Frauen verstehen mehr von Liebe
sagen haben; ich ihr nichts, und sie mir nichts mehr.
Vera entschuldigte sich bei Karl, um auf die Toilette zu gehen. Der Grund war kein von der Natur auferlegter. Ein Mädchen, das so lachen konnte wie Vera, wußte, daß die dabei entstehenden Tränen im Gesicht Spuren hinterließen, gegen die wieder mit kosmetischen Mitteln anzugehen notwendig war. Die Zeit der Abwesenheit Veras benützte Karl, um Gina zu sagen, daß sie das schönste Mädchen Italiens sei. Und – oh Wunder! – Gina schien ihn plötzlich sehr gut zu verstehen.
Als Vera zurückkam, mit renoviertem Gesicht und überhaupt erfrischt und duftend, da sie auch nicht auf die Verwendung einer angemessenen Menge Eau de Cologne verzichtet hatte, galt wieder nur mehr ihr Karls ungeteilte Aufmerksamkeit.
»Vera«, fragte er sie. »Was machen Sie am nächsten Wochenende?«
Vera dachte an Albert Max, von dem sie nicht wußte, was er vorhatte.
»Das kann ich noch nicht sagen«, erwiderte sie. »Warum?«
»Ich will Sie doch malen.«
»So bald schon?«
»Warum nicht?«
Ja, warum nicht? dachte sie. Aber wenn Albert zusammen mit mir etwas vorhat, was dann? Ich muß mir ein Hintertürchen offenhalten.
»Wissen Sie«, sagte sie, »es könnte sein, daß mir da noch etwas dazwischenkommt, das in der Schwebe ist. Muß es denn am Wochenende sein?«
»An sich nicht, Vera, aber Sie arbeiten doch, Sie hätten also unter der Woche nur abends Zeit, zu mir ins Atelier zu kommen. Das hätte aber keinen Zweck, denn ich brauche Tageslicht zum Malen.«
»Tja«, meinte Vera, »das sehe ich ein, aber, wie gesagt, am nächsten Wochenende« – sie zuckte mit den Achseln – »bin ich vielleicht verhindert … oder auch nicht … das muß sich erst noch herausstellen.«
»Und wie wär's mit dem übernächsten?«
Vera überlegte kurz. Auch über diesem Wochenende lag der gleiche Schleier der Ungewißheit, weil sie auch da nicht wußte, ob Albert sie mit Beschlag belegen würde. Sie wußte überhaupt noch nicht, wie sie sich diesbezüglich auf ihn einzustellen hatte. Was sie wußte, war, daß sie sich gern von ihm mit Beschlag belegen lassen würde – wann immer ihm das vorschwebte. Andererseits spürte sie allerdings ebenfalls, daß für sie zweifelsohne auch vom Zusammensein mit Karl Thaler ein gewisser Reiz ausging.
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, meinte sie. »Ich rufe Sie an, wenn ich etwas Bestimmtes sagen kann. Ihre Nummer habe ich ja.«
»Gut«, nickte er.
»Ich will Ihnen auch verraten, wovon das bei mir abhängt.«
»Wovon?«
»Von Ihrem Freund Albert Max.«
»So? Verfügt der schon über Ihre Zeit?«
Vera errötete ein bißchen, während sie erwiderte: »Wenn er das will, ja.«
»Der Glückspilz.«
In Vera regte sich der Drang, dazu noch etwas zu sagen.
»Das heißt aber nicht«, fuhr sie fort, »daß Sie ihm sozusagen gar keine Konkurrenz machen könnten. Sie werden sehen, ich komme sehr gerne auch zu Ihnen.«
»Das werde ich sehen«, antwortete er mit undurchdringlicher Miene.
»Er weiß ja, daß Sie mich malen wollen. Ich habe es ihm gesagt.«
»Ich könnte mir vorstellen, daß er Sie in nächster Zeit ein bißchen vernachlässigt.«
»Weshalb?«
»Er hatte Ärger in seiner Kanzlei und steckt deshalb bis zum Hals in Arbeit.«
»Welchen Ärger?«
»Eine Stenotypistin hat ihm auf Knall und Fall den Kram hingeschmissen. Ich habe es zufällig selbst miterlebt.«
Sieh mal an, dachte Vera, dann konnte da ja ein Hintergedanke mit im Spiel gewesen sein, als er mir gegenüber vom Einspringen in seiner Kanzlei geredet hat. Vielleicht war ihm das ernster, als ich dachte.
»An wem lag's?« fragte sie Karl.
»Was?«
»Daß die ging.«
Karl druckste herum.
»Das … das weiß ich nicht.«
»Wieso wissen Sie das nicht? Sie waren doch dabei, sagen Sie?«
»Ich … sehe das vielleicht falsch. Ich bin kein Chef, für den andere Perspektiven maßgeblich sind.«
»Aha«, erklärte Vera hellwach, »ich verstehe. In Ihren Augen lag es also an ihm, und Sie wollen ihn bei mir nicht anschwärzen?«
»Ich will nicht, daß ein falsches Licht auf ihn fällt.«
»Erzählen Sie, wie's war.«
In Karls Bericht, den dieser nur ungern abstattete, schnitt eindeutig Albert Max – und nicht die Stenotypistin – als der Schlechtere ab, obwohl sich der Maler Mühe gab, ihn zu schonen. So sagte er z.B. daß es ja durchaus sein kann, daß Albert der Stenotypistin gegenüber den Brief gar nicht als eilig bezeichnet hatte. Doch für Vera war der Fall klar.
»Aber
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