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Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom

Titel: Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse Auth
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und Leistungswillen ein Mindestmaß an Zuwendung und Anerkennung zu bekommen, blieben ja fruchtlos. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis ich zu rebellieren begann. Früher noch als andere, mit elf Jahren schon.
    Ich begann jetzt eigene Wege zu gehen. Nach der Schule, wenn alle Kinder brav nach Hause trotteten, zog es mich in Richtung Susurluk Parkı. Diese Oase der Entspannung für Jung und Alt lag unmittelbar an unserem Nachhauseweg. Ein wunderschöner, gepflegter Stadtpark, die beliebteste Flaniermeile der Susurluklular , der Bürger von Susurluk.
    Hier taten sich hochinteressante Dinge. Nachmittags trafen sich die Kinder zum Spielen, nach dem Abendessen die Familien zum Verdauungsspaziergang, und wenn die gegangen waren, kamen die verliebten Pärchen. Sonntags waren dann alle zusammen da: Eltern, Großeltern, die ganze Verwandtschaft, jede Menge Kinder, Heranwachsende und die jungen Männer auf Brautschau.
    Im Schatten der hohen Bäume lag ein hübsches Café. Dort nahmen die Erwachsenen nachmittags ihren süßen Tschai , während die Kinder sich auf dem wunderbarsten aller
Spielplätze vergnügten. Was für eine Auswahl an Karussells, Wippen, Schaukeln, Kletternetzen und Spielhäuschen - ein Betrieb fast wie auf einem Jahrmarkt.
    Ich liebte es, mich dort herumzutreiben. Als Erstes zog ich mir die Schuhe aus und sauste barfuß über den weichen Rasen. Manchmal saß ich einfach nur auf dem Boden, sortierte die Steinchen auf dem Kiesweg und ließ mir den feinen Sand durch die Finger rieseln. Oder ich hörte dem Zwitschern der Vögel in den Platanen zu. Wie gepflegt hier alles war! Der Duft der Blumen, ein unvergleichliches Parfüm.
    Wenn ich mal einen Garten habe, dann keinen Gemüsegarten wie Babanne, sondern einen, der genauso wunderschön ist wie dieser hier.
    Hatice war von meinen Ausflügen nicht sonderlich begeistert. Sie ging zwar zunächst mit, versuchte aber stets, meinen Abenteuergeist zu bremsen.
    »Komm, wir spielen, dass unsere Eltern drüben im Café sitzen«, versuchte ich sie zu motivieren.
    Die Kinder sollten denken, wir hätten ebenfalls eine Mama und einen Papa, die auf uns aufpassten.
    »Mamaaa! Schau mal, wie hoch ich schaukeln kann«, rief ich laut zum Café hinüber, damit es nur ja alle hörten.
    Wie viel besser es doch den anderen Kindern geht, wir dagegen haben nicht mal eine normale Oma.
    Es wäre wohl auch zu viel des Guten gewesen, von der Ahretanne der Gemeinde zu verlangen, sich dazu aufzuraffen, mit ihren Enkelkindern im öffentlichen Park Verstecken zu spielen!
    Dafür ging ich jetzt umso öfter allein hin. Schon während des Unterrichts freute ich mich auf den Spielplatz.
Kaum ertönte der Gong, packte ich meinen Ranzen und sauste hinüber zu meinem Park. Mit großem Schwung landete die Schultasche im Sand, und ich setzte mich auf die größte aller Schaukeln. Dort war ich dann oft den ganzen Nachmittag nicht mehr wegzukriegen. Wie herrlich, in den tiefblauen Himmel zu fliegen. Alles Bedrückende, alles Belastende schaukelte ich mir aus den Gliedern, es flog mir geradezu aus dem Kopf.
    »Frei wie ein Vogel!«
    So sang ich. Und beim nächsten Schwung:
    »Ich fliege euch allen davon!«
    Und dann:
    »Ihr werdet euch noch wundern! Ich bin ein wilder Vogel!«
    Es waren Glücksmomente.
    Leider machte mir Hatice zunehmend einen Strich durch die Rechnung. Je mehr ich mich für die Stunden der Freiheit auf dem Spielplatz begeisterte, desto mehr wurde sie zur Spielverderberin.
    »Wir müssen nach Hause! Babanne sucht uns bestimmt schon und wird mit uns schimpfen.«
    »Du kannst ja gehen! Ich bleibe so lange, wie es mir passt.«
    Mir war es langsam so egal, was unsere Oma dachte! Für mich war jetzt der Park der Inbegriff von Freiheit. Spaß wollte ich haben. Amüsieren wollte ich mich. Ich kannte das doch noch gar nicht. Wie leicht und beschwingt ich mich schon fühlte, wenn ich auch nur über den Rasen laufen konnte. Ich schlug Purzelbäume, hüpfte herum wie ein junger Hund. Und ich spürte meine Kraft und Lebendigkeit.
Sollte die Oma mich ruhig einsperren, ich würde doch nur wieder ausbüchsen!
    So kam es, dass ich anfing, die Schule zu schwänzen. Aus der Streberin wurde eine genießerische Rebellin. Während meine Schwester im Unterricht saß, vertrieb ich mir die Zeit im Park. Endlich einmal ganz für mich allein sein und in den Tag hinein träumen. War das toll! Ich dachte mir drei Geheimzeichen aus und malte sie mit einem Stöckchen in den Sand. Jedes Zeichen stand für einen

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