Freche Mädchen... 08: Rosen, Chaos, Hochzeitsparty
mich erstaunt an. »Ja? Das muss ich doch tatsächlich vergessen haben. Na gut, dann verschwinde eben. Viel Spaß bei Anke. Und denk dran: Ihr müsst nicht die halbe Nacht palavern, ihr braucht euren Schlaf.«
»Klar, Paps«, sage ich und gebe ihm ein Küsschen. »Mach dir keine Gedanken.«
Ich bin bereits an der Haustür, da fällt mir ein, dass ich unbedingt mein Mathebuch mitnehmen sollte. Nicht um den Abend mit öden Matheaufgaben zu verbringen, nein, sicher nicht. Aber ich könnte mir vorstellen, dass Natascha in mein Zimmer geht, das Mathebuch auf meinem Schreibtisch sieht und sich so ihre Gedanken macht. Nein, das muss wirklich nicht sein.
Den Rucksack kriege ich kaum noch zu (weil ich außerdem das Matheheft und die Formelsammlung einpacke) und ich mag lieber gar nicht daran denken, wie zerknittert das Brautkleid inzwischen ist, aber das kann ich jetzt auf die Schnelle auch nicht ändern.
Weil bekanntlich ein Unglück selten allein kommt – bei mir kommt es anscheinend immer im Zehnerpack! –, hat mein Fahrrad inzwischen einen Platten. Wo das Flickzeug sich versteckt haben könnte, weiß ich nicht und so bleibt mir nichts anderes übrig, als Papa zu bitten, dass er mich zu Anke fährt.
»Carlotta, das mit deinem Rad ist sicherlich ärgerlich, aber ich habe Besseres zu tun, als dich durch die Gegend zu kutschieren«, sagt er völlig mitleidlos. »Wie wäre es denn, wenn du wie andere Menschen einfach den Bus nehmen würdest?«
»Aber um die Zeit fährt keiner mehr!«, rufe ich wütend. »Und ich habe es mir nicht ausgesucht, hier am Ende der Welt zu leben. Du als mein Erzeuger bist dafür verantwortlich, dass ich … Ach was, ist mir doch egal, laufe ich halt die zehn Kilometer. Aber mach dir dann bloß keine Sorgen, dass mir unterwegs was passieren könnte.«
Natascha, die eben aus dem Garten ins Haus gekommen ist, schüttelt den Kopf. »Um die Zeit läuft gar niemand in die Stadt und du erst recht nicht. Erklärt mir bitte jemand, was jetzt wieder los ist?«
»Meine liebe Tochter möchte zu ihrer Freundin gefahren werden«, knurrt Papa. »Schon immer habe ich mir einen Zweitjob als Taxifahrer gewünscht.«
»Das ist überhaupt kein Thema. Ich wollte sowieso noch rasch bei einer Freundin vorbei. Da kann ich Carlotta problemlos mitnehmen.« Sie zwinkert mir zu. »Wir zwei Frauen haben vielleicht so einiges zu bereden.«
Ich kenne diese Art von Gesprächen sehr gut. Meistens laufen sie auf ein Kreuzverhör hinaus, bei dem ich eindeutig die schlechteren Karten habe. Jetzt kann ich jedoch nicht mehr zurück. Ich grinse breit und sage: »Super, danke, das ist unheimlich lieb von dir.«
»Und denk bitte daran, dass wir morgen Mittag zusammen essen gehen wollen«, erinnert mich Papa.
Das hatte ich zwar völlig vergessen, aber ich nicke brav und versichere, dass ich ganz bestimmt rechtzeitig zu Hause sein werde.
»Was hast du denn alles dabei?«, fragt Natascha erstaunt, als ich meinen Rucksack vorsichtig auf den Rücksitz ihres Autos lege.
»Nur Schulsachen. Mathe und so.«
Keine Ahnung, ob Natascha mir das abnimmt, jedenfalls sagt sie eine Weile lang nichts. Erst als wir eine gefühlte Ewigkeit vor einer roten Ampel stehen, meint sie: »Ich möchte dir was erzählen.«
»Ja?«, frage ich vorsichtig.
Sie atmet tief aus. »Wie du vielleicht weißt, ist mein Brautkleid …«
»Entschuldige«, unterbreche ich sie. »Ich kann gerade nicht zuhören. Da ruft jemand an.«
Eine andere Ausrede ist mir spontan nicht eingefallen. Ich hole also mein Handy aus der Hosentasche, presse es ans Ohr. In spätestens drei Minuten sind wir bei Anke. So lange muss ich dieses angebliche Telefonat durchhalten.
»Jannis?«, fragt Natascha, während ich in unregelmäßigen Abständen »Ja!« und »Natürlich!« murmle. Ich nicke und tue so, als hörte ich sehr konzentriert zu. Erst nach einer Weile merke ich, dass ich das Handy verkehrt herum halte, aber glücklicherweise ist Natascha mit Autofahren beschäftigt und dann sind wir auch endlich da. Jetzt wird sie bestimmt kein Gespräch mehr über ihr Brautkleid anfangen, denke ich, und hauche, damit es echt wirkt, ein Küsschen ins Telefon. Dann lege ich auf.
»Alles in Ordnung bei euch?«, erkundigt Natascha sich, während sie in eine der Parkbuchten vor Ankes Haus einbiegt.
»Klar, alles in Ordnung«, gebe ich fröhlich zurück. Natascha sieht mich an und ich füge beim Aussteigen hinzu: »Doch, alles in Ordnung. Jannis hat mir gerade erzählt, dass er Hausaufgaben
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