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Frauen lügen

Frauen lügen

Titel: Frauen lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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zusammen und wirft ihm einen ängstlichen Blick zu.
    »Oh, Moin, Moin. Ich habe Sie gar nicht kommen gehört.«
    »Seglerschuhe«, lacht Hübner und weist auf seine Gummisohlen.
    Der Gesichtsausdruck der jungen Frau entspannt sich. Trotzdem errötet sie, als sie bekennt: »Es ist mir zwar peinlich, aber ich bin tatsächlich aus Neugier hier. Auf der ganzen Insel spricht man nur über den Mord, und da wollte ich mal sehen, wie die Frau so gewohnt hat.«
    »Woher haben Sie eigentlich die Adresse?«
    »Na, aus dem Internet. Sie doch wahrscheinlich auch. Es gibt seit Tagen ein Forum zu den Bränden. Seit dem Mord an Susanne Michelsen ist da mächtig was los. Sie müssen sich das mal ansehen. Und heute früh stand für kurze Zeit auch diese Adresse drin. Ist aber schon wieder gelöscht. Wahrscheinlich hat sich Herr Michelsen beim Administrator beschwert.«
    »Das hätte ich an seiner Stelle auch getan. Außerdem wissen die echten Kampener ohnehin bei den meisten Villen, wem sie gehören.«
    »Ich bin aus Hamburg und nur übers Wochenende bei meiner Mutter zu Besuch. Heute Nachmittag muss ich zurück.«
    Wieder wird die junge Frau rot.
    »Schade, dass er nicht da ist, oder?« Mit einer lässigen Geste weist Fred auf die Villa im Sonnenlicht. »Ich wüsste auch ganz gern, wie dieser Michelsen aussieht. Muss ja ein ziemlicher Chauvi sein.«
    »Warum denn?«
    Das Gesicht des jungen Mädchens spiegelt reines Erstaunen. Die ist ja noch viel naiver, als ich angenommen habe, überlegt Fred und beschließt, richtig dick aufzutragen.
    »Na, hören Sie mal, aus dem Internet-Blog wissen Sie doch bestimmt, dass der Kerl die Mädchen reihenweise umgelegt hat. Je jünger, desto lieber.« Nach einen kleinen schmutzigen Lachen fährt er leise fort: »Sie wären übrigens genau seine Kragenweite, da bin ich mir ziemlich sicher.«
    »Ach, hören Sie doch auf! Das glaube ich einfach nicht. Jonas Michelsen ist ein erfolgreicher Kaufmann, und das mit seiner Frau ist eine furchtbare Sache. Und jetzt wird er auch noch gemobbt. Sie sollten sich was schämen!«
    »Na na, so war das doch nicht gemeint. Ich wollte Sie nicht provozieren, höchstens warnen.«
    »Das können Sie sich sparen. Ich kann sehr gut selbst auf mich aufpassen.«
    »Hoffentlich ist das so. Dann wünsche ich noch viel Spaß auf der Insel«, erklärt Fred leutselig, grüßt kurz mit leicht erhobener Hand und sieht zu, dass er sich zügig Richtung Dorfkern entfernt. Schließlich wollte er nur einen kleinen Sprengsatz legen und nicht auch noch die Detonation abbekommen.
    Als Fred Hübner nach kurzer Zeit am Ende der Straße angekommen ist, dreht er sich noch einmal um. Ob die Kleine sich wohl traut, am Tor zu klingeln? Oder ist sie gar mit Jonas Michelsen verabredet und nur aus Diskretion vor dem Grundstück stehen geblieben, bis sie sicher sein konnte, dass niemand ihr Eintreten beobachten würde?
    Doch Fred Hübners Fragen lassen sich nicht eindeutig beantworten. Die junge Frau steht immer noch wie angewurzelt vor dem Anwesen. Vielleicht hat er mit seiner kleinen Bemerkung also doch mehr bewirkt, als sie zugeben wollte.

Montag, 22 . August, 11.15  Uhr,
Reetdeckerei Hansen, Achsum
    Es riecht nach Staub und gut getrocknetem Stroh. Meterhoch stapeln sich die Ballen des hellgelben Reets auf beiden Seiten eines gepflasterten Weges, der von der Straße im Gewerbegebiet von Achsum abzweigt. Der immer noch ursprüngliche Ort beherbergt viele Handwerksbetriebe, die von den relativ günstigen Gewerbemieten im Osten Sylts profitieren. Auch die Reetdeckerei Hansen gehört dazu. Silja Blanck steigt aus dem Auto und sieht sich um. Auf ihrem Weg zu dem niedrigen Lagerhaus bleibt sie vor einer großen Werbetafel stehen, die alle Stationen des Reets vom Anbau bis zur fertigen Eindeckung mit Fotos dokumentiert und leicht verständlich erklärt. Die Anlieferung des Materials mit einem Lastwagen aus Polen oder der Ukraine, das Abladen an der Baustelle, die komplizierte Positionierung der Ballen auf dem Dach, das Einbinden und Beschneiden und schließlich die fast schon künstlerische Gestaltung des Firstes.
    Silja mustert die Tafel, um sich zu beruhigen und die Erinnerung an das kurze, sehr sachliche morgendliche Gespräch mit Bastian ebenso zu verdrängen wie die Ängste und die Wut der letzten beiden Tage. Während sie noch versucht, die Regeln dieses traditionellen Handwerks zu begreifen, kommt ihr aus der Lagerhalle ein untersetzter dunkelhaariger Mann in Cargohose und Muskelshirt

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