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Frauen fragen Feuerstein

Frauen fragen Feuerstein

Titel: Frauen fragen Feuerstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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wegzubeißen.
    Also taten sich die sonst so strebsamen Leute zum ersten Mal zusammen — und so ward jenes Kindelein geboren, dessen 20. Wiegenfest wir heute feiern, liebe Festgäste. Ein Blatt, das all die bunten Farben zum hellen Licht der Erleuchtung bündelt — welch Name wäre da wohl angemessener als Prisma. — Bitte Applaus.
    Vom Geometrieunterricht wissen wir: Prisma, das ist ein Körper, dessen Grund- und Deckfläche zwei parallele, kongruente Vielecke darstellen — und aus dieser Information können wir sofort den Inhalt errechnen, nach der Formel: Grundfläche mal Höhe...genau wie bei einer Zeitschrift: Inhalt ist gleich Grundflachheit mal Auflagenhöhe...mathematisch ausgedrückt, das » Springer’sche Bild- Theorem«. Ergänzend dazu die Definition des Prismas in der Optik: Ein Körper aus rechts- und linksdrehenden Quarzen, der ein breites Spektrum erzeugt — ist das nicht die Idealposition für politisch unabhängige Verleger?
    Eine kleine Verwirrung herrscht über das Geschlecht. Heißt es nun das Prisma — oder, wie ich es von Mitarbeitern im Verlauf meiner wissenschaftlichen Vorarbeit so oft — und fast zärtlich — zu hören bekam, die Prisma? Ich habe gründlich die Titelseiten studiert, ob sich hier vielleicht eine eindeutig weibliche Struktur anbietet, eine sinnliche Ausstrahlung, nick- nack , wenn Sie wissen, was ich meine...reizvolle, den Verstand vernebelnde Verlockungen, wie wir sie sonst so üppig von den Kioskwänden gewohnt sind. — Nein...es muss eindeutig heißen: das Prisma.
    Damit will ich den Titelseiten keinesfalls die erotische Komponente abstreiten...die haben sie, die Titel von Prisma, absolut...vielleicht nicht ganz so geil wie das FAZ-Magazin, aber ich habe auf Anhieb zwei Blätter gefunden, die noch wesentlich spröder sind: Das Beste aus Readers Digest und Der Wachturm.
    Wer oder was darf nun aufs Titelblatt von Prisma ? Die Auswahlkriterien, die mir der Chefredakteur nannte — der Mann, der auf dem Bild in seiner Kolumne vier Jahre denselben schäbigen Pulli trug (inzwischen ist es durch ein Passbild aus seiner Jugendzeit ersetzt) — diese Titelblattkriterien sind klar und einleuchtend: positives Denken, also die typisch rheinländisch-westfälische Art, keine kontroverse Figur, auch nicht zu jung, auf gar keinen Fall ein Politiker, am besten ein Entertainer mit Breitenwirkung. Norbert Blüm darf also aufs Titelblatt, Naddel wäre zu politisch.
    Und: Das Titelblatt muss in seiner Aussage eindeutig sein...auch wenn es gerade mal keine Aussage gibt. Auf keinen Fall so missverständlich wie der Express, haben Sie den heute gesehen: »Schwarzenegger: Neues Herz vom Schwein«. Völlig unklar: Hat er jetzt eins gekriegt...oder gespendet?
    Liebe Festgäste, das ist das Wunderbare an dieser Zeitschrift: Als Beilagenblatt , als Teil einer großen, geschlossenen, glücklichen Familie, kann es auf plumpe, tierische, an den Instinkt appellierende Signale verzichten. Bereits auf dem Titelblatt darf es spielen, erfinden, experimentieren, es kann formen und gestalten — es hat nur eine Vorgabe: Man soll es möglichst nicht mit einem Farbprospekt von Aldi verwechseln.
    Was übrigens nicht jeder weiß: Prisma legt Wert auf regionalen Unterschied und erscheint deshalb in zwei Ausgaben, getrennt für Nordrhein und für Westfalen...die Unterschiede sind minimal: Nordrhein ist ein bisschen klatschiger , für Westfalen werden längere Sätze gekürzt und Fremdwörter vermieden. Wer wie ich Gastarbeiter ist und nicht die geringste Ahnung hat, wo die genaue Linie zwischen Nordrhein und Westfalen nun wirklich verläuft, für den ist Prisma auch ein Stück geographischer Bildung: Ein Blick aufs Titelblatt, und ich weiß, wo ich bin. Ein schwarzer Punkt neben dem Erscheinungsmonat bedeutet Westfalen...ein weißer Kreis Nordrhein. Keine andere Zeitschrift im ganzen Land, die so klar und deutlich ihren Standpunkt offenbart.
    Es gibt natürlich auch das Tele-Prisma, die Ossi-Version, »Tele« bedeutet fern, ist ja auch schon fast Polen...daher wohl der Zusatzname. Im Prinzip aber ist die Wir-sind-ein-Volk-Ausgabe auch nicht viel anders als die im Westen, vielleicht ein bisschen mehr Sex drin — »die sind ja dort noch sooo unverklemmt «, wie wir wissen — , und der Inhalt wird ein wenig umverteilt, das kennen wir vom Solidaritätszuschlag, nach dem so genannten OZ-Faktor: »Ossi-Zumutbar«...ähnlich wie in der Optik: Nicht alle Prismen haben die gleiche Brechung, es gibt auch solche mit

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