Frauen verstehen mehr von Liebe
sie dabei, oder nein, ich hoffe, daß mit dem alles noch viel besser abläuft.
Nach dem Telefonat mit Albert ging Vera hinauf zu Johann Sebastian Bach, der mit seiner Werbeabteilung zwei Etagen höher untergebracht war.
Zur selben Zeit hatte das Telefon auch bei Sonja Kronen geläutet. Am Apparat war Karl Thaler. Der Schwimmunterricht hatte ihm – wenn schon nicht den eigentlichen Erfolg – längst das ›Du‹ mit Sonja eingebracht.
»Sonja«, sagte er, »ich muß dich versetzen.«
»So?«
»Ich muß zum Zahnarzt. Dringend.«
»Oje.«
»Verstehst du das?«
»Absolut. Wer verstünde nicht, daß einer zum Zahnarzt muß?«
»Aber ich habe den Grund nicht vergessen, weshalb wir uns treffen wollten.«
»Die Stiche? Die laufen mir nicht weg.«
»Ganz und gar nicht, Sonja. Albert hat sich nämlich bereit erklärt, mich zu vertreten.«
Sonja reagierte nicht anders als Vera.
»Albert?!« jubelte sie unbeherrscht.
Karl sagte: »Ich finde das prima von ihm, daß er so ohne weiteres einspringt.«
Das Nächstliegende wäre gewesen, daß Sonja gefragt hätte, ob denn Albert auch etwas von Stichen verstünde. Statt dessen sagte sie: »Ich finde das auch sehr, sehr nett von ihm.«
»Er ist überhaupt ein sehr, sehr netter Kerl, Sonja.«
»Erwartest du von mir, daß ich das bestreite?«
»Und er verehrt dich sehr, Sonja.«
»So? Woher willst du das wissen?«
»Ich kenne ihn.«
»Die äußeren Anzeichen dafür haben sich aber bisher in Grenzen gehalten.«
»Weil du ihm keine Gelegenheit gegeben hast, es dir zu zeigen.«
»Und wie ordnest du in dieses Bild Vera ein?«
»Vera? Die bedeutet ihm doch schon längst nicht mehr soviel.«
»Da muß ich dich aber noch einmal fragen: Woher willst du das wissen?«
»Ich kenne ihn«, erwiderte auch Karl noch einmal. Und das war die reine Wahrheit, daß er Albert kannte.
Abschließend empfahl Karl, daß sich Sonja, was die Stiche anbelange, das Recht vorbehalten solle, sie notfalls umtauschen zu können.
Bartholomäus Schmiedl, der Pförtner beim UNION-Filmverleih, erkannte den jungen Mann, der schon wieder einmal erst kurz vor Büroschluß bei ihm auftauchte, ohne Schwierigkeiten, obwohl er die Turnschuhe an dessen Füßen vermißte.
»Wieder dasselbe«, sagte Thaler mit heiterer Miene, nachdem er gegrüßt hatte.
»Was? Zu Fräulein Lang?« entgegnete Schmiedl brummig.
»Ja.«
»Weiß sie, daß Sie kommen?«
»Ja«, nickte Thaler und ging zur Treppe.
Da erreichte ihn ein energisches »Halt!«
»Sie müssen hier warten«, fuhr der Pförtner fort. »Fräulein Lang hat mir das aufgetragen, als Sie letztens hier waren.«
»Ach nein?« entgegnete Thaler ungläubig und kam nur zögernd zurück.
»Wenn ich Ihnen das sage«, erklärte Schmiedl mit Würde, »können Sie mir schon glauben, daß es stimmt. Ich bin beauftragt, Fräulein Lang von Ihrem Eintreffen zu verständigen. Sie kommt dann runter.«
Thaler mochte das immer noch nicht für wahr halten. »Da lause ihn doch der Affe«, sagte er.
Humorlos antwortete Schmiedl: »Und wenn Sie der Affe hundertmal laust, ändert sich daran nichts, daß –«
Sein Telefon schellte. Am Apparat war Vera Lang, die sagte: »Herr Schmiedl, ich möchte da etwas berichtigen. Ich sagte Ihnen vor einiger Zeit, daß Sie jenen jungen Mann in Turnschuhen in Ihre Obhut nehmen sollen, wenn er kommt. Das gilt nicht mehr. Schicken Sie ihn mir rauf, und zwar gleich heute, er wird, denke ich, bald bei Ihnen erscheinen –«
»Er ist schon da«, unterbrach Bartholomäus Schmiedl keineswegs erfreut. »Er soll also nicht hier bei mir warten?«
»Nein, schicken Sie ihn rauf, sagen Sie ihm aber, daß er sich beeilen soll. Ich warte schon auf ihn.«
Sonst schäkert er mir wieder mit den Mädchen im Haus herum, dachte sie dabei.
Karl Thaler erschien raschestens. Er hatte, da der Lift nicht gleich kommen wollte, im Geschwindschritt die Treppen erklommen und atmete daher heftig, als er über Veras Schwelle trat.
»Ihr Wunsch«, sagte er, »war mir Befehl. Euer Zerberus da unten war aber sauer.«
»Warum?«
»Weil er mich zu gern festgehalten hätte.«
Vera ging darauf nicht ein, sondern sagte: »Sie schnaufen ja wie eine Dampflok.«
»Der Lift ließ mich im Stich, und man wird alt.«
Vera lachte und packte die Gelegenheit beim Schopf, ihn zu fragen: »Wie alt werden Sie denn schon?«
»Neunundzwanzig. Und Sie?«
Neunundzwanzig, dachte sie. Ein paar Jahre älter wäre besser, nachdem ich schon fast siebenundzwanzig bin.
»Ich möchte
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