Frederikes Hoellenfahrt
haben wir noch gar nichts gehört.«
»Außer Schüssen«, mischte sich Michalk ein.
»Sie sind bewaffnet?«
»Ja«, fuhr Agnes Schabowski fort. »Khalid Georgieff, den Besitzer des BARocko, haben sie in seinem Büro erschossen. Eine der Geiseln aus dem Waschsalon liegt lebensbedrohlich verletzt im Krankenhaus.«
»Hört sich an, als befände sich das Gaststättenwesen im Krieg.«
»Ich sage ja: Mafia und neue Einflussgebiete. Geldwäsche. Drogen.«
»Hinweise auf die Identität der Schützen?«
»Keine. Nur übereinstimmend sagen die Zeugen, die Täter scheinen nicht alt, kaum der Pubertät entwachsen, picklig.«
»Was nicht gegen eine Mitgliedschaft in den Organisationen spricht, die im Diskokrieg kämpfen.«
»Ausländer? Sprachen sie mit Akzent?«
»Bei den kurzen Sätzen trauen sich die Zeugen keine Aussage zu. Sie könnten Ausländer sein. Russen. Albaner. Wir wissen einfach zu wenig. Und jetzt eilt die Zeit, keine zehn Minuten mehr bis zum Ende des Ultimatums.«
»Aber wir haben keine fünf Millionen.«
»Woher denn? Wir haben mit allen Ban ken gesprochen. So viel liegt hier gar nicht in den Tresoren. Wir müssen verhandeln.«
»Wenn sie sich darauf einlassen. Bislang sieht es nicht so aus.« Bruno Ehrlicher hatte sein Handy vor sich liegen und blickte darauf. »Soll ich sie anrufen?«
»Warten Sie, Ehrlicher. Was wollen Sie sagen?« Miersch hatte die Leitung im Suppengrün übernommen. Ehrlicher fügte sich, auch Agnes Schabowski.
»Dreihunderttausend haben wir bislang. Zu wenig.«
»Viel zu wenig. Darauf werden sie sich nicht einlassen. Nicht einlassen können.«
Agnes Schabowski überging die Argumente: »Das Auto steht hier. Ein VW. Rot. Drei Sender sind unauffällig an ihm installiert worden. Der Hubschrauber steht in Bereitschaft. Auf allen Dächern liegen Scharfschützen. Aber bei diesem Gewaltpotential sollte man nicht ohne hundertprozentige Sicherheit schießen. So ist das SEK von mir gebrieft.«
Konstantin Miersch hatte sich nicht in Agnes Schabowski getäuscht. Alle eingeleiteten Schritte entsprachen den Plänen. Alles bedenkend, nichts überhastet, das Leben der Geiseln immer im Vordergrund stehend. Jetzt stand die Übergabe nicht vorhandener Millionen bevor. »Wer fährt den Wagen und bringt den Koffer? Was geschieht mit den Geiseln? Wissen wir etwas über das Fahrziel der Täter?«
Alle schüttelten die Köpfe. Eine Kellnerin brachte ein Tablett mit frischem Kaffee und leere Aschenbecher. Miersch griff dankend zur Tasse. Die Tür wurde geöffnet. Ein Polizist sagte: »Ein Herr von der Bank.«
Ein Mann in Anzug, Krawatte und Hut eilte zu ihnen an den Tisch. Er sah aus wie Der Alte, und er sprach genauso. »Wer quittiert diese Auslagen? Ich kann nicht einfach so …« Damit schob er Geschirr und Laptops beiseite und öffnete seinen Koffer voll Geld. »Achthunderttausend. Mehr ging nicht. Wissen Sie, was mir das für Komplikationen …«
»Wir danken Ihnen«, ergriff Bruno Ehrlicher die Initiative. Die Kollegen nickten und zeigten keinerlei Freude.
»Zusammen eine Million einhunderttausend«, flüsterte Miersch. »Reicht bei weitem nicht aus.«
Der Mann von der Bank zuckte bedauernd mit seinen Schultern. »Mehr haben wir nicht auf die Schnelle …«
»Wir müssen mit ihnen reden.« Ehrlicher sagte es tonlos.
Miersch reagierte. »Sie sind der Ansprechpartner, habe ich das richtig verstanden? Und Sie sprechen immer mit Ihrer Frau am Telefon?« Konstantin Miersch wurde direkt. »Sie haben nie mit den Kidnappern persönlich gesprochen?«
»Nein.« In dem Moment klingelte Ehrlichers Handy.
»Geben Sie her!« Miersch griff nach dem Telefon. »Mit Ihrer Frau kann auch ich reden. Und ich habe im Gegensatz zu Ihnen die Einsatzleitung. Wie heißt Ihre Frau?«
»Frederike.«
Miersch drückte Empfang und sprach gehetzt. »Frederike, hier spricht Konstantin Miersch. Ich leite jetzt die Polizeiaktion hier. Lassen Sie sich um Gottes willen nichts anmerken. Ich spreche als Ehrlicher. Ich bin ab sofort Ihr Mann.« Der Direktor pausierte notgedrungen. »Keine Sorge. Ehrlicher bleibt in der Nähe. Nein, … noch nicht. Eine Million einhunderttausend … Für eine so große Summe ist die Zeit einfach zu kurz … Dauert mindestens einen Tag. Selbst dann sind die Millionen nicht sicher … Ja, ein vollgetankter, roter VW, wie befohlen … Wer soll ihn fahren?« Mierschs Gesicht versteinerte. »Wer?«
Alle Gesichter sahen ihn an, als erwarteten sie eine Offenbahrung.
3:00
»Fünf
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