Freche Mädchen... 08: Rosen, Chaos, Hochzeitsparty
umgedreht!«
»Dann musst du selber zusehen, wie du pünktlich zur Schule kommst!«, ruft Papa mitleidlos. »Wir fahren jetzt jedenfalls!«
»Aber wir können Carlotta doch nicht allein lassen!«
Das ist zwar sehr lieb gemeint von Natascha, passt mir aber in dieser Situation überhaupt nicht. Ich kann bloß hoffen, dass Papa sich durchsetzt. Und ich scheine Glück zu haben.
»Ich bin spätestens in einer Stunde zurück«, verspricht Natascha. Sie steht draußen vor der Badezimmertür und rüttelt an der Klinke, aber ohne Erfolg. »Denk daran, dass man den Schlüssel nur ganz langsam und äußerst vorsichtig drehen darf. Falls es nicht klappt, hole ich nachher von Lorraine die Leiter und du kletterst durchs Fenster. Aber versuch das auf keinen Fall ohne Leiter, hörst du?«
»Natürlich«, verspreche ich. »Mach dir keine Sorgen. Ich krieg die Tür bestimmt auf. Ist nur eine Frage der Zeit. Und ihr müsst mir eine Entschuldigung für die Schule schreiben, weil ich doch zu spät bin.«
»Mach ich und viel Glück!«, ruft Natascha und klopft dreimal gegen die Tür. »Ich spute mich besser, bevor dein Vater ausflippt.«
Na bitte, hat doch prima geklappt!, denke ich zufrieden. Jetzt werde ich in aller Ruhe das Kleid aus dem Schrank holen und an Papas Computer recherchieren, wo man es kunststopfen lassen kann. Die erste Schulstunde muss ich zwar ausfallen lassen, aber da Mathe nicht unbedingt mein Lieblingsfach ist, kann ich das verschmerzen. Außerdem sagt mein Vater auch, dass manchmal der Zweck die Mittel heiligt. Und genau darum geht es jetzt, wie ich finde.
Weil ich ganz sicher sein muss, dass wirklich niemand mehr im Haus ist, beuge ich mich aus dem Badezimmerfenster, um die Lage genau zu checken. Peinlich wäre nämlich, wenn Papa oder Natascha womöglich noch irgendwas vergessen hätten – meinem Vater traue ich das zurzeit ohne Weiteres zu, der Hochzeitstress scheint ihm reichlich zuzusetzen.
Aber ich scheine Glück zu haben: Das Garagentor steht weit offen und von Papas Auto keine Spur mehr. Um absolut sicher zu sein, lehne ich mich ein Stückchen weiter hinaus, bis ich fast die ganze Straße überblicken kann. Und erlebe postwendend den Schock des Tages! In letzter Sekunde schaffe ich es, mich wegzuducken, wobei ich mir allerdings mit voller Wucht den Kopf anschlage und garantiert eine riesige Beule hole. Die eigentliche Katastrophe ist aber etwas anderes: Ich habe wahrscheinlich Chris gesehen, wie er gerade sein Rad über den Gehweg schiebt. Chris, den ich am liebsten so schnell wie möglich aus meinem Gedächtnis streichen würde!
War er es wirklich?, überlege ich, als ich auf dem Boden hocke und mir den Hinterkopf reibe. Ich wüsste es zu gern genauer, traue mich aber nicht, das Fenster nochmals zu öffnen. Ärgerlich, dass es eine Milchglasscheibe hat und nicht eine nette kleine Gardine, die man problemlos beiseiteschieben kann, denke ich, während ich einen kalten Waschlappen gegen meine Beule presse.
Wie wahrscheinlich ist es eigentlich, dass Chris hier in unserer Straße auftaucht? Sucht er mich womöglich? Aber müsste er nicht in der Schule sein? Ich atme tief durch, um endlich wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Womöglich sehe ich schon Gespenster. Und das nur, weil ich dauernd an Chris denken muss. Carlotta, sei vernünftig, sage ich mir und beschließe, mich erst einmal naheliegenden Dingen zu widmen. Dem Brautkleid zum Beispiel.
Sekunden später wird mir klar, dass meine supergeniale Idee mit dem angeblich kaputten Schloss leider ein gewaltiges Eigentor ist: Die Tür geht tatsächlich nicht auf!
»Wir lassen sofort das Schloss austauschen. So etwas will ich nicht noch einmal erleben«, sagt Natascha, als ich gegen halb zehn vorsichtig die wacklige Holzleiter hinunterklettere, die sie aus Lorraines Schuppen geholt hat. Die gesamte Nachbarschaft scheint anwesend zu sein, mit viel Anteilnahme wird jeder meiner tastenden Schritte auf der Leiter kommentiert. Irgendwer klatscht sogar, als ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen habe.
Natascha schließt mich erleichtert in die Arme. »Puh, das war vielleicht eine Aufregung! Am besten frühstückst du jetzt erst einmal und dann schreibe ich dir eine Entschuldigung für heute. Nach diesem Schrecken bleibst du mir zu Hause.«
An anderen Tagen hätte ich diesen Vorschlag genial gefunden, aber heute passt mir das überhaupt nicht. »Ich hab eigentlich gar keinen Hunger«, schwindle ich. »Und in der Schule kann ich auf keinen
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