Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom

Titel: Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse Auth
Vom Netzwerk:
bewusst gesetzter Kontrapunkt zum üppigen Kleid - obwohl, bei meiner Figur wäre auch eine Banane im Grace-Kelly-Stil denkbar. Am Ohr eine echte Blüte. Und der Schleier? Gar keiner natürlich - oder nur ein Hauch davon. Es sollte ein Fest in großem Rahmen werden. Bitte möglichst in einem Schloss - oder wenigstens in einem Luxushotel. Erlesene Speisen im Überfluss, die ganze Nacht durchtanzen, und irgendwann trägt mich mein Auserwählter zu unserem blumengeschmückten Hochzeitsbett.
    Mädchenträume …
    Im wirklichen Leben erschlugen mich schon die Vorbereitungen, ich wurde eingesaugt in einen Strudel hektischer Improvisationskunst und überfließender Liebenswürdigkeit. Meine neue Familie empfing mich spontan als ihr neues, geliebtes Kind. In den wenigen Tagen bis zu den eigentlichen Feierlichkeiten sah ich meinen Bräutigam kaum, dafür war ich ständig von einer Traube schnatternder, lachender, quirliger Frauen aller Altersstufen umgeben. Das tat mir gut.
    Tags darauf stand für mich eine echte Premiere auf dem Programm. Ob es außer meiner Schwester und mir wohl noch ein weibliches Wesen gibt, das in der Türkei aufgewachsen, aber bis zum 20. Lebensjahr nicht ein einziges Mal auf einem richtigen Basar gewesen ist? Doch nun ging
es ins berühmte Ulus-Quartier von Ankara, wo Abertausende temperamentvoller Verkäufer an ihren Ständen und Verkaufsbuden ums Bare der Einheimischen und Touristen buhlen. Eingekeilt von einem halben Dutzend blendend aufgelegter Frauen, gemeinsam verschworen dem einen Ziel: ein Brautkleid für mich zu erstehen. Schon um in dem brodelnden Gewimmel in die Sektion der Tuch- und Textilhändler vorzudringen, brauchten wir eine gute halbe Stunde. Ich hatte mir einst eine schicke Modeboutique erträumt - und bekam nun ein orientalisches Freiluftkaufhaus!
    Am Abend zuvor hatte meine Schwiegermutter mich nach meinen Wünschen gefragt. Sie war so überaus reizend, dass ich Vertrauen zu ihr fasste und etwas in der Art von »am liebsten aussehen wie eine Königin« faselte. Als unsere Damentruppe dann morgens loszog, flirrte die Luft um mich herum nur so von Enthusiasmus und Vorfreude.
    »Schneeweiß und Gold, das sind die Farben für den schönsten Tag im Leben einer Frau!«
    »Sie ist die Königin, und wir sind die Royals!«
    »Wir werden sie zum Glänzen bringen wie die goldene Morgensonne!«
    Mit einem Wort: Die Braut musste gestaltet werden, und sollte es Widerstände geben, so würden sie mit dem unerschöpflichen Arsenal an Worten, Gesten und freundschaftlichen Berührungen aus dem Wege geräumt, über das die türkische Frauenseele verfügt, wenn es gilt, einer Geschlechtsgenossin zu ihrem Glück zu verhelfen.
    Parallel zum Damenprogramm liefen die Aktivitäten der Männer. Unter der Führung des Schwiegervaters rührten Brüder, Onkel und Neffen aus der Sippe des Bräutigams
kräftig die Werbetrommel für ein rauschendes Familienfest. Alles musste innerhalb von nur drei Tagen auf die Beine gestellt werden! Warum? Natürlich wegen meines Vaters! Er allein würde bei den Feierlichkeiten unsere Familie vertreten. Und Turhan scheute sich nicht, seine Abreise nach Deutschland so zeitnah wie möglich zu planen, auch wenn er die Gastgeber damit auf eine harte Probe stellte. Eine Probe, die sie mit stoischer Geduld und grenzenlosem Engagement ertrugen - und bestanden. Sie improvisierten eine Hochzeitsparty, die an folkloristischem Prunk keinen Wunsch offenließ.
    Und mein Hochzeitskleid? »Königlich« war es gewiss, denn ich sah darin wie die türkische Ausgabe eines Sissi-Imitats aus. Unter einem eng geschnürten Korsagenoberteil wallte ein weit ausgestellter, knöchellanger Polyesterrock. Die Jacke hatte Pumpärmel, einen hauchzarten Stehkragen mit dem Radius eines LKW-Reifens und wies üppige Applikationen von lamettaähnlichem Glitzerzeugs auf. Sogar eine glänzende, goldfarbene Krone hatten sie mir aufgeschwatzt!
    Meine Frisur? Keine Zeit! Schließlich musste ich vorher allen Frauen meiner neuen Familie die Haare machen. Als ich mich endlich um mich selbst kümmern konnte, stellte ich fest, dass es nur noch ein paar Minuten bis zur Zeremonie sind. Na, als Profi muss ich in der Lage sein, mit zwei, drei Haarnadeln und einigen entschlossenen Handgriffen eine passable Wirkung zu erzielen. Außerdem bin ich immer frisiert, das erleichterte den Feinschliff ungemein.
    Mein Make-up? In der Hektik griff ich viel zu tief in den Farbkasten und erschien mit roten Bäckchen vor

Weitere Kostenlose Bücher