FreeBook Nomenclatura - Leipzig in Angst
gesellten sich zwei weitere zivilgekleidete Kollegen dazu, man fuhr gemeinsam in die Tiefgarage.
„Wen suchen wir?“, fragte Engler, an Minkwitz gewandt.
Einer der beiden Begleiter reichte Engler eine frische Farbkopie. „Emanuel Müller, geboren am 18. August 1983 in Leipzig. War zuletzt in der Frankestraße 12 angemeldet, im Einwohnermeldeamt abgemeldet seit einer Woche, hat sich bisher nirgends wieder angemeldet. Eins vierundachtzig groß, schwarze Haare, schlank, muskulös ... Kein Kontakt mit den Eltern, die wissen angeblich nicht, wo er steckt. Wollte noch mal Umschulen zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, durchlief daher ein einjähriges Praktikum in verschiedenen städtischen Amtsstuben. Könnte so Zugang zu den Daten der entführten Kinder erhalten haben.“
„Der sieht doch aber ganz vernünftig aus ...“, stellte Engler fest. „Kaum zu glauben ...“
„Was wir bis jetzt haben, sind Vermutungen, Toni. Der kann durchaus ganz vernünftig sein und mit der Sache absolut nichts zu tun haben.“ Minkwitz entriegelte sein Fahrzeug. „Wir bauen nur auf Vermutungen.“
Dreißig Minuten vergingen, bis der Golf in einer Seitenstraße in Möckern hielt. Die Kollegen besprachen noch die Vorgehensweise und trennten sich dann. Nur Minkwitz und Engler gingen zusammen in die Frankestraße. Hier standen dicht an dicht sanierte Häuser aus den sechziger Jahren. Die Haustür der Nummer zwölf war verschlossen.
„Da ist es, zweite Etage.“ Minkwitz berührte den Klingelknopf neben dem Schriftzug „Müller“. Noch einmal und noch einmal. Nichts tat sich.
Direkt neben der Tür öffnete sich ein Fenster, eine ältere Dame schaute heraus.
„Wohin wollen Sie denn?“
„Zu Herrn Müller. Ist der nicht da?“, fragte Engler.
„Scheint im Urlaub zu sein.“
„Im Urlaub? Also nicht weggezogen?“
„Nee, nee, warum sollte der Junge denn ausziehen? Wollte der das denn?“
„Nur eine Vermutung. Sie sind Frau ...?“
„Neumann. Wie bei Neumann dreimal klingeln. Was wollen Sie denn von dem?“
Minkewitz zuckte seinen Ausweis. „Wir sind von der Kripo Leipzig. Emanuel Müller gilt als vermisst, Frau Neumann. Wir müssten hoch in seine Wohnung. Gibt es vielleicht jemanden, der einen Zweitschlüssel hat?“
Die alte Neumann blickte lange auf den Ausweis. „Ach du liebe Güte, mein Gott, Werner! Mach mal de Tür auf!“, rief sie nun ins Zimmer. „Werner! Was machste denn?“
Ein krächzendes Summen signalisierte, dass die Tür entriegelt war. Engler drückte gegen den silbernen, kalten Knauf. Frau Neumann beeilte sich, vor den beiden Kriminalisten auf dem polierten Treppenabsatz zu stehen.
„Also, der Emanuel hat uns einen Schlüssel gegeben, für den Notfall sozusagen, ich hab auch hin und wieder bei ihm saubergemacht. Das ist ein ganz guter Kerl. Nur manchmal, da brachte der einen merkwürdigen Kumpel mit. Na ja ...“
„Was war denn das für einer?“
„Na ... weiß nicht, Herr ...“
„Minkwitz.“
„Herr Minkwitz. So vornehm und so, hätte den sein Vater sein können.“
„War er aber nicht?“
„Nee, der Emanuel hat doch ein großes Bild von seinen Eltern im Flur hängen. Die würde ich sofort erkennen. – Wieso sagen Sie vermisst?“
„Hat der was gesagt, dass er in den Urlaub fährt?“, fragte Engler. „Hat er erzählt, wohin?“
„Nee, dass isses ja grade. Der hat nichts gesagt ... Wie sind wir nur drauf gekommen? – Ach, ja. Werner, das is mein Mann, der hat gemeint, der Emanuel ist bestimmt in Urlaub gefahren. Last Minute, hat er gesagt.“
„Wann waren Sie denn das letzte Mal oben, in der Wohnung?“
Die alte Neumann kratzte sich ihren üppigen Wangen. „Na, so drei Wochen isses bestimmt her.“
„Und wann haben Sie Herrn Müller zuletzt gesehen?“
„Am Freitag. Als der zum Sport und in seine Sauna ging. Da ist der jeden Freitag hin, so gegen Abend. Und Samstag ist er Mittag heimgekommen. Jede Woche, und hat dann bis Sonntagfrüh durchgeboft.“
„Ein Auto hatte der doch nicht?“
„Nee, der is immer mit der Bimmel los. – Werner, du, die Polizei is hier! Komm doch mal endlich! Und bring den Schlüssel von Herrn Müller mit!“
„Warte mal noch“, meinte Minkwitz zu Engler. „Bin gleich wieder da.“ Der Kommissar ging aus der Haustür, stellte aber einen Fuß in den Türspalt, damit die nicht zugehen konnte. Über Handy verständigte er sich mit den Kollegen der K 3, Spurensicherung. Die versprachen, in Kürze vor Ort zu
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