Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
letzter Zeit gar nicht mehr gebraucht, der Wagen stand sich in der Tiefgarage die Reifen platt, aber er sprang sofort an.
Nico und seine Mutter wohnten auf der anderen Seite der Weser, im Stadtgebiet Neustadt. Kepler fuhr über die Bürgermeister-Schmidt-Brücke hin und setzte Nico an einem gepflegten kleinen Mehrfamilienhaus in der Nähe der Einkaufszone in der Pappelstraße ab.
Zurück fuhr Kepler einen größeren Umweg damit der Motor mal richtig warm wurde. Als er den Flughafen passierte, sah er ein Flugzeug starten. Es war ein kleiner Airbus der 320er-Reihe. Obwohl kein Kampfjet, sah die Maschine imposant aus. Kepler wünschte sich, mit ihr irgendwohin zu fliegen.
Aber wahrscheinlich flog sie bloß nach München, wo das Leben nicht viel anders als hier war, vom Dialekt einmal abgesehen.
E ine seltsame Aufregung erfasste Kepler, als er den Laptop startete und Katrins DVD einlegte. Während ACDSee sie öffnete, versank er in Erinnerung.
Die Nacht über der Savanne kam vor seine Augen. Katrin im weißleuchtenden Hemd in seinen Armen, die ewigen Sterne über ihnen, und der unverwechselb are würzige Duft von Afrika. Sogar der Geschmack von Merisa war in seinem Mund, und er wünschte sich sehnlichst und hilflos zurück dahin, wo die Sterne so hell leuchteten wie nirgendwo sonst auf der Welt.
Er fragte sich, wo Katrin jetzt wohl war und was sie tat, und vermisste sie plötzlich fürchterlich. Aber sie war weiter entfernt als die Sterne. Kepler schob die Gedanken an sie beiseite, klickte den Ordner an, und als die Aufforderung nach dem Passwort kam, tippte er Sirius ein.
Katrin war eine mehr als gute Fotografin, sie hatte die Fähigkeit, Bilder unbeobachtet zu schießen. Vielleicht benutzte sie sogar schiefe Objektive, damit sie versetzt zu ihrer vermeintlichen Blickrichtung fotografieren konnte.
Es war ein sonderbares Gefühl, sich selbst auf Fotos zu sehen, von denen er nichts gewusst hatte , bisher beschränkten sich Keplers Erfahrungen mit solchen Bildern auf die schwarzweißen Beweisdokumente der Verkehrsüberwachung.
Er sah sich in der Hütte das Gewehr putzen und wie er sich mit der Nubafrau unterhielt, beim Treten gegen den Reifen des störrischen Jeeps, beim Rasieren, beim Schießen auf dem Hügel. Er sah auch das Foto, das im Cosmopolitan abgedruckt war. Es war schon fast erschreckend, dass er nie gemerkt hatte, wenn Katrin ihn fotografiert hatte. Und noch mehr als von ihrem Können war er von ihrem Talent beeindruckt. Die Bilder weckten ein bittersüßes Verlangen in ihm, eine Erinnerung, die ihm fast entglitt, als er unbewusst lächelnd die Fotos ansah.
D as letzte ließ ihn alles um ihn herum völlig vergessen.
I n tiefem Stolz, eine wunderschöne Frau zu sein, stand Katrin nackt halb zur Kamera gedreht vor einem weißen Hintergrund, gegen den sich ihre braune Haut scharf abzeichnete, ihr linkes Bein war leicht angewinkelt. Sie blickte nicht in die Kamera, sondern zur Seite. Ihr Gesichtsausdruck war weich, als ob sie dort, wo auch immer sie hinblickte, etwas sah, das ihr eine leise Freude bereitete. Ein keimendes Lächeln umspielte ihre Lippen. Ihre linke Hand berührte leicht die Haare, die wie eine sanfte Woge über ihre Schultern fielen. Mit zwei Fingern der rechten Hand hielt sie am Kragen ein Hemd, als ob sie es gerade ausgezogen hätte und ablegen wollte. Katrin wirkte, als ob sie in der Bewegung aufgenommen worden wäre, gerade als sie sich zur Kamera drehen wollte, ihr straffer, auf die sanfte weibliche Art muskulöser Körper spannte sich gerade an.
Der weiße Hintergrund rückte immer mehr aus der Perspektive und ve rschwand allmählich. Und dann sah Kepler einen tiefblauen Sternenhimmel hinter Katrin und die im Mondlicht kräuselnden und schäumenden Kämme der Wellen eines warmen Meeres irgendwo da, wo es schön und friedlich war. Keplers Augen verloren sich in Katrins Gesicht. Das sanfte und sinnliche Bild weckte das Verlangen und die Erwartung, dass Katrin sich im nächsten Augenblick zu ihm drehen und ihn ansehen würde, und ob seiner Ehrfurcht lächeln.
Er vermisste sie, obwohl er sich mit dem Gedanken abgefunden hatte, dass sie nie wieder ein Teil seines Lebens sein würde.
Wenn er nach Hause gefahren wäre, als Jens ihm erzählt hatte, dass er nicht schuld am Tod der beiden Kriminellen war, dann...
Kepler brach den Gedanken ab und machte den Laptop aus.
20. Seit dem Frühling war in der Sportschule viel weniger los. Daijiro hatte Kepler erzählt, er würde es jedes Jahr
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