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Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)

Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)

Titel: Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Löwen
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grüßte der Butler fröhlich, als Kepler zum Wagen ging.
    "Mit dir rede ich noch", versprach Kepler ihm im Vorbeigehen drohend, woraufhin Matis ihn verdutzt und erschrocken ansah.
    Kepler kümmerte es nicht. Er stieg ein und der Rover setzte sich in Bewegung.
    Khayelitsha bedeutete auf Xhosa unser neues Zuhause , obwohl die Menschen während der Apartheid zwangsweise hierhin umgesiedelt wurden. Die Township lag knapp fünfunddreißig Kilometer von Kapstadts Zentrum entfernt und war nach Soweto bei Johannesburg die zweitgrößte Südafrikas. Mittlerweile lebten hier nahezu anderthalb Millionen fast ausschließlich Schwarze.
    D as riesige Gelände war in sechsundzwanzig Bezirke eingeteilt, die mit Buchstaben bezeichnet wurden, die Gassen hatten keine Namen, die Behausungen nur Nummern. Zwischen den ärmlichen Hütten aus Holz oder Wellblech, Shacks in hiesigem Slang, gab es einige Steinhäuser, die nicht einmal verputzt, geschweige denn wärmegedämmt waren. Die Steine für diese Häuser, für die es ellenlange Wartelisten gab, wurden von der Regierung kostenlos zur Verfügung gestellt, aber Installationen, Fenster und Türen mussten sich die Menschen irgendwie selbst beschaffen. Einige Teile von Khayelitsha hatten weder Strom noch fließendes Wasser. Wer das und ein Klohäuschen vor der Hütte hatte, gehörte zur Luxusschicht, obwohl Strom und Wasser kostenlos waren. Einerseits ein Segen, war das andererseits ein Fluch – weil es nichts kostete. Es wurde verschwendet und für Reparaturen bei Defekten fehlten Geld, Wissen und Motivation.
    Es gab viele Kinder. Sie waren kaum bekleidet und spielten auf Spielplätzen, die aus Autowracks und Müllhaufen bestanden, mit Dingen, die andere nicht mehr brauchten. Kepler konnte von seiner momentanen Warte die Beweggründe nicht nachvollziehen, Kinder in die Welt zu setzen, zumal die Regierung kostenlos Verhütungsmittel verteilte. Jeder fünfte Südafrikaner war HIV-positiv, aber auch ohne die Krankheit erschien es ihm sinnlos. Mittlerweile erhielten zwar alle Kinder einfache Schulbildung, aber Hochschulbildung war für die meisten in Khayelitsha zu teuer. Mangelnde Qualifikation der schwarzen Bevölkerung gehörte zu den Hauptproblemen südafrikanischer Wirtschaft. Ohne Bildung waren die Menschen verdammt, ihr Leben nahezu ausweglos in Townships mit hoher Arbeitslosigkeit, ärmlichen Lebensverhältnissen und hoher Bandenkriminalität zu verbringen, zu resignieren und aufzugeben.
    Jeder zweite Bewohner de r Township war arbeitslos. Die, die Arbeit hatten, verdienten zwanzig bis vierzig Rand am Tag, hundert bis hundertfünfzig Euro im Monat, und das mit Arbeiten, die in Europa jeder selbst machte, wie Tanken, Staubsaugen oder im Supermarkt Obst und Gemüse abwiegen und den Codeaufkleber auf die Tüte kleben.
    Von Matis wusste Kepler, dass Soraja das Fünffache des Lohnes eines ungelernten Schwarzen verdiente, mit einer Arbeit, die besser angesehen war. Und Soraja war noch nicht lange bei den Galemas, sie war eine entfernte Verwandte des Gärtners, Rebecca hatte sie auf sein Bitten hin eingestellt. In einigen Jahren würde Soraja ein Gehalt haben, das vielen in diesem Slum astronomisch vorkommen würde, wie ein unerreichbarer Traum.
    Manche Soziologen behaupteten, dass viele Schwarze den christlichen Gla uben nur angenommen hatten, weil sie damit die Hoffnung auf den Wohlstand verbanden, wie es ihn in den christlichen Industrieländern gab.
    Trotz allem strahlten viele Menschen in Khayelitsha Lebensfreude und Zuversicht aus. Einiges davon resultierte aus den Verbesserungen, die es seit dem Ende der Apartheid gab. Das meiste aus Hoffnung.
    Die Nöte konnte Kepler nachvollziehen, die Lebensfreude nicht. Und genau das war das Afrika, dem sein Herz gehörte.
    Aber eine Frau und ein Kind zu missbrauchen, das war nicht afrikanisch, sondern einfach nur schlecht. Das konnte er weder nachvollziehen noch hinnehmen.
    Der schwarzglänzende Rover erregte kein großes Aufsehen, mittlerweile veranstalteten Reiseunternehmen geführte Touren durch die Townships. Alleingänge, besonders mit Kameras und anderen Accessoires behängt, blieben für die Touristen nach wie vor gefährlich.
    Ngabe fand relativ schnell den richtigen Bezirk, aber nicht den Abschnitt. Er hielt neben einem roh aus Palettenresten gezimmerten Tisch an, auf dem Lebensmittel verkauft wurden. Ngabe stieg aus, warf einen Blick auf das Fleisch, das ohne Kühlung in der sengenden Sonne lag, und scheuchte unwillkürlich die Fliegen

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