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Frau Paula Trousseau

Frau Paula Trousseau

Titel: Frau Paula Trousseau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hein
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Dann muss ich jeden Auftrag annehmen, den ich kriegen kann.«
    »Jeden Auftrag? Wenn du willst, könnte ich dir bei uns Arbeit verschaffen. In meinem Warenhaus. Schaufenstergestaltung zum Beispiel. Als Dispatcherin könnte ich dir einen Auftrag besorgen. Oder ist das unter deiner Würde?«
    »Unter meiner Würde ist dann gar nichts, fürchte ich. Die ersten Jahre nach dem Studium sind für alle hart. Kaffee oder Tee?«
    »Einen Kräutertee, wenn du einen da hast. Mach doch irgendwo eine Ausstellung mit deinen Arbeiten. Du bist so gut, du verkaufst bestimmt etwas.«
    »Das ist leichter gesagt als getan. Eine richtige Ausstellung zu bekommen, gar noch eine Personalausstellung, eine Einzelausstellung, das ist so etwas wie eine Auszeichnung, wenn man noch keinen Namen hat. Eigene Ausstellungen will jeder. Wenn ich Glück habe, darf ich im Herbst ein Bild von mir ausstellen. Ein einziges!«
    »Und wenn es verkauft wird, wie lange kannst du davon leben?«
    »Keine Ahnung. Zwei, drei Monate. Oder zwei Wochen. Ich weiß nicht, was man für meine Bilder bezahlt, ich habe noch nie etwas verkauft. Die Leute suchen andere Bilder als meine, die hängen sich lieber einen billigen Druck mit Seerosen oder Sonnenblumen ins Zimmer. Die stören sich schon an meinen Formaten, die wollen immer nur kleine Bilder, die über die Couch passen.«
    »Dann male doch, was die wollen. Male, was sich verkaufen lässt.«
    »Nie im Leben, Kathi.«
    »Lieber verhungerst du, wie? Ein bisschen Geld wirst auch du verdienen müssen. Kompromisse muss man machen, so ist das Leben.«
    »Ich mache schon genug Kompromisse. Aber nicht bei den Bildern, ich verkaufe nicht meine Kunst.«
    »Aber du musst verkaufen. Du kannst nicht malen und darauf sitzen bleiben. Ich habe Binnenwirtschaft studiert, ich kenne mich aus. Man kann auf Dauer nicht etwas produzieren, was keiner haben will.«
    »Ich will es haben. Das ist das Entscheidende in der Kunst, Kathi. Soll ich Blümchen malen?«
    »Wenn die Leute das wollen, warum nicht? Du kannst deine große Kunst doch nebenbei machen. Die Bilder, die keiner haben will. Kann nicht dein, na, du weißt schon, dein Freund mit dem unaussprechbaren Namen dich unterstützen.«
    »Das will ich nicht.«
    »Natürlich. Paula lässt sich nicht helfen, dafür ist sie zu stolz. Mensch, wozu ist denn so ein Alter gut, wenn nicht dafür, dass er dir hilft?«
    »Fang nicht wieder damit an. Zum letzten Mal, ich will mich nicht mit dir über Waldschmidt unterhalten.«
    »Kein Wort über Freddy. – Oh, entschuldige, ich sollte ja den Namen nicht mehr aussprechen.«
    »Sind wir noch Freundinnen, Katharina, oder wollen wir das beenden?«
    »Ärgere dich nicht über mich. Ich habe überhaupt nichts gegen deinen Freund. Ganz im Gegenteil, ich beneide ihn. Es ist nur Neid bei mir, Paula.«
    »Neid? Worauf bist du neidisch? Auf diese Villa hier? Ich brauche das alles nicht.«
    »Ich bin neidisch, weil er mit dir zusammenlebt. Manchmal, wenn ich die Kerle so richtig satt habe, träume ich davon, mit einer Frau zusammenzuleben. Und am liebsten mit dir.«
    »Ich bin aber nicht lesbisch.«
    »Ich auch nicht, überhaupt nicht, ich bin hetero. Und ich meine mit Zusammenleben auch nicht das Sexuelle. Wenn ich das Nötige habe, finde ich schon etwas, das habe ich bisher noch immer geschafft. Ich meine ein anderes Zusammenleben. Ich würde gern mit einem Menschen zusammen sein, dem ich vertrauen kann, den ich achte und der mich respektiert. Und das habe ich bei einem Typen noch nie erlebt, wirklich noch nie. Für die ist man nur fürs Bett gut. Sie wollen, dass ich die Wohnung hübsch mache, etwas koche, für sie einkaufe und die Beine breit mache, wann immer es ihnen einfällt. Sie begreifen gar nicht, wieso ich unzufrieden bin. Werde ich etwas deutlicher, dann erkundigen sie sich mitfühlend, ob ich meine Tage habe. Und mit so etwas soll ich zusammenleben? Nein, danke, da ist mir ein Hund lieber. Wirklich.«
    »Aber deswegen mit einer Frau zusammenzuziehen, das wäre für mich auch keine Lösung.«
    »Natürlich nicht mit irgendeiner Frau. Mit dir würde ich gern zusammenleben. Mit dir, das könnte gehen, das könnte ich mir vorstellen.«
    »Ja, und in einem halben Jahr fallen wir uns auf die Nerven und fetzen uns.«
    »Glaube ich nicht.«
    »Ich weiß es.«
    »Mit dir nie, Paula.«
    »Schau mich nicht so an. Was ist los? Willst du mich anmachen?«
    »Ich lächle dich an, das ist alles. Sei nicht so nervös, ich tu dir nichts.«
    Kathi hatte Recht, ich

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