Frau Paula Trousseau
Doppelanschluss, ein anderer Teilnehmer habe die gleiche Leitung, jeder habe zwar eineeigene Nummer, doch wenn einer der beiden rede, bekomme der andere kein Freizeichen. Er beruhigte mich und erklärte, mithören könne der andere nicht, es sei nur ärgerlich, wenn der Zweitanschluss eine große Familie sei, vielleicht noch mit halbwüchsigen Kindern, die ununterbrochen am Apparat hängen würden.
Telefonanschlüsse waren schwierig zu bekommen, mir hatte Frau Gerhardt geholfen, durch sie hatte ich ein Schreiben des Direktors ihres Chemiebetriebs erhalten, wonach ich ein dringlicher Fall sei, der bei der Telefonvergabe bevorzugt zu behandeln sei. Ich hatte das Schreiben in die Postdirektion gebracht, und nun, ein Vierteljahr später, kam der positive Bescheid. Zumindest ein Telefon hat mir die peinliche Arbeit für diese Gewerkschaftszeitung eingebracht, sagte ich mir, wenn ich an neue Zeichnungen und Grafiken für Frau Gerhardt denken musste.
Jan erschien zwei Wochen nach der Filmpremiere bei mir. Er war mit dem Film durch das Land gefahren, um ihn in den größeren Städten vorzustellen. Wie er erzählte, musste er mit dem Regisseur und den anderen Filmleuten auf die Bühne gehen, sich verbeugen und Fragen beantworten, die fast überall die gleichen waren. Dann wollte er wissen, wie mir der Film gefallen habe. Ich antwortete ausweichend und sagte, ich verstünde nichts von Kino, mein Urteil zähle nicht. Ich vermied es, auf den Film einzugehen, ich hatte sogar den Filmtitel vergessen oder konnte mich nur noch ungenau daran erinnern. Ich merkte, dass ich ihn gekränkt hatte, doch ich hatte nichts als die Wahrheit gesagt.
»Ach, lassen wir das«, sagte er, »ist nicht so wichtig, es ist ja nur ein Film.«
Er war aufgestanden und stand unschlüssig im Zimmer.
»Nur ein Film«, wiederholte er, jedes Wort betonend.
Ich musste ihn sehr verärgert haben, doch ich wollte nicht nachgeben, und darum nickte ich lediglich. Er atmete mehrfach tief durch die Nase, fragte dann, ob er mir beim Malen zusehen dürfe, er würde sich still in eine Ecke setzen. Ich erklärte, das sei ausgeschlossen, mich würde sogar eine Katze im Arbeitszimmer nervös machen, wenn ich eine hätte. Er lud mich zum Essen ein, aber ich spürte, dass er noch immer verärgert war, und da ich keine Lust hatte, mich bei ihm einen Abend lang zu entschuldigen, sagte ich, ich sei bereits verabredet. Er setzte sich wieder, trank seinen Tee und wollte dann meine letzten Bilder sehen. Ich lehnte ab und sagte, sie seien noch nicht so weit, dass ich sie vorzeigen könne. Ich ließe meine Blätter gern ein paar Wochen liegen, um sie mir nochmals vorzunehmen, und die großen Bilder, ob Aquarell oder Öl, würden sogar monatelang an der Wand stehen, um immer wieder begutachtet zu werden.
»Es gibt Maler, die malen zwei, drei Bilder am Tag. Das hörte ich jedenfalls.«
»Ja, das hörte ich auch«, sagte ich.
»Ist es für dich so schwer, oder machst du es dir so schwer?«
»Ich weiß nicht. Es ist schwer, und ich mache es mir schwer. Ich muss so arbeiten, wie es für mich richtig ist. Und ich brauche eben viel Zeit.«
Er fragte, ob ich nicht Lust auf eine Fahrt ins Blaue mit ihm hätte. Ich solle mir einen Tag freinehmen, er würde sich etwas überlegen, eine kleine Überraschung, und mich früh mit seinem Auto abholen. Da er für den Rest des Jahres keine Verpflichtungen habe, könne er sich ganz nach mir richten, ich solle den Tag bestimmen, für den Rest würde er sorgen. Ich sträubte mich zunächst, ließ mich aber überreden. Wir vereinbarten, dass er am Sonntag um neun zum Frühstück zu mir kommen sollte, und wir unsdanach auf den Weg machen würden. Er schien zufrieden. Als ich ihn zum Gehen drängte, wollte er mich umarmen und küssen, ich schob ihn so sanft zurück, dass er nicht gekränkt sein konnte. Er ließ sich auf den Stuhl zurückfallen und sagte unvermittelt: »Du irrst dich übrigens, es ist ein guter Film. Und ich bin mehr als gut, ich bin sehr gut.«
Ich nickte. Ich wollte ihm nicht widersprechen, nicht mit ihm diskutieren. Er erklärte mir den ganzen Film, seinen Aufbau, seine Finessen, er erzählte von den Schwierigkeiten, die sie vor und während der Dreharbeiten hatten, und wie er die mit dem befreundeten Regisseur lösen konnte.
»Der Film ist wirklich gut«, wiederholte er.
Ich lächelte ihn an und wartete darauf, dass er endlich geht.
»Warum zum Teufel bist du so arrogant, Paula?«, fragte er mit kaum unterdrückter
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