Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
wollen."
"Das letzte Dreivierteljahr war für mich sehr reich an Erkenntnissen", sagte Galema offen. "Mein Opa und mein Vater haben sich immer möglichst bedeckt gehalten, das war ihrer Meinung nach der wirksamste Schutz. Sie hatten Recht damit, aber ich bin in einer prekären Lage, Mister Kepler – die Zeiten ändern sich. Wenn wir früher mal Bodyguards gebraucht hatten, haben wir Dienste entsprechender Firmen in Anspruch genommen. Aber mein Instinkt sagt mir, dass mittlerweile permanenter Schutz die bessere Lösung wäre." Er machte eine Pause. "Ich hatte gerade die Teeplantage in Kenia gekauft – ich wäre sie genauso schnell wieder losgeworden, wenn Ihre Männer nicht dort gewesen wären. Kaum hatten sie für den Schutz der Plantage gesorgt, mussten sie auch Rebecca beschützen." Er seufzte. "Ich habe mir bei meinen Geschäften nicht viele Freunde gemacht, aber jetzt, da ich mich aus diesem Zirkus zurückziehe, scheint die Situation seltsamerweise zu eskalieren." Er machte wieder eine Pause. "Ich will die bestmögliche Sicherheit haben. Ich habe Ihre Männer eingestellt, weil sie mir gegenüber sehr loyal waren." Er sah Kepler in die Augen. "Das erklärt sich natürlich auch daraus, dass ich sie geschickt an mich gebunden habe", kam er Keplers Bemerkung zuvor, "aber auch daraus, dass sie einfach wirklich gut zu uns passen. Mein Opa hatte immer die Auffassung vertreten, dass die Leute, die für uns arbeiten, es nicht nur wegen Geld tun sollten, sondern auch zur Familie gehören – bis zu einem gewissen Grad natürlich. Wir stellen sehr selten und sehr sorgfältig neue Menschen in unsere privaten Dienste ein."
" Diese Einstellung ist für einen Kapitalisten irgendwie total absurd", sagte Kepler, "aber sie ist clever. Nur bin ich kein Familienmensch."
" Aber integer", erwiderte Galema. "Ich kenne Sie. Nicht lachen", gebot er. "Na gut, ich weiß viel über Sie. Sie waren Abudi gegenüber bis zum Schluss immer loyal. Genauso wie Ihren eigenen Prinzipien gegenüber, ich weiß, dass Sie mehr als einmal Ihr Leben riskiert haben, um Blutvergießen zu beenden. Und Ihre Männer haben mir erzählt, warum Sie Abudi getötet haben." Er sah Kepler direkt an. "Es gehört Mut dazu, so für seine Überzeugungen einzustehen. Ich kenne Sie noch nicht persönlich, aber ich denke, ich weiß, was für ein Mensch Sie sind. Und ich brauche an meiner Seite genauso jemanden. Zumal Sie resistent gegen den Reiz der Macht und des Geldes sind."
"Nicht ganz", gab Kepler zurück. "Ich lebe jetzt von dem Geld, das ich bei Abudi verdient habe. Ich habe es nicht darauf angelegt, es zu kriegen, aber ich habe viel getan, um es zu behalten."
Galema sah ihn einige Momente lang verdutzt an, dann lachte er schallend auf.
"Entschuldigung ." Er wischte sich die Augen trocken. "Mein lieber Mister Kepler, Sie haben meinen Glauben an diese Welt wiederhergestellt."
"Schade, dass die Welt so ist" , murrte Kepler.
" Stimmt." Galema nickte ernst. "Aber diese Tatsache sagt mir auch, dass Sie vielleicht ein Träumer, aber kein Utopist sind." Er lächelte. "Ich hatte Ihre Männer auch deswegen eingestellt, weil sie unter Ihnen gedient haben. Und wenn sie Ihren Vornamen gewusst hätten, hätte ich Sie längst ausfindig gemacht, statt dafür Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Verstehen Sie mich nicht falsch, Mister Kepler, Sie haben mit diesen vier gute Arbeit geleistet, aber sie brauchen einen Anführer, der ihnen knapp, deutlich und verständlich sagt, was sie zu tun haben, und Massa kann das nicht gut, auch wenn er sich bemüht, er ist ein guter Taktiker, aber kein Stratege. Sie alle vier hätten Sie gern wieder als ihren Kommandeur. Sie jaulen mir damit ständig die Ohren voll, Colonel hier, Colonel da", beklagte Galema sich heiter, dann wurde er wieder ernst. "Sie haben gut für sie gesorgt. So wie meine Familie es mit ihren Angestellten immer getan hat."
Wenn das nicht geprahlt war, dann war Galemas Familie so anständig, wie Kepler es ni e von so reichen Menschen erwartet hätte. Er sah den Afrikaner an. Galema schien sich nicht profilieren zu wollen. Er wirkte offen und machte ohne falsche Bescheidenheit einen ehrlichen Eindruck. Und er wollte ganz deutlich zu verstehen geben, was er als Arbeitgeber erwartete. Kepler gefiel das alles eigentlich mehr als gut, aber Ähnliches hatte er schon öfter erlebt. Und am Ende hatte er entweder ein anderes Leben angefangen oder geschossen – oder beides.
"Was wäre also eigentlich der Sinn meiner
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