Freche Mädchen... 08: Rosen, Chaos, Hochzeitsparty
Telefon zu schicken. Einfach so. Fassungslos starre ich auf das Telefon in meiner Hand. Was glaubt Jannis eigentlich?
Ich habe schon den Finger auf der Wahlwiederholungstaste, da sehe ich, dass Natascha im Garten steht. Sie scheint sich um die Pflanzen zu kümmern, die durch das Unwetter vorhin gelitten haben. Die Gelegenheit muss ich nutzen und schnell ihr Kleid zurückhängen. Vorsichtig hole ich es aus dem Rucksack und streiche es glatt, so gut es geht – bügeln wäre natürlich genial, aber das ist jetzt leider nicht drin –, da stutze ich. Auf dem Boden liegt ein knallrotes Herz aus Plastik. Das kann nur aus dem Rucksack gefallen sein.
Will Jannis mir damit vielleicht irgendetwas sagen? Unwahrscheinlich! So viel Romantik ist bei ihm derzeit bestimmt nicht drin. Also bleibt nur Chris! Dem würde ich das sofort zutrauen. Wer so süß ist, verschenkt auch rote Herzen! Als ich es gegen das Licht halte, entdecke ich eingraviert zwei ineinander verschlungene C. Einen Moment lang bin ich völlig ratlos, dann geht mir ein Licht auf. Mein Herz klopft, als mir klar wird: C wie Carlotta. Und C wie Chris. Wahnsinn!
Er ist wirklich ein irre süßer Typ mit total verrückten Ideen! Nicht dass ich in ihn verliebt wäre, das nicht, aber nach der kalten Dusche mit Jannis vorhin ist es Balsam für meine wunde Seele. Außerdem ist die Idee unheimlich genial. Wo hat er bloß auf die Schnelle dieses Herz hergekriegt?
Die Abendsonne taucht mein Zimmer in ein warmes Licht, beide Fensterflügel stehen weit offen und der Duft von frisch gemähtem Gras weht ins Zimmer. Am liebsten würde ich mich auf die Fensterbank setzen, nach draußen in den Garten schauen und von Chris träumen. Aber natürlich meldet sich gleich mein Gewissen. Ich bin doch mit Jannis befreundet und Chris darf nichts weiter sein als ein harmloser Sommerflirt.
Doch das ist jetzt vollkommen unwichtig, wichtig ist erst einmal etwas ganz anderes: Ich muss das Brautkleid möglichst schnell und unfallfrei in den Schrank zurückhängen.
Als ich noch einmal einen Blick aus dem Fenster werfe, sehe ich, dass Natascha mit ihrer Gartenarbeit inzwischen fertig ist und am Zaun steht und sich mit Lorraine unterhält. Auf Zehenspitzen schleiche ich den Flur entlang und bin sehr beruhigt, als ich Papa unter der Dusche laut singen höre – von seiner Seite droht mir jedenfalls keine Gefahr.
Meine gute Laune hält aber nicht lange an. Denn schon bricht die nächste Katastrophe über mich herein: Nataschas Schrank ist abgeschlossen. Und der Schlüssel fehlt!
»In Ordnung«,
sagt Anke sofort, als ich sie in heller Panik anrufe. »Klar kannst du bei mir übernachten.«
»Wir müssen unbedingt Mathe machen«, sage ich sehr laut, damit auch mein Vater, der gerade aus der Dusche kommt, das auf alle Fälle mitkriegt.
»Spinnst du?«, protestiert meine Freundin. »Mathe am Samstagabend?«
»Das hab ich doch bloß wegen Papa gesagt«, flüstere ich, als er im Arbeitszimmer verschwunden ist, und sie lacht erleichtert auf.
»Na Gott sei Dank, ich hatte schon Angst, du drehst irgendwie hohl oder so. Also, ich freu mich, wenn du kommst. Meine Eltern sind zu einer Goldenen Hochzeit eingeladen, das heißt, wir haben mindestens bis elf, halb zwölf sturmfreie Bude.«
Ich bin mir zwar nicht sicher, ob die paar Stunden reichen, um meine Probleme zu lösen, aber ich brauche jetzt dringend meine beste Freundin, die mir versichert, dass alles gut werden wird. Denn inzwischen bin ich mit den Nerven so ziemlich am Ende. Unter anderem deshalb, weil Nataschas Kleiderschrank einfach nicht aufzukriegen ist, weder durch heftiges Rütteln noch mithilfe eines Blumendrahts, mit dem ich mich am Schlüsselloch versucht habe. Stattdessen hat der schöne alte Bauernschrank nun einen hässlichen Kratzer am Schloss und ich ein schlechtes Gewissen. Was aber bestimmt nicht nur an diesem Kratzer liegt.
Ich stopfe also wieder einmal das Brautkleid in den Sportrucksack, dazu den ganz leichten Sommerschlafsack und eine Zahnbürste. Dann packe ich mein Lieblingskuscheltier – ein Schäfchen aus weißem Plüsch – in die Seitentasche. Diesen Trost brauche ich jetzt!
»Wo willst du denn hin?«, fragt Papa, als ich die Treppe herunterkomme.
Ich lächle ihn nachsichtig an. »Papa, im Ernst, du hast aber nicht vergessen, dass ich heute bei Anke übernachte, oder? Das ist schon ’ne ganze Weile ausgemacht und du hast gesagt, du würdest es toll finden, dass wir Samstagabend Mathe üben wollen.«
Er schaut
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