FreeBook Die tote Unschuld - Soko Hamburg Bd 1
entfernte er sich winkend, mit der Zigarre im Mund und seinen beiden Leibwächtern im Schlepptau.
Heike konnte förmlich das Poltern des großen Steins hören, der ihr vom Herzen fiel. Das Gespräch hatte ihr ungeheuren Auftrieb gegeben. Es war erleichternd, dass sich nicht jeder ihrer Vorgesetzten so leicht einschüchtern ließ wie Dr. Magnussen.
»Du kannst ja gar nicht mehr aufhören zu grinsen«, sagte Georg, der sich nun wieder zu ihr gesellte. »Dieser alte Knabe muss dich ja ganz ungeheuer beeindruckt haben.«
Heike hob die Augenbrauen.
»Das klingt ja fast eifersüchtig!«
»Manche Frauen haben eben eine Schwäche für reifere Männer mit grauen Schläfen. Ich muss zugeben, dass dieser Zigarrenraucher nicht übel aussieht. Außerdem ist er gewiss ein bedeutender Mann, wenn er hier mit zwei Leibwächtern auftritt.«
»Wenn es dich beruhigt: Dieser Herr ist der Innensenator der Stadt Hamburg, also mein höchster Vorgesetzter. Und wir mussten gerade eine wichtige dienstliche Angelegenheit besprechen. So wie du gerade mit deinem Kollegen ebenfalls etwas Geschäftliches durchgehen musstest.«
»Diesen Seitenhieb habe ich wohl verdient«, seufzte Georg mit gespielter Verzweiflung.
»Nun schneide doch kein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Davon haben wir hier in Hamburg schon genug!«
Lachend stellte sie sich auf die Zehenspitzen und drückte Georg einen Kuss auf die Wange. In diesem Moment erblickte sie über seine Schulter hinweg Marius Evermann. Er stand in ungefähr sechs Metern Entfernung zu ihr. Zwischen ihnen waren Gruppen von plaudernden anderen Gästen.
Dennoch erkannte Heike den nackten Hass in seinem Blick!
Für einen Moment wurde ihr mulmig zu Mute. Doch von solchen Gefühlen hatte sie sich in ihrem Dienstalltag noch nie irritieren lassen. Angst konnte man ruhig einmal haben. Auch eine Polizistin war schließlich ein Mensch und keine Maschine. Die Furcht durfte sie nur nicht davon abhalten, ihre Pflicht zu tun.
»Was ist mit dir?«, fragte Georg. »Du bist auf einmal so ... seltsam.«
Heike lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
»Ich bin nur eine einfache Deern aus Hamburg-Barmbek. Dieser Prominenten-Auftrieb ist gewöhnungsbedürftig für mich.«
»Du bist trotzdem die schönste Frau hier.«
Heike blickte Georg in die Augen. Und sie sah, dass er es ernst meinte. Für ihn war sie wirklich die schönste Frau unter all diesen prominenten Damen der Kauffahrer-Gesellschaft.
»Wie lange musst du denn hier bleiben, bevor du dich unauffällig aus dem Staub machen kannst?«, fragte Heike betont unschuldig. Sie strich mit ihrem Zeigefinger an Georgs Smoking-Revers hinab.
»Nicht allzu lange, hoffentlich«, schmunzelte er. »Ich bin ja nur ein einfacher Bub aus Stuttgart, der einen Computer bedienen kann und den hier sowieso kein Mensch kennt.«
Heike und Georg blieben noch eine Weile. Sie erlebten ein Ritual mit, das der Kauffahrer-Gesellschaft gute Geschäfte und freie Fahrt auf allen Weltmeeren bringen sollte.
Sechs ältere Herren im Frack, aber mit mittelalterlichen Hüten stimmten einen Singsang an, wobei sie Fahnen schwenkten.
Georg verstand kein Wort. Heike ging es nicht viel besser, denn die Kauffahrer benutzten die Sprache des Jahres 1311.
Am Ende der kleinen Darbietung brandete tosender Applaus auf. Einige Herren pfiffen sogar schrill vor Begeisterung. Das war die Gelegenheit, um unauffällig zu verschwinden.
»So viel Temperament hätte ich den kühlen Norddeutschen gar nicht zugetraut«, sagte Georg, als sie draußen die milde Nachtluft genossen. Eine leichte Brise wehte von der Alster her.
»Du wirst dich noch wundern, wie leidenschaftlich wir sein können.«
Heike befeuchtete ihre Lippen mit der Zungenspitze. Sie empfing Georgs Kuss, nach dem sie sich gesehnt hatte. Doch ihre Lust auf diesen Mann war damit noch nicht gestillt. Es musste nun weitergehen.
»Fahren wir doch zu mir«, schlug sie mit heiserer Stimme vor. Anstatt zu antworten küsste Georg sie auf den Nacken. Und das war Antwort genug, wie Heike fand.
Sie fischte ihr Handy aus ihrem Abendtäschchen und bestellte ein Taxi. Es dauerte keine fünf Minuten, bis der Wagen vor dem Curio-Haus an die Bordsteinkante fuhr.
Heike und Georg stiegen ein. Die Kriminalistin nannte ihre Adresse. Im Fond des Mercedes küssten sie sich weiter. Heike fand es wunderbar, mit geschlossenen Augen durch ihre nächtliche Heimatstadt gefahren zu werden und dabei in den Armen eines aufregenden Mannes zu liegen.
Das Taxi hielt in der Isestraße. Heike gab ein
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