteren Räume und stellte sich als Bettina Kurz vor.
Das Fax aus dem Polizeipräsidium hielt sie in Händen. Sie bat Mayfeld, ihr in
den Besprechungsraum zu folgen. Sie fuhren mit dem Aufzug in den zweiten Stock
und gingen durch einen langen und leeren Flur in einen Raum, der mit
Resopaltischen und Bürostühlen zweckdienlich, aber schmucklos eingerichtet war.
    »Der Notarzt vom Samstag hat heute wieder Dienst. Er
ist im Haus und kommt gleich«, sagte Bettina Kurz und wies auf einen der
Monitore. Sie öffnete ein Programmfenster, stöberte in einem Dateiordner und
startete mit ein paar Mausklicks die Aufnahme.
    Man hörte einen Mann, der den Anruf

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