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Frau Paula Trousseau

Frau Paula Trousseau

Titel: Frau Paula Trousseau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hein
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Gesicht, an mich. Allenfalls das Wort Mama würde sie noch belasten und Schmerzen bereiten, doch langsam würde auch dieses Wort schwinden und verwehen. Oder von einer anderen Person, der nächsten Frau von Hans, aufgenommen und usurpiert werden. Ich würde länger daran leiden, das wusste ich.
    Ich hastete direkt zum Kindergarten. Ich verlangte Frau Wellnitz, die Leiterin, und sagte ihr, ich wolle Cordula abmelden.
    »Gehen Sie nach Leipzig zurück?«, fragte mich Frau Wellnitz, während sie meine Papiere heraussuchte.
    Ich nickte.
    »Sind Sie denn mit dem Studium schon fertig?«
    Ich sagte ihr, dass ich das Studium noch nicht beendet habe, aber Cordula künftig in Leipzig wohnen werde.
    Sie schaute überrascht auf und sah mir in die Augen, fragte aber nichts weiter.
    »Und ab wann?«
    »Sie fährt noch heute nach Leipzig. Sie ist heute den letzten Tag hier.«
    »Das tut mir leid, Frau Trousseau. Wir alle hier hatten die Kleine sehr gern.«
    Sie blätterte in einem Buch, sagte mir, dass sie mir von den bereits bezahlten Gebühren nichts zurückerstatten könne und noch ein Betrag von einer Mark zehn für den Besuch des Puppentheaters offen sei. Ich bezahlte, verabschiedete mich von ihr und setzte mich in das Zimmer von Cordulas Gruppe. Meine Tochter lief zu mir, um mich zu begrüßen, dann kamen auch die anderen Kinder und wollten wissen, wieso ich schon da sei und ob ich mit ihnen Mittag esse.
    »Ich will euch nur zuschauen«, sagte ich.
    Ein paar Minuten später schienen mich alle vergessen zu haben und spielten wieder. Nach dem Mittagessen zogen sie sich aus und legten sich für den Mittagsschlaf auf die kleinen Klappliegen. Ich bat darum, neben Cordulas Bett sitzen zu dürfen, aber die Betreuerin schüttelte den Kopf.
    »Nein, das ist ausgeschlossen. Keins der Kinder würde auch nur ein Auge zumachen, solange Sie im Zimmer sind.«
    Ich ging hinaus und setzte mich in ein Café. Eine Stunde später holte ich sie mit all ihren Sachen ab. Ich versuchte ihr mit Worten zu erklären, die sie begreifen und verstehen konnte, dass wir uns trennen würden. Dass sie jetzt zu ihrem Papa fahren und dort bleiben werde und wir uns nur noch sehr, sehr selten sehen würden. Sie nickte zu allem. Ich sagte ihr, dass ihr Papa gleich kommen und sie mit all ihren Sachen und dem gesamten Spielzeug nach Leipzig bringen werde. Sie werde dann bei ihm leben, und ich würde in Berlin bleiben, und wir würden uns nicht mehr sehen.
    Sie nickte mit ernstem Gesicht. Und dann sagte sie: »Aber morgen? Morgen sehen wir uns doch wieder, nicht wahr?«
    Ich wollte ihr antworten, aber dann begann ich zu heulen, Cordula versuchte mich zu trösten. Ich packte heulend ihre Kleider und ihre Wäsche zusammen. Das Spielzeug, das nicht in die Koffer passte, steckte ich in einen sauberen Mehlsack, den ich mir vor Tagen für diesen Zweck besorgt hatte. Während ich ihre Sachen einpackte, wich Cordula nicht von meiner Seite, stellte aber keine Fragen mehr. Als ich fertig war, kochte ich einen Kakao für sie und einen Tee für mich, und wir setzten uns an den Tisch.
    »Wir trennen uns, Cordula. Dein Papa und deine Mama trennen sich«, sagte ich zu ihr, »und du kommst zu einem von uns. Das Gericht hat entschieden, dass du zu Papa gehörst, weil er besser für dich sorgen kann als ich. Verstehst du das?«
    Sie nickte.
    »Es war schön mit dir. Ich liebe dich sehr, meine Kleine. Aber bei Papa wird es dir viel besser gehen als bei mir. Er hat ein großes Haus, er kann dir alles kaufen, was du dir wünschst. Bei Papa wird es dir an nichts fehlen. An nichts, Cordula.«
    »Aber meine Freundinnen sind alle im Kindergarten. Werde ich die auch nicht mehr sehen?«
    »Du wirst neue Freundinnen finden. Und ganz bestimmt auch eine neue Mama.«
    »Eine neue Mama? Eine Mama wie dich?«
    »Ja. Eine viel bessere Mama.«
    »Kann man denn eine zweite Mama haben? Jedes Kind hat doch nur eine Mama und einen Papa.«
    »Nein, es gibt Kinder, die haben zwei und drei und noch mehr Mamas. Du hast ja auch nicht nur eine Freundin. Ist das nicht schön, noch eine Mama zu bekommen?«
    »Und wenn sie mir nicht gefällt? Wenn ich sie gar nicht haben will? Kommst du dann zurück?«
    »Wenn sie dir nicht gefällt, musst du das nur Papa sagen. Dann muss er eine andere Mama für dich suchen.«
    Ich dachte, sie würde weinen, aber ich irrte mich. Sie sah mich nur immerzu an, nahm es geduldig hin, wenn ich sie streichelte und an mich zog, doch sie selbst umarmte mich kein einziges Mal.
    Um vier

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