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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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Pressekonferenz
     zu erfahren, und was er da hörte, konnte seine Zweifel nur bestätigen.
    Der Kommissar fragte nach Angelini, und der Oberstaatsanwalt ließ ihn im Vorzimmer Platz nehmen, er würde ihn so bald wie
     möglich hereinrufen. Angelini ließ ihn über zwei Stunden lang warten, was Luciani geduldig, fast mit stiller Freude hinnahm.
     Wenn Angelini sich an einer so billigen |292| Art von Rache weidete, dann mußte er ziemlich im Schlamassel stecken, dachte Luciani.
    Er las aufmerksam eine Zeitung, die auf dem Sofa lag, betrachtete die Bilder an den Wänden und dachte an Rebuffos Worte. Aus
     der Nähe betrachtet waren die Gemälde tatsächlich häßlicher, in gewisser Weise aber auch humaner. Aus der Ferne konnten sie
     manchmal für einen Moment über ihren wahren Wert hinwegtäuschen; wie Bauern, die man gewaschen und in ein Festtagsgewand gesteckt
     hatte. Aus wenigen Zentimeter Entfernung sah man dagegen jedes Mißgeschick, jeden Neuansatz und die Pinselstriche, mit denen
     Fehler kaschiert werden sollten. Die unzulängliche Technik kam zum Vorschein, gleichzeitig aber auch das Engagement des Künstlers,
     die Liebe, die er hineingesteckt hatte, der Wunsch, den anderen etwas von sich, von seinen Gefühlen, mitzuteilen. »Wir alle
     sind nur ein Versuch«, dachte der Kommissar laut. »Wir alle sind Gemälde, die man lieber ganz hoch hängen sollte, fern vom
     Licht, denn wir alle haben etwas zu verbergen.«
    Er hätte am liebsten auch im Halbschatten gehangen, in einem eigenen Zimmer, ohne in Konkurrenz mit anderen Bildern zu treten.
     Aber in jedem Fall fühlte er sich überlegen, denn seine Fehler waren menschlich, dem begrenzten Talent des Malers geschuldet,
     aber sie waren nicht vergleichbar mit der Unaufrichtigkeit von Schiedsrichter Ferretti, mit dem pseudosnobistischen Getue
     der Witwe, mit Adelchis Hochmut oder Angelinis Arroganz. Und auch nicht mit dem Kollegen Valle, der auf Rebuffos Geld wartete,
     um sich nach Kuba aufzumachen.
    Luciani dachte wieder an den Satz, den er in einem Buch gelesen hatte: »Wie kann man ein mittelmäßiges Bild von einem Meisterwerk
     unterscheiden? Das ist ganz einfach: Man muß nur eine Million Bilder gesehen haben. Danach kann man sich nicht mehr irren.«
     Unter all den mittelmäßigen |293| und erbärmlichen Bildern, die er im Laufe der Jahre gesehen hatte, gab es ein einziges, unanfechtbares Meisterwerk: Sofia
     Lanni. Marco Luciani dachte, daß er sehr gerne ein Porträt von ihr gehabt hätte, für später, wenn alles vorbei wäre.
    »Nehmen Sie Platz, Herr Kommissar. Ich mußte Sie warten lassen, es war zuviel zu tun. Die Carabinieri haben mir an einem Tag
     mehr Material geliefert als ihr in zehn. Ich kann Ihnen nur ein paar Minuten gönnen.«
    Angelini hatte sich zur Begrüßung gleich den denkbar unangenehmsten Satz zurechtgelegt. Der Kommissar trat auf ihn zu und
     warf ihm von der Höhe seiner einssiebenundneunzig einen möglichst herablassenden Blick zu. Der Staatsanwalt kletterte rasch
     wieder auf seinen erhöhten Stuhl, während Marco Luciani sich vor den Schreibtisch setzte.
    »Worüber wollten Sie mit mir sprechen?«
    »Eigentlich wollte ich auch mit Doktor Delrio sprechen, aber man sagte mir, er sei nicht da.«
    »Ach ja. Eine böse Grippe, er ist seit ein paar Tagen zu Hause.«
    Der Kommissar grinste ein wenig. »So ein Pech. Für ihn, meine ich. Ausgerechnet jetzt, wo diese Wende eingetreten ist …«
    »Das ist auch Pech für mich, ich komme gar nicht zum Verschnaufen. Aber wir haben wenige Leute und müssen uns so durchwursteln,
     und so darf ich mit über sechzig noch einmal den Stellvertreter des Stellvertreters geben.«
    Marco Luciani quittierte diese Pointe mit keinem Lächeln. »Ich habe von der Geschichte mit Saggese erfahren. Aus der Zeitung.«
    »Und?«
    »Und sie überzeugt mich nicht die Spur. In der Rekonstruktion wimmelt es von blinden Flecken.«
    Angelini lächelte. »Wir haben den Journalisten ja auch |294| nicht alles gesagt. Einiges mußten wir für uns behalten: Potentielle Mittäter sollen nicht vorgewarnt werden. Aber die Rekonstruktion
     ist lückenlos und überzeugend, es fehlt nur noch das Geständnis, aber das ist eine Frage der Zeit.«
    »Und wenn Saggese nicht gesteht?«
    »Kein Problem. Wir haben einen Schlüsselzeugen.«
    »Ja, klar. Und darf ich fragen, wer das ist?«
    »Fragen dürfen Sie. Aber seien Sie mir nicht böse, wenn ich die Antwort schuldig bleibe. Nicht daß ich kein Vertrauen zu Ihnen
     hätte, aber

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