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FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter

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Titel: FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Wittwer
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Gesichtszüge, sondern auch ihr Wissen und ihre Intelligenz beeindruckten ihn. Anneliese schwieg. Gerne hätte sie mit ihm weiter über das Gelesene diskutiert.
    Wenn ganz Deutschland zerstört und verheert werden wird, dachte sie, was ist dann mit meiner Heimat, meiner Stadt und dem Spruch über unserer Eingangstür: »Gott bewahre uns und dieses Haus …«? Was wird aus mir und meiner Familie werden? Werde ich je eine eigene Familie haben, eigenes Glück finden – vielleicht mit Benno Greve an meiner Seite? Was wird die Zukunft bringen? Leid oder Glück – oder beides zugleich?
    Kurz vor dem Mittagessen suchte Benno noch einmal Carl-Ulrich Stetter auf, um mit ihm über den Mordfall Emmerich zu sprechen.
    »Stadtschreiber Friese hat Ihnen zwar den Auftrag erteilt, die Sache aufzuklären, und der gesamte Magistrat hat dem nachträglich zugestimmt, aber geben Sie sich keinen Illusionen hin. Der Rat hat jetzt andere Sorgen, als den Tod eines Kaufmanns aufzuklären.«
    Benno nickte: »Das verstehe ich. Die Gerüchte reißen nicht ab, dass Tilly schon bald vor den Toren Magdeburgs stehen wird.«
    »Der letztes Jahr eingesetzte neue Rat verfolgt eine schwedenfreundliche Politik, statt wie bisher neutral zu bleiben, wie die Magistrate der anderen Hansestädte.«
    »Und wieso das?«
    »Das Volk will es so, und dafür hat der einstige Administrator des Erzstiftes, Christian Wilhelm, mit seinen Freunden gesorgt.«
    »Ja, ich habe mit Ihrer Gemahlin darüber gesprochen.«
    »Wenn wir jetzt nicht das Steuer herumreißen und Tilly mit einem satten Lösegeld zufriedenstellen oder ihm auch die Tore öffnen, dann wird es zur Katastrophe kommen.«
    Der Druckermeister hob hilflos seine Schultern und fuhr dann fort: »Aber die Leute sitzen alle auf ihren Geldsäcken und sind nicht bereit, auch nur einen Heller den Katholischen zu geben. Dass sie den lutherischen Glauben verteidigen wollen, halte ich nur für einen Vorwand. In Wirklichkeit geht es ihnen um ihre Taler und Dukaten. Aber die werden sie erst recht verlieren, wenn Tilly die Stadt mit Gewalt nimmt.«
    »Haben die alten Ratsherrn denn keinen Einfluss mehr?«, wollte Benno wissen.
    »Nur noch wenig. Es waren ja früher die Innungen, hauptsächlich die Brauherrn, die hier vorher das Sagen hatten.«
    Die Tür öffnete sich und Martha steckte ihren Kopf durch die Öffnung: »Das Mittagessen steht auf dem Tisch. Benno, möchten Sie mit uns essen? Es ist genug da, und Sie als Junggeselle werden sicherlich nicht selbst kochen.«
    »Vielen Dank! Ich nehme Ihre Einladung gerne an. Sie haben recht, ich gehe meistens im Wirtshaus essen, wenn ich etwas Warmes will, aber das ist mit der Zeit ganz schön kostspielig. Wenn ich einmal eine gut gehende Anwaltskanzlei habe, wird das kein Problem mehr sein.«
    »Dann sind Sie sicherlich längst verheiratet und werden von Ihrer Gattin bekocht.«
    Benno grinste: »Ja, das könnte ich mir vorstellen, sehr gut sogar.«
    Carl-Ulrich Stetter erhob sich und schob Benno zur Tür.
    »Kommen Sie, wenn es ums Essen geht, sollte man Frauen nicht warten lassen.«
    Diesmal saß die Familie im Speisezimmer. Der Tisch war mit Kristallgläsern, tiefen Tellern, Besteck und dampfenden Schüsseln bedeckt. Nachdem Meister Stetter ein Tischgebet gesprochen hatte, goss er angewärmten, gewürzten Wein in die Gläser. Seine Frau füllte in der Zwischenzeit die Teller mit süßem Püree und gezuckertem Gemüse und goss schließlich eine säuerlich schmeckende Soße darüber. Es war ein typisches Essen der Oberschicht, und Benno ließ es sich schmecken.
    Während sie aßen, fiel sein Blick auf die Wand neben der Tür. Dort hingen mehrere blank polierte Schwerter. Eines davon fiel ihm besonders auf. Es mochte etwa drei Braunschweiger Ellen lang sein und hatte einen kunstvoll geschmiedeten breiten Griff.
    Meister Stetter, der Bennos bewundernden Blick sah, erklärte: »Das ist ein alter Bidenhänder, ein Langschwert, das man mit beiden Händen führt. Man nannte es früher auch ›Gassenhauer‹, weil man damit in die Reihen der feindlichen Linien eine Gasse hauen konnte. Es zerschlägt ein normales Schwert, eine Rüstung oder auch ein Schild, ohne selbst Schaden zu nehmen.«
    »Eine gewaltige Waffe also«, sagte Benno anerkennend.
    »Ja, das kann man mit Recht sagen! Die Klinge wurde vom Schmied siebzigmal gefaltet und ist deshalb rasiermesserscharf.«
    Martha und Anneliese tauschten bedeutsame Blicke aus.
    »Jetzt ist er bei seinem Lieblingsthema«, meinte Anneliese

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