Freche Mädchen... 08: Rosen, Chaos, Hochzeitsparty
nur geklemmt.
Es ist jedenfalls ein ziemliches Erfolgserlebnis für mich, als ich das zerknitterte Kleid zurückhänge, ganz nach hinten. Dieses Problem bin ich wenigstens für eine Weile los und kann mich jetzt um Jannis kümmern, theoretisch zumindest, falls er endlich das Telefon abnehmen würde. Was er aber nicht tut, egal wie lange ich es klingeln lasse. Vermutlich ist er gerade mit Lena beschäftigt. Ich bin so was von stocksauer und deshalb ist es kein Wunder, dass ich ihm fünf sehr böse SMS schicke, meine Abrechnung mit unserer Beziehung sozusagen.
Keine halbe Minute später kommt seine Antwort, kurz und knapp:
Erzähl du mir nichts von Treue!
So richtig aufgebaut hat mich dann noch Ankes aufgeregter Anruf gegen halb elf abends, als ich schon fast eingeschlafen war. Sie musste mir unbedingt berichten, was sie von Sven erfahren hat. Seine Schwester sei auf Sarahs Gartenparty gewesen und habe Jannis dort gesehen, Händchen haltend mit Lena! Von halb drei bis halb sieben. Er habe ihre Hand kein einziges Mal losgelassen!
Ist es da ein Wunder, dass ich nicht schlafen kann? Ich wälze mich von einer Seite auf die andere, hole mir ein Glas Wasser aus der Küche, reiße das Fenster auf, um es Minuten später zu schließen, greife sogar irgendwann zwischen halb eins und eins nach dem Englischvokabelheft. Sonst werde ich immer sehr müde, wenn ich Vokabeln lernen muss, aber in dieser Nacht hilft nicht einmal das.
Und so liege ich mit offenen Augen da und starre ins Dunkel. Immer wieder sehe ich diesen einen Satz vor mir:
Erzähl du mir nichts von Treue!
»Carlotta?«
Ich schrecke hoch. Den Blick auf meinen Wecker kann ich mir sparen, ich weiß auch so, dass ich verschlafen habe. Papa steht in der Tür, tippt mit dem Finger vielsagend auf seine Armbanduhr.
»Ja, alles klar«, murmle ich schlaftrunken.
»Ich nehme dich mit zur Schule. Aber nur ausnahmsweise, weil ich um acht einen Termin in der Stadt habe«, fügt er hinzu. »Nicht dass du glaubst, Taxifahrten werden zur Regel.«
Wenn ich mit meinem Vater fahren kann, sind locker noch drei, vier Minuten Schlaf drin. Ich ziehe die Bettdecke hoch und drehe mich um, doch Papa besteht darauf, dass ich sofort aufstehe und frühstücke. Und so quäle ich mich schließlich aus dem Bett.
Auf dem Weg ins Bad kommt mir Natascha entgegen, mindestens so verschlafen wie ich.
»Du bist aber spät dran«, stellt sie fest und gähnt.
»Kein Problem. Papa fährt mich in die Stadt.«
»Oh, da fahre ich auch gleich mit!«, ruft sie. »Die Reinigung hat schon letzte Woche angerufen, dass wir endlich die Gardinen abholen sollen.«
»Reinigung?«
Natascha lacht. »Carlotta, mach nicht so ein entsetztes Gesicht. Gib zu, du hast nicht einmal bemerkt, dass die Wohnzimmergardinen in der Reinigung sind.«
»Nein, hab ich nicht«, murmle ich, während ich im Badezimmer verschwinde. Leider löst bereits das Wort Reinigung bei mir so eine Art Schockzustand aus. Aber dann klatsche ich mir kaltes Wasser ins Gesicht und fasse mich wieder. Zu dumm, dass ich das Brautkleid gestern nicht im Rucksack gelassen habe, denn dann könnte ich es jetzt unauffällig mitnehmen. Stattdessen muss ich es umständlich aus dem Schrank holen.
»Carlotta, beeil dich!«, höre ich Papa rufen. »Oder glaubst du, ich warte ewig auf dich?«
Weil ich schlecht sagen kann: »Liebster Papa, warte bitte noch, ich muss erst Nataschas ruiniertes Brautkleid aus ihrem Schrank holen« , sollte ich mir eine klitzekleine Notlüge einfallen lassen. Blitzschnell checke ich die verschiedenen Möglichkeiten durch. »Ich fühle mich krank« ist prinzipiell nicht schlecht, führt aber garantiert dazu, dass Natascha sich um mich kümmert und gerade das kann ich im Moment gar nicht brauchen. »Ich hab erst zur zweiten Stunde Schule« nimmt mir auch niemand ab, weil mein Stundenplan an der Pinnwand hängt und seit diesem Schuljahr alle Änderungen per Mail an die Eltern gehen.
Ich muss also zu anderen Mitteln greifen. Dabei hilft mir, dass das Türschloss im Bad seine Eigenheiten hat. Man darf den Schlüssel nämlich nur einmal umdrehen, sonst hat man ein Problem, das man nur mit mühevoller Kleinarbeit beheben kann. Ich weiß, wovon ich rede. Vor ein paar Tagen habe ich eine geschlagene Viertelstunde gebraucht, bis die Tür endlich aufging.
Ich vergewissere mich nochmals, dass die Badezimmertür abgeschlossen ist, dann brülle ich: »Ihr müsst ohne mich fahren! Ich hab den Schlüssel versehentlich zweimal
Weitere Kostenlose Bücher