Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
völlig langweilig geworden, auf das Symposium hatte er überhaupt keine Lust.
Er verließ die Messe, nachdem er Daijiro gesagt hatte, dass er in die Stadt wollte. Sie verabredeten zu telefonieren, falls Kepler nicht rechtzeitig z urück war, und sich dann in der Stadt zu treffen.
Die Messe fand in der Nähe des Tiergartens statt. Bäume waren nichts Aufregendes, zumindest wenn man keine Zielübungen daran veranstaltete und einen Park hatte er auch zu Hause, deswegen beschloss Kepler, in die Innenstadt zu gehen. Er marschierte entlang der Unter den Linden, bis er auf dem Alexanderplatz ankam. Berlin gefiel ihm nicht, es war zu voll. Er lobte sich dafür, sich für Bremen entschieden zu haben. Außerdem kannte er sich in der Hauptstadt nicht aus, deswegen gefiel sie ihm noch weniger, obwohl das völlig irrational war.
Er war wie immer angezogen, er fühlte sich dadurch einfach besser. Zudem war es ein warmer Tag, die Sonne schien kräftig und seine Laune stieg plötzlich ohne ersichtlichen Grund. Dann wusste er, dass er sich auf Julia freute, und er wünschte sich, dass das Wetter so bleiben würde, wenn sie zurückkam. Sie würden hoffentlich nicht all zu viel Zeit draußen verbringen, der Sonnenschein tat einem auch in der Wohnung gut.
Es wäre nur besser, er würde sich nicht auf Julia, sondern auf Katrin freuen.
Kepler umrundete den Alexanderplatz . Spaßeshalber ging er in den Fernsehturm und machte einen Rundgang mit. Von der Panoramaetage aus besah er Berlin von oben. Die Stadt erstreckte sich fast bis zum Horizont und war übersät mit Baustellen. Trotz des eindrucksvollen Ausblicks fand Kepler wieder, dass Bremen besser war.
Im Turm herrschte ziemlicher Andrang, Massen von Touristen liefen hin und her, fotografierten und schnatterten aufgeregt. Kepler entschied, dass es zu ne rvenaufreibend sein würde, ins Telecafé zu gehen, nur um einen Kaffee zu trinken, großartige Aussicht hin oder her. Er fuhr wieder herunter.
Daijiro rief an, als Kepler schon wieder auf dem Messegelände war. Das Symposium war zu Ende und Daijiro wollte nach Hause. Auf der Fahrt berichtete er über die Themen der Konferenz, aber Neues war nicht besprochen worden.
Eine Inspiration hatte Daijiro von der Messe mitgebracht. Beziehungsweise, er hatte dort eine Firma gefunden, die kostengünstig Saunas baute. Nachdem der Schwertmeister etwas halbherzig Kepler zwei Übungen gezeigt hatte, verschwand er mit Marco in seinem Büro, um einen Erholungsbereich zu planen, den er in den beiden leeren Räumen der Schule einrichten wollte.
Kepler verspürte nicht mehr Lust als sein Lehrer, nach nur einer Stunde beendete er seine Übungen, duschte und ging zu Yokos Café.
Es gab draußen mehrere freie Tische. Kepler nahm an einem davon Platz und streckte sich im Stuhl aus, bis der nur auf den hinteren Beinen stand. Kepler setzte die Sonnenbrille auf, hob das Gesicht in die Sonne und entspannte sich.
Ein Schatten legte sich auf sein Gesicht und er öffnete träge die Augen, übe rlegend, was er essen wollte.
Dann schnellte er abrupt hoch. Er konnte nichts dafür – oder dagegen, seine Rechte schoss zu seiner Hüfte, wo die Glock sein sollte, und griff ins Leere.
D er Schwarze vor seinem Tisch streckte beruhigend eine Hand hervor, dann riss er die Sonnenbrille ab.
" Colonel, Sir", hörte Kepler seine fast vergessene Stimme, "ich bin es."
E r nickte angespannt. Er war froh, die Brille aufzuhaben und beobachtete die Hände des Afrikaners. Sein breites Lächeln nahm er kaum wahr. Dass sich sein Jackett unter der linken Schulter ausbeulte, schon.
" Salam, Massa", sagte er langsam.
S o schnell er konnte, sah er sich um.
A n dem Tisch links und leicht hinter seinem standen noch zwei schwarze Männer. Beide trugen Anzüge, Krawatten und Sonnenbrillen. Keplers Herz zog sich schmerzlich zusammen, wie am Flughafen in Kaduqli, als Katrin gegangen war oder als er die erste Handvoll Erde auf Omas Sarg hatte fallen lassen. Einer der Männer war Budi. Den zweiten kannte Kepler nicht. Sowohl dieser Mann, als auch Keplers ehemaliger Untergebener blickten zu ihm.
Massa machte den beiden ein Zeichen mit der Hand, und sie setzten sich.
"Dirk, was möchtest du?", hörte Kepler Yokos freundliche Stimme.
E r drehte den Kopf zur anderen Seite. Daijiros Frau stand mit einem leeren Tablett neben seinem Tisch und sah ihn erstaunt an. Wahrscheinlich, weil er mit Massa Arabisch gesprochen hatte.
" Einen Kaffee", antwortete Kepler. "Und einen Kuchen", verlangte
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