Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
beunruhigen.
"Trotz allem war es immer noch ein Mensch", sagte er unschlüssig. "Macht es Ihnen Spaß? Oder ist es Ihnen gleichgültig? Ich habe gehört, dass viele Soldaten keine Hemmschwelle zu töten haben, dass sie es ohne nachzudenken tun." Er machte eine Pause. "Wenn dem so ist, dann habe ich Angst vor Ihnen."
"Vielleicht ist es gar nicht schlecht , Sir. Sie wollten mich auch als Ermahnung haben", erinnerte Kepler ihn und dachte nach. "Wenn man gegen Gewehrfeuer anrennt, während neben einem die Kameraden fallen, wird mancher zur Bestie. Ich nicht, ich kann mich wirklich gut beherrschen und ich überlege immer was ich tue – und warum." Er machte eine Pause. "Freude habe ich am Töten nie gehabt, und Gleichgültigkeit wäre noch schlimmer als Freude. Ich empfinde höchstens Genugtuung. Wäre es anders, hätte ich Angst vor mit selbst." Er schwieg kurz. "Und in diesem Fall hätten Sie vielleicht genauso gehandelt."
" Eher nicht", antwortete Galema nachdenklich. "Nicht nur die Entscheidung ist schwierig, wie notwendig sie auch war. Mit den Folgen solcher Entscheidungen zurechtzukommen ist auch schwer. Der Unterschied zwischen uns beiden ist, dass Sie mit so etwas zurechtkommen können." Er sah Kepler schief an. "Waren Sie schon immer so kalt und berechnend?", interessierte er sich.
Matis kam herein und stellte ein Tablett mit einem Eiskübel, Gläsern, einer Flasche Whiskey und drei Dosen Bier auf den Tisch.
Kepler wartete, bis der Butler wieder gegangen war.
"Ja, Sir." Er lächelte leicht, als er Galemas Gesicht sah. "Aber das liegt daran, dass ich Indolenz habe. Das ist ein hochtrabender Name für Stumpfsinn", erklä rte er den Begriff. "Ich weiß im Prinzip, wie ich fühlen muss, aber ich tue es nur bedingt. In den letzten Jahren noch weniger, ich kann nur noch denken."
Er nahm eine Dose, auf der sich Kondensat gebildet hatte, und öffnete sie. Einen Augenblick später griff Galema zu der Zange, legte zwei Eiswürfel in ein Glas, goss ein und wartete, bis Kepler die Bierdose absetzte.
"Aber die Krankheit kann Ihnen nicht sagen, wie Sie fühlen müssten", wandte er ein. "Woher weiß Ihr Ve rstand, dass Thembeka zu retten gut war?"
"Meine Oma hat mir beigebracht was gut und was schlecht ist", antwortete Keple r. "Sie benutzte die Bibel, um das zu definieren. Diese Wahrheiten sind simpel, aber absolut."
Galemas Blick wurde skeptisch.
"Ich habe gute Männer gesehen, die so etwas mit der Zeit vergaßen."
" Ich auch. Aber ich habe ein gutes Gedächtnis."
" Das macht Sie immun? So richtig christlich kommen Sie mir nicht vor."
"Das bin ich auch nicht. Aber ich habe trotzdem Gottesfurcht."
"So einfach ist das?"
"So einfach ist das."
Gale ma blickte ihn nachdenklich an.
"Darf ich eine persönliche Frage stellen?"
"Bitte."
"Wie können Sie dann töten?"
"Das habe ich auch gefragt – als Oma mich zur Armee schickte", antwortete Kepler. "Sie wollte eigentlich nur, dass ich Disziplin und Achtung vor Autorität lerne, sie dachte nicht, ich würde je Krieg führen, sie dachte, ich würde ihn lediglich spielen. Ich sagte ihr damals, sie solle die Ausflüchte sein lassen." Er lächelte. "Sie holte die Bibel. Oma und dieses Buch, die beiden hatten auf alles eine Antwort." Er wurde wieder ernst. "Sie las mir eine Stelle vor, wo Soldaten Johannes den Täufer fragten, wie sie als Gläubige leben müssten. Er antwortete, sie sollen ihren Dienst tun, sich mit ihrem Sold begnügen und keine Unschuldigen töten." Er richtete den Blick auf Galema. "Ich habe meine Legitimation."
Galema ahnte wohl genau, dass es nur die halbe Geschichte und auch die halbe Wahrheit war, und sah ihn misstrauisch an.
" Man kann sich sogar mit der Bibel für alles eine Entschuldigung basteln, egal ob es richtig ist oder nicht."
Kepler sah die Aufforderung in seinen Augen.
"Neunundneunzig war ich im Kosovo, wir hatten dort unter anderem die IFOR bei Verhaftungen von Kriegsverbrechern unterstützt. Einmal lagen mein Einweiser und ich auf einem Dach und sicherten drei Franzosen, die auf einen Verdächtigen lauerten. Die IFOR hatte ihn für einen kleinen Fisch gehalten, aber das war er nicht. Als sie ihn stellten, machte er keine Zicken, und wir dachten, alles wäre klar. Plötzlich sahen wir zwei Männer näher kommen, sie griffen in ihre Jacken und zogen Pistolen raus, es war die Leibgarde des Skipetaren. Mein Einweiser wollte die Franzosen warnen, aber ich schätzte die Reaktionszeit als zu lang ein und schoss. Den ersten erwischte
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