freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman
dich selbst quälst, glaub mir.«
»Es sind diese Bilder, Urd«, sagte er. »Sie werden deutlicher, und ich … bin nicht mehr sicher, ob es wirklich nur Träume sind. Vielleicht sind es Erinnerungen.«
Das spöttische Funkeln in ihren Augen erlosch, und sie setzte sich weiter auf. Ihre Hand kroch erneut zu ihm hin und schloss sich um seine Finger, aber es war jetzt wieder die alte Urd. Ihre Berührung spendete Trost. »Wäre das so schlimm?«
»Das kommt darauf an, wer ich wirklich bin«, antwortete er. »Vielleicht würdest du den anderen Thor nicht mögen.«
»Unsinn.«
»Die Einherjer, Urd«, sagte er. »Ich habe sie gesehen.«
»Odins Krieger?«, wiederholte sie. Es war ihm unmöglich zu sagen, wie diese Worte gemeint waren. »Die Wächter von Gladsheim. Es heißt, sie wären unbesiegbar.« Einen winzigen Moment lang kehrte das schalkhafte Glitzern noch einmal in ihre Augen zurück. »Sollte ich mir vielleicht wünschen, dass einer von ihnen hier wäre, statt deiner?«
»Ich war dort«, beharrte Thor. »Ich war in Gladsheim und habe mit Odin und den anderen an seiner Tafel gesessen.«
»Du warst in Walhall?« Wenn die Bewunderung in ihrem Blick geschauspielert war, dann perfekt. Nur einen Moment später wurde ihr Stirnrunzeln jedoch nur noch einmal tiefer. »Aber heißt es nicht, dass nur die Toten einen Platz an Odins Tafel finden? Obwohl ich mich im Moment beinahe frage …« Ihr Blick verharrte demonstrativ auf der Decke, die auf seinem Schoß lag, und sie bemühte sich um ein enttäuschtes Gesicht.
Gegen seinen Willen musste Thor nun doch lachen, zog sie an sich und küsste sie, schob sie aber fast sofort wieder ein Stück von sich fort, als sich ihre Hände erneut selbstständig machen wollten. »Und was, wenn dir der Mann nicht gefällt, der ich wirklich bin?«, fragte er.
»Zeig mir eine Frau auf dieser Welt, die keinen Gefallen an einem Gott finden würde«, antwortete Urd.
»Vielleicht sind die Götter ja nicht das, wofür ihr Menschen sie haltet.«
»Ich kenne wenige, die die Götter wirklich für gut halten«, antwortete Urd, während sie ihn näher an sich heranzog und seine Mundwinkel zu küssen begann. »Ist es nicht die Bestimmung der Götter, die Furcht in den Herzen der Menschen zu wecken?«
Sein Verstand beharrte darauf, sich aus ihrer Umarmung freizumachen und sie weiter mit so belanglosen Dingen wie der Rettung der Welt oder zumindest dieses Tales samt all seiner Bewohner zu langweilen, aber was konnte sein Verstand schon gegen das ausrichten, was ihre Zunge mit seinem Mund zu tun begann? »Ein Grund mehr, sich nicht mit mir einzulassen«, brachte er mühsam heraus.
»Selbst wenn das stimmen sollte, käme diese Einsicht ein bisschen zu spät für mich«, sagte sie. »Außerdem redest du schon wieder Unsinn. Gib acht, dass das nicht zu einer schlechten Angewohnheit wird. Ich werde bestimmt keine Angst vor dir haben.«
»Vielleicht kennst du mich ja weniger, als du glaubst.«
»Das könnte sein.« Urd versetzte ihm einen so überraschenden Stoß, dass er nach hinten und zurück auf das Bett fiel und schwang sich in derselben Bewegung rittlings auf ihn, in der sie die Decke von seinem Schoß fegte. »Und wo du es gerade sagst: Vielleicht sollte ich mich davon überzeugen, dass du tatsächlich immer noch der bist, für den du dich ausgibst.«
Die Tür ging auf, und eine schlanke Gestalt in einem Kapuzenmantel trat ein, gab einen überraschten Laut von sich und stockte noch bevor sie auch nur den ersten Schritt zu Ende gemacht hatte. Urd glitt mit einer erschrockenen Bewegung von ihm herunter und zog die Decke über sich, und auch Thor fuhr hoch, wenn auch nicht so schnell wie der unbekannte Eindringling, der auf dem Absatz kehrtmachte und schon wieder aus dem Zimmer war, noch bevor er auch nur sein Gesicht erkennen konnte. Immerhin meinte er, eine Frau gesehen zu haben, und auch die Stimme, die einen Moment später von draußen hereindrang, passte zu diesem flüchtigen Eindruck. »Bitte verzeiht. Ich … warte dann lieber unten.«
»Wer –?«, murmelte Urd.
Thor war bereits auf den Füßen und halb bei der Tür, bevor sie das Wort ganz zu Ende gesprochen hatte. »Bleib hier«, sagte er.
Die vermummte Gestalt war schon bei der Treppe und auf der zweiten Stufe nach unten, als er aus dem Zimmer trat. Hier draußen war es noch dunkler, sodass er jetzt nur noch einen undeutlichen Schatten erkannte, aber er war jetzt sicher, dass es sich um eine Frau handelte.
»Warte!«, rief
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