Freddie 03 - Wann heiraten wir Freddie
übrigbleibt, nicht wahr? Ich werde eben einfach drei Stühle zusammenrücken und mich so behelfen.«
Dem Bahnwärter indessen war plötzlich ein anderer, noch viel großartigerer Gedanke durch den Kopf geschossen, und er war richtig hingerissen davon, so daß sein Gesicht vor Freude strahlte. »Das müssen Sie gar nicht tun«, erklärte er. »Ich weiß, was Sie nehmen können. Oben im Dach is ’ne Zeltbahnbare, und die ist besser als Stühle.«
Freddie erschrak. Was tat eine Zeltbahnbahre im Dach? Sie echote benommen: »Im Dach?«
»Wenn ich Dach sage, mein’ ich, sie ist unter der Decke in der Gepäckaufbewahrung aufgehängt. Ist jetzt schon fast ein Jahr hier. Niemand hat sie bisher reklamiert, und die Fracht ist auch noch nicht bezahlt, deshalb haben wir sie zwischen die Sparren gehängt, um erstmal abzuwarten. Ich hol’ sie jetzt gleich ’runter und schlag sie hier auf, und Sie haben sicher ’nen Mantel und ’ne Decke dabei und vielleicht noch ein paar warme Sachen in Ihrem Koffer. Damit werden Sie sich bis morgen früh ganz wohl fühlen, wie, Fräuleinchen ?« Er war rührend in seinem Eifer, und Freddie fühlte sich verpflichtet, ihm begeistert zuzustimmen. Das war eine grandiose Idee. Natürlich würde sie sich ganz wohl fühlen, und er würde bitte so freundlich sein, und sie so gegen sieben herauslassen, nicht wahr?, und sie würde schon irgend etwas Vierrädriges auftreiben, das sie mit zur Stadt nehmen könnte. Danach würde sie dann frühstücken, in Winslow anrufen und rechtzeitig zum Zug wieder da sein.
»Das woll’n wir dann schon seh’n «, sagte er. »Hängt davon ab, in welcher Laune Mrs. Lorne aufwacht. Falls sie gut aufgelegt ist, werd ’ ich sie schon nach einer Kanne Tee und so fragen und mit ’rüberbringen, wenn ich komme. Erspart Ihnen die Fahrerei zur Stadt.«
Freddie war von Dankbarkeit erfüllt. Er war der freundlichste aller Menschen, und sie wußte sehr wohl, wie gräßlich schwer es ihm wurde, sie hier in dieser gottverlassenen Station allein zurücklassen zu müssen, denn er wiederholte ständig: mit der zugesperrten Tür und den Schlüsseln in seiner Tasche könnte sie sich geborgen fühlen wie eine Wanze im Teppich.
Der Vergleich erschien ihr unangenehm treffend, als sie der Bahre ansichtig wurde. Sie war sehr alt und starrte vor Schmutz, denn während eines Jahres hatte sich auf ihr ungehindert Staub ansammeln können, als sie in den Dachsparren hing. Trotzdem begrüßte sie begeistert ihre Ankunft und schüttelte sie mit dem Bahnbeamten zusammen aus. Staubwolken stiegen auf, und Freddies Mantel und Rock litten erheblich darunter, aber sie fand sie unvergleichlich viel besser als die Stühle und war fest entschlossen, sich nicht anzustellen. Sie war plötzlich entsetzlich müde geworden, und das Bedürfnis nach Schlaf überwältigte sie geradezu. Gemeinsam bauten sie die Liege im Warteraum auf, und der freundliche Bahnbeamte sagte: »Ich laß’ Ihnen meine Sturmlaterne da. Brennt wahrscheinlich vor Morgengrauen ’runter, aber bis dahin kann sie Ihnen ein bißchen Gesellschaft leisten.«
Anschließend ging er, sperrte die Tür von außen hinter sich ab, rief ihr fröhlich eine gute Nacht zu und versicherte ihr hoch und heilig, er wäre zurück, sobald sie aufwachte. Freddie suchte den kleinen Waschraum auf und wusch sich mit kaltem Wasser. Das Becken hatte viele Sprünge und war keineswegs übermäßig sauber, aber darüber wollte sie jetzt nicht nachgrübeln. Dann legte sie sich auf die schmale, knarrende Liege, von der noch immer Staub aufstieg, der sie ein wenig peinigte. Sie war todmüde und wollte schlafen.
Aber gerade das tat sie nicht, weil ihr plötzlich mit Schrecken einfiel, daß sie überhaupt nicht daran gedacht hatte, Angela auf irgendeine Weise zu verständigen. In der Station mußte es ein Telefon geben; wie auf jedem Bahnhof, dachte sie verworren. Und wenn nicht, hätte die Pension auf jeden Fall eins. Wie blöd von ihr, daß sie vergessen hatte, den Bahnbeamten zu bitten, für sie anzurufen. Sie war wütend über sich selbst. Stephen würde um Mitternacht am Zug sein und sich Sorgen machen, wenn er sie nirgends entdeckte. Und schlimmer noch: Angela würde einen schönen Schrecken bekommen, der ihr vielleicht sogar schadete. Was sie überhaupt nicht bedachte, war, daß Jonathan sich eventuell noch viel, viel mehr ängstigen würde, weil sie nicht ahnte, daß ihn eine gewisse Unruhe vielleicht dazu verleiten könnte, Stephen um ein Uhr früh
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