Freibeuter der Leidenschaft
vertrauen. Ich werde Ihre Zukunft absichern, Amanda, ehe ich England verlasse. Das ist ein Versprechen.“
Amanda starrte ihn an, offenbar unsicher. Sie flüsterte: „Ich vertraue Ihnen. Aber was, wenn Mama mich so ansieht wie diese Kuh auf Windsong? Wie sie alle es tun?“
Er erstarrte. Es wird Lady Belford sehr leid tun, dachte er finster, wenn sie ihre Tochter von oben herab ansieht. „Ich kann nicht in die Zukunft sehen, aber wir können alles in unserer Macht Stehende tun, um das Glück zu unseren Gunsten zu wenden. Während der nächsten vier Wochen müssen Sie sehr hart arbeiten, und ich werde Sie durch die Begegnung mit Ihrer Mutter führen. Ich denke, zusammen können wir dieses Treffen zu einem Erfolg werden lassen. Ich habe vor, meinen Teil einzuhalten, und Sie müssen Ihren einhalten.“
Sie biss sich auf die Lippe. „Ich werde es versuchen. Aber ich habe nicht Ihr Selbstvertrauen. Ich wünschte, ich hätte es.“
Er lächelte.„Dann werde ich genug Vertrauen für uns beide haben.“ Er wurde ernst. „Amanda, sie ist Ihre Familie. Ich bin die meiste Zeit als Kaufmann unterwegs, und in der übrigen Zeit als Kaperfahrer. Außerdem bin ich unverheiratet. Sie können nicht mit mir segeln. Es ist einfach unmöglich.“
Sie wandte sich ab. „Warum nicht? Sie machen, was Sie wollen, oder? Jeder weiß, dass Sie nichts und niemandem gehorchen.“
Unglücklicherweise hatte sie recht. Er zögerte. „Mein Leben wäre ganz anders, wäre ich kein Exzentriker“, sagte er finster und meinte es ernst. „Das macht es sehr schwer, wirkliche Nähe zu empfinden. Ich bedaure nichts, aber auf lange Sicht ist es besser, sich einzufügen.“
„Aber auch ich bin nicht wie alle anderen“, flüsterte sie und sah ihm in die Augen.
Wir sind beide Außenseiter, dachte er. „Ihr Schicksal liegt in Belford House, meines auf hoher See. Wir sind ganz verschieden.“ Er setzte sich neben sie auf das Bett, erschüttert über die Erkenntnis, wie viel sie gemeinsam hatten. „Also? Haben wir uns auf einen Plan geeinigt?“
Sie zögerte, bevor sie langsam nickte. „Ich will versuchen, meine Manieren zu verbessern. Aber ich bin nicht so hoffnungsvoll wie Sie.“
„Ich weiß, es wird Ihnen gelingen“, versprach er. „Amanda, ich werde Sie nicht im Stich lassen“, hörte er sich hinzufügen.
Sie schien überrascht zu sein. Genau wie er.
Amanda war erschöpft. Fünf ganze Tage hatte sie mit ihren Lektionen verbracht. Nun, da sie sich entschieden und de Warenne ihr Wort gegeben hatte, wollte sie sich mit aller Kraft dem Erlernen feiner Manieren widmen. Sie war beinahe überzeugt, dass sie niemanden täuschen würde, aber sie hatte ein Bild vor Augen, das sie nicht vertreiben konnte. Darin sah sie eine junge Frau ohne Gesicht, in schönen Kleidern, die sich müehlos mit großer Anmut bewegte. Diese Frau trank Tee mit ihrer Mutter in einem Garten voller blühender Rosen, diese Frau wurde in London herumgeführt von einem gut aussehenden schneidigen Bewunderer: einem Gentleman, der eine verdächtige Ähnlichkeit mit Clive de Warenne hatte.
Sie verabscheute die Etikette nicht so sehr, wie sie es erwartet hatte, obwohl sie es hasste, dass sie so ungeschickt und unbeholfen war und ihre Bemühungen so komisch wirkten. Sie konnte sich nicht mühelos in den langen Röcken des Kaftans bewegen, den man ihr gegeben hatte, ohne auf den Saum zu treten oder über ihre eigenen Füße zu stolpern. Und wenn sie nicht stolperte, vergaß sie, kleinere Schritte zu machen. Einmal, als sie sich in Röcken wie ein Junge bewegte, hatte Alexi gebrüllt vor Lachen. Gemeinsam mit Anahid, Ariella und Michelle hatten sie Alexi fortgejagt, und später hatte sie erfahren, dass de Warenne Alexi für sein Gelächter bestraft hatte – er musste an einem Tag zwei Aufsätze schreiben, einen auf Latein und einen Brief, in dem er sich entschuldigte. Sie fühlte sich in dem Kleid so unbehaglich, dass sie fürchtete, sich niemals daran gewöhnen zu können. Wenn sie nicht einmal so gehen konnte wie die Damen in Kingston, wie sollte sie dann jemals tanzen lernen? Und jetzt, am fünften Tag, war Amanda verzweifelt. Würde sie anmutig genug sein, um irgendjemanden zu täuschen?
Sie hatte solche Angst, sich vor der Gesellschaft und vor de Warenne in eine peinliche Situation zu bringen. In gewisser Weise hatte sie von Anfang an gewusst, dass sie nicht als Piratentochter durch die Tür ihrer Mutter gehen konnte. Das würde mehr Mut erfordern, als sie
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