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Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom

Titel: Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse Auth
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haben sie mit mir vor?
    Die ganze Nacht liege ich wach und male mir die schrecklichsten Dinge aus.
    Der Morgen danach. Ich stehe am Brunnen im Hof, um Wasser für die Küche zu schöpfen. Ganz selbstverständlich tue ich das. Mir fällt gar nicht auf, dass ich schon wieder in die Rolle der Dienerin geschlüpft bin. Aber was ist das? Ich traue meinen Augen nicht - da kommt doch tatsächlich eine vertraute Person zum Tor herein!
    »Naile Teyze , Tante Naile, was machst du denn hier!«
    Endlich ein Mensch, der so etwas wie ein Lichtblick ist. Jemand, der mir immer aufgeschlossen begegnet ist. Ein klitzekleiner Hoffnungsschimmer. Naile Teyze , sie war immer anders als der Rest: eine weltoffene, gebildete Geschäftsfrau aus Istanbul, die sich dem Herrschaftsanspruch
der Männerwelt nie beugte. Was macht sie bloß hier? Kann ich ihr vertrauen?
    »Ja, guten Morgen, Mädchen! Ich habe gehört, dass du kommst, und wollte mal vorbeischauen.«
    Sie legt mir die Hand auf die Schulter. Mit freundlichem Lächeln. Ja, ich kann ihr vertrauen. Ich muss ! Habe ich denn eine Wahl?
    »Naile Teyze , wie gut, dass du hier bist. Endlich mal ein Mensch, mit dem ich reden kann.«
    Die Tante schaut mich ehrlich besorgt an, wie es scheint.
    »Was ist denn los? Was ist passiert?«
    Jetzt bricht es aus mir heraus. Meine Stimme überschlägt sich fast.
    »Ich bin gestern mit Vater hier angekommen, angeblich um die Oma zu pflegen. Aber sie ist ja gar nicht krank. Was wird hier gespielt? Weißt du es vielleicht? Ich habe einfach nur Angst!«
    Sie schlägt die Hand vor den Mund. Ihr Blick ist starr.
    »Um Gottes willen, will er es jetzt wirklich tun?«
    Ihre Stimme ist fast ein Flüstern. Mein Gott, was ist denn los?
    »Was ist denn, Teyze ! Sag doch!«, flehe ich sie an.
    Sie zieht mich von der Türöffnung fort. Vater und Babanne in der Küche sollen nicht mithören.
    »Du musst hier weg!«
    Sie drückt meinen Arm so fest, dass es schmerzt.
    »So schnell wie möglich! Wenn du kannst, lauf davon!«
    »Wieso denn? Ich weiß doch gar nicht, was los ist!«
    »Dein Vater will dich mit einem Mann aus Susurluk verheiraten. Damit seine Schande getilgt wird.«

    Ich war wohl noch nie so perplex wie in diesem Augenblick. Wie hatte ich nur so blauäugig sein können!
    Es war die Erkenntnis meiner eigenen Blindheit, die mich blitzartig wieder zu einem normalen Menschen machte. Es mag sonderbar klingen, aber von einem Moment auf den anderen interessierte mich der unerhörte Anschlag auf meine Selbstbestimmung überhaupt nicht mehr. Null. Sondern nur noch der Ärger über mich selbst. Ich empfand eine geradezu bodenlose Wut. Auf mich selbst!
    Wie konnte ich mich nur so wehr- und willenlos machen, wie ein Schaf, das seinen Schlächter nicht erkennt?! Das nicht das Messer sieht, wenn ihm der Strick, an dem man es zur Schlachtbank führen will, mit süßen Worten um den Hals gelegt wird. In diesem Moment fand ich mich selbst wieder. Und ich lernte, wie sich Adrenalin anfühlt. Es schoss in meine Wirbelsäule und in meinen Bauch ein wie aus einem inneren Springbrunnen.
    »Verheiraten! Ach so! Mit wem denn?«
    »Mit irgendeinem Mann, ich weiß es nicht.«
    »Na, ist ja auch völlig egal. Hauptsache, eine Familie von Ehre, oder?«
    Na bitte, ich kann schon wieder austeilen. Naile schaut schräg zum Boden. Ist es ihr peinlich? Steckt sie mit drin? Kann nicht sein, sonst würden wir jetzt nicht hier stehen.
    »Tante, ich bin ja so froh, dass jetzt endlich mal jemand Klartext mit mir spricht …«
    »Ach, Ayşe. Du hast ihm doch nichts als Ärger gemacht. Nach allem, was ich weiß, hat keine von euch so gegen die Familienehre verstoßen wie du …«

    Für diesen Aspekt nun habe ich ausgerechnet jetzt überhaupt keinen Sinn! Kalte Wut steigt in mir auf. Ja, kalte Wut - und nicht mehr hasenfüßige Angst. Und Tantchen muss jetzt Farbe bekennen. Oder bleiben, wo der Pfeffer wächst! Ich lege ihr beide Hände auf die Schultern, drücke so fest ich kann, und schaue ihr so tief und entschlossen in die Augen, wie es nur irgend geht. Nebenbei gesagt, eine Geste, mit der ich gleich mehrere Hierarchiestufen zwischen uns mit einem einzigen großen Satz überspringe. Aber jetzt gilt’s - alles oder nichts!
    » Güzel halacım, meine schöne Tante! Jetzt brauche ich eines: Informationen! Wann soll die Sache steigen?«
    Sie macht einen ziemlich zerknirschten Eindruck. Und wird ganz weich.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, hat er die standesamtliche Trauung schon vorbereitet. Sogar

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