FreeBook Das Laecheln der Gerberstochter
wöchentlichen Nachrichtenblattes hatte die Meldung gebracht! Rosa blickte zum Himmel und sagte halblaut: »Danke lieber Gott!«
Dann las sie weiter: »Weil alle Nachforschungen des Advokaten Benno Greve im Sande verlaufen sind, wurden die Ermittlungen im Fall des ermordeten Kaufmannes Klaus Emmerich eingestellt. Es stehe außerdem nicht fest, so der Advokat, dass es sich überhaupt um einen Mord gehandelt habe. Klaus Emmerich könne auch aus Verzweiflung Selbstmord begangen haben, weil er laut seiner Gattin Berta Emmerich bei seinen Geschäften eine größere Summe Geld verloren habe. Nicht Menschenhand, sondern Flusskrebse und Fische wären sicherlich für die schrecklichen Entstellungen seiner Leiche verantwortlich. Außerdem gäbe es in diesen schweren Tagen des Krieges Wichtigeres als die Aufklärung eines angeblichen Mordes, so Benno Greve. Damit werde der Fall jetzt zu den Akten gelegt.«
Rosa atmete auf. Natürlich hatte sie immer noch Angst, der Mann könnte ihnen beiden etwas antun. Aber die Angst war jetzt nicht mehr beherrschend wie im ersten Augenblick.
Auch der Mörder musste durch das Nachrichtenblatt inzwischen schon mitbekommen haben, dass man ihm jetzt nicht länger auf den Fersen war.
Rosa grinste. Klar, diese Meldung war nur ein Ablenkungsmanöver gewesen! In Wirklichkeit würden sie weiter nach dem Burschen suchen. Gerade jetzt, wo sie ihn aufgescheucht hatten, würde Benno auf keinen Fall aufgeben. Dafür kannte Rosa den jungen Mann schon zu gut.
Nachdem sie ihn nicht gefunden hatte, war Rosa am Nachmittag zu Anneliese Stetter geeilt und hatte ihr erzählt, dass der Mörder nun Benno im Visier hatte. Sie wolle ihr keine Einzelheiten nennen, um sie nicht auch noch in Gefahr zu bringen. Dann hatte Rosa ihr von ihrem Plan erzählt, und Anneliese war sofort Feuer und Flamme gewesen.
Gemeinsam hatten sie dann diese Meldung verfasst und sie Druckermeister Albrecht Wolters gebracht, der das wöchentliche Nachrichtenblatt herausgab. Da der Mann Anneliese gut kannte, hatte er der Veröffentlichung dieser Meldung sofort zugestimmt.
Inzwischen hatte sie das Haus von Witwe Hagenbach erreicht. Sie wollte gerade an der Tür klopfen, als Benno heraustrat. Ohne ein Wort zu verlieren, fasste er sie am Arm, zog sie ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Dann nahm er Rosa in den Arm und küsste sie heiß und innig auf ihren Mund.
»Ich habe dich vermisst«, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Und ich habe dich gesucht! Wo warst du gestern?«
»Im Stadtarchiv.«
»Im Stadtarchiv? Was wolltest du denn dort?«
»Ich habe alte Bau- und Stadtpläne durchstöbert, ob es nicht einen Hinweis auf die unterirdischen Gänge und Tunnel gibt.«
»Und, hast du etwas gefunden?«
Rosa blickte Benno gespannt an.
»Leider nicht. Die Gänge müssen schon steinalt sein und aus einer Zeit stammen, als man nicht alles aufgezeichnet hat.«
»Schade«, sagte Rosa ein wenig enttäuscht, »mein Vater und ich wollten dich nämlich fragen, ob du nicht im Stadtarchiv nach Unterlagen über Geheimgänge in Magdeburg suchen könntest.«
»Schon geschehen, meine Liebe. Leider aber ohne Erfolg.«
Benno wollte sie wieder küssen, schien aber zu spüren, dass Rosa etwas auf dem Herzen hatte.
»Du wolltest mir etwas Wichtiges erzählen, nicht wahr?«
Rosa blickte ihn erstaunt an: »Woher weißt du das?«
»Nun ja, als Advokat muss man schon ein bisschen Menschenkenntnis besitzen, sonst kann man nicht wirklich erfolgreich arbeiten.«
Doch dann beeilte er sich noch hinzuzufügen: »Aber keine Angst, liebste Rosa, Gedankenlesen kann ich nicht. Deine kleinen Geheimnisse sind auch vor mir sicher.«
Rosa lächelte ihn entwaffnend an.
»So schlimm wäre es nicht für mich, wenn du sie kennen würdest. Schließlich kann ich dir vertrauen.«
Er küsste sie zärtlich auf den Mund: »Ich liebe dich, Rosa Münkoff.«
Er fasste sie an ihren Schultern und fragte: »Also, was wolltest du mir erzählen?«
Ohne Punkt und Komma sprudelte nun alles aus Rosa heraus. Sie war erleichtert, dass sie endlich über das reden konnte, was sie die letzten Stunden beschäftigt und belastet hatte. Benno starrte sie mit großen Augen an, während sie über die Kaiserfiguren sprach, die unverhohlene Morddrohung und den fingierten Artikel, den sie und Anneliese für das Nachrichtenblatt aufgesetzt hatten.
»Hier ist die Meldung, die heute erschienen ist«, sagte Rosa schließlich und hielt ihm das Blatt Papier hin, das sie von der Straße aufgelesen
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