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Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom

Titel: Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse Auth
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Opfer dasteht und ich als die Täterin.
    Tolle Strategie, mein lieber Mann!
    Das denke ich, ja, aber was tue ich? Ich lege ihm auch noch meinen eigenen Psychomüll zu Füßen.
    »Ich werde zu dir halten, was immer geschieht …«
    Was ich da gemacht habe, heißt çürük tahtaya basmak - auf verfaultes Holz treten . Ich war einfach nicht reif genug, um meine tiefsten Gedanken auszusprechen und daraus ein faires Angebot zu machen:
    Lass uns unsere löchrige Beziehungskiste gemeinsam und endgültig entsorgen.
    Stattdessen musste ich mit aller Gewalt die klaffenden Löcher nochmals zunageln. So vernagelt war ich selbst! Aus nackter Angst und aus tierisch schlechtem Gewissen.
    Beschwörend rede ich auf ihn ein, um Verständnis flehend. Und er genießt es, mich klein zu sehen! Ganz der beleidigte Patriarch will er mich jetzt vollends am Boden sehen.
    »Ab sofort schläfst du nicht mehr bei mir!«
    Puh, wenn’s weiter nichts ist! Ich bin auf einmal gar
nicht mehr so traurig. Fühle mich eher erleichtert. Zum einen, weil ich nicht mehr »muss«, zum anderen, weil die Wahrheit endlich auf dem Tisch liegt.
     
     
    Von da an war mir nur noch übel, wortwörtlich. Ich kotzte mir förmlich die Seele aus dem Leib! Ob mehr wegen der Schwangerschaft oder aus psychosomatischen Gründen, ist nur eine theoretische Frage. Man könnte auch sagen: Mein Körper erwies sich als großer Pragmatiker. So schaffte ich es für den Rest der Schwangerschaft, mich und die Kinder in meinem Bauch selbst zu versorgen. Ich musste die letzen Wochen zumeist im Krankenhaus verbringen, weil ich keine Nahrung mehr bei mir behalten konnte und die Kinder nicht normal wachsen wollten. Immerhin: Währenddessen gelang es Bekir endlich, eine Wohnung für uns zu besorgen. Klein, aber ausreichend. Wir hatten zwar so gut wie nichts, aber alles würde sich jetzt finden, oder?
    Wir sind soeben eingezogen. Ich studiere gerade den Lokalteil der Allgemeinen , um mir die Sperrmülltermine herauszuschreiben. Vielleicht würden wir ja etwas Brauchbares finden, um uns einzurichten. Doch was ist denn das? Die Wehen setzen ein! Es ist doch noch viel zu früh! Ab jetzt also endgültig nur noch strenge Bettruhe, Klinikaufenthalt bis zur Geburt. Zwei Menschen besuchen mich in dieser Zeit: Hatice, die mittlerweile verheiratet ist, und, ja, auch mein Mann. Stets mit Hürriyet unterm Arm, daheim war es ihm allein wohl zu langweilig beim Zeitunglesen.
    Am 13. Juli 1987 erblickten meine eineiigen Zwillinge Cem und Cenk putzmunter das Licht der Welt. Postnatale
Krise, Wochenbettdepression, Baby-Blues - alles kein Thema für mich. Ich war einfach nur happy! Klingt kitschig, aber ich fühlte mich zum ersten Mal als vollkommene Frau. Die Geburt war kein Spaziergang, aber auch kein Leidensmarathon. Beide waren innerhalb von 30 Minuten da.
    Drei Tage nach der Geburt holt Bekir uns ab. Ein Taxi können wir uns nicht leisten, aber er hat sich von seinem Bruder das Auto geliehen. Also auf nach Hannover-Linden, in unser trautes Heim! Wie ich mich freue: endlich vernünftige häusliche Verhältnisse.
    Irgendwie werden wir es schon schaffen.
    Ich bin so beschäftigt mit meinen beiden Schreimäulern in der Babytragetasche neben mir auf dem Rücksitz, dass es mir erst nach einer Weile auffällt: Wir fahren in die falsche Richtung!
    »Bekir, wo willst du denn hin? Hier geht’s doch raus aus der Stadt!«
    Er wendet den Kopf zur Seite, als hätte er nichts gehört. Dann ein schiefer Blick über den Rückspiegel zu mir nach hinten.
    »Also, was ich dir noch sagen wollte …«
    Er sieht mich nicht direkt an.
    »Also, wir fahren in unsere neue Wohnung.«
    »Was?!?«
    »In Pattensen.«
    Ich glaube, ich höre nicht richtig. Pattensen ist doch jottwee-dee. Kann nicht sein.
    »Du meinst … Pattensen-Peine-Paris?«
    Ein verzweifelter Versuch, Humor zu zeigen. Mit »P-P-P« zog man in Hannover jemanden auf, wenn er über die Provinzialität
der Stadt lästerte, selbst aber nie den Sprung von dort weg schaffte.
    Mein Mann aber scheint nicht zu Scherzen aufgelegt. Nein, er meint es ernst. Wir fahren tatsächlich nach Pattensen! Jetzt muss er Farbe bekennen …
    »Bekir, was ist los? Was ist mit unserer Wohnung in Linden?«
    »Die haben wir nicht mehr. Stell dir vor, nur ein leichter Mietrückstand, und schon schmeißen sie uns raus …«
    Mein Kopf: plötzlich leergefegt. Meine Gefühle: alle plattgemacht. Ich empfinde: nichts, gar nichts. Nur Leere. Völlig egal, was er sagt: Ist ja eh nichts mehr zu

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