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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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waren, und auch später nicht.«
    »Spielte eine andere Frau eine Rolle?«, fragte Julia.
    »Eine andere Frau!« Sie wandte den Kopf und stieß die Luft aus. »Ehrlich gesagt, habe ich seine Affären nicht gezählt. Das war mir wirklich egal. Wirklich.«
    Conrad kostete den Kaffee. Er war heiß und stark und wärmte. Es war so kalt in diesem Haus, als ob die Fensterscheiben alle Wärme der schon so heißen Frühlingssonne absorbierten. Hedwig Freitag zupfte ein Stück Nagelhaut ab. Ein winziger Blutstropfen quoll aus der Wunde. Sie verbarg ihre Hände im Schoß.
    »Es ist nicht so, dass er nicht für uns gesorgt hätte, für die Kinder und mich. Er hat hart gearbeitet, kam oft spät nach Hause und brachte am Wochenende Berge von Akten mit.«
    »Deshalb haben Sie sich nicht getrennt?«
    Sie hob den Blick von der Tischplatte und richtete ihn auf Conrad, als hätte sie eben erst seine Anwesenheit bemerkt. Eine Spur von Abscheu huschte über ihr Gesicht, bevor sie es unter Kontrolle brachte.
    »Vielleicht. Sollte ich mich deshalb schämen? Wie hätte ich denn leben sollen, allein mit den beiden Kindern und ohne richtigen Beruf?« Sie schob das Kinn ganz kurz nach vorn, was einem Gefühlsausbruch gleichkam auf diesem starren, leeren Gesicht.
    »Frau Freitag, wir sind hier, um den Mord an Ihrem Mann aufzuklären.« Julia wollte das Beziehungsthema offensichtlich fallen lassen. Was für ein blödsinniger Satz, dachte Conrad. Immer hält sie sich am Selbstverständlichen fest, wenn sie sich unsicher fühlt. Und dann kommen so blödsinnige Sätze heraus. Diese Frau verwirrt sie. Aber warum?
    »Können Sie sich vorstellen, wer dafür verantwortlich sein könnte?«
    Hedwig Freitag sah auf ihre Finger, die das nächste Nagelbett malträtierten. Langsam schüttelte sie den Kopf. »Er war nicht gerade beliebt. Hat sich immer wieder mit den Leuten angelegt.«
    »Was für Leuten?«, hakte Conrad nach.
    Sie hob die Schultern. »Mit allen. Den Nachbarn, dem Gärtner, dem Banker.«
    »Hatte er Freunde?«
    »Nicht viele.« Hedwig Freitag überlegte einen Moment. »Eigentlich gar keinen mehr, seit …« Sie verstummte.
    »Seit?«
    »Seit dem Streit mit Eck.«
    »Uwe Eck, seinem Stellvertreter?«
    »Ja.«
    Conrad holte Luft. Musste die Frau sich jedes Wort aus der Nase ziehen lassen? »Wissen Sie, worum es bei dem Streit ging?«
    Hedwig Freitag stand auf und sammelte die Kaffeetassen ein. »Worum soll es schon gegangen sein? Um Geld natürlich. Geht es nicht immer um Geld? Vielleicht hätte es sich ja auch wieder eingerenkt.«
    Conrad und Julia sahen sich an, während Hedwig Freitag die Tassen in der Spülmaschine verstaute.
    »Soviel ich weiß, gab es einen Vertrag zwischen ihnen. Uwe Eck kam hereingestürmt und pfefferte ihn auf den Küchentisch, als wir gerade beim Abendessen saßen. Er fluchte und sagte etwas wie: das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben ist. Mein Mann sprang auf und schob ihn in den Flur. Ich hörte sie heftig diskutieren, verstand sie aber nicht genau. Dann stritten sie in Gottfrieds Arbeitszimmer weiter.«
    »Wann war das?«, wollte Julia wissen.
    »Am Mittwoch. Als Herr Eck weg war, kam Gottfried wieder herein. Er war sehr blass. Als ich ihn fragte, was los gewesen sei, herrschte er mich an, ich solle mich um meinen eigenen Kram kümmern und ob ich nichts zu tun hätte, als ihn zu belauschen.«
    Plötzlich sammelte sich Feuchtigkeit in ihren tiefblauen Augen. Sie blinzelte und lief eine Entschuldigung murmelnd in die Diele.
    Schritte tappten die Stufen herab. Dann war bis in die Küche zu hören: »Wo willst du hin?«
    Eine jugendliche Stimme antwortete. »Seit wann interessiert dich das?«
    »Es hat mich immer interessiert. Das weißt du, Sophie. Und solange du in diesem Haus …«
    »Übernimmst du heute Papas Sprüche?«
    »Dein Vater ist tot.« Hedwig Freitags Stimme kippte. Schweigen. Eine Uhr schlug. Dann hörten sie Sophies Schluchzen, tief und elementar.
    Nach einer Weile führte Hedwig Freitag ihre Tochter in die Küche. Die junge Frau ließ die runden Schultern hängen. Blondierte, spröde Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Unter den violett geschminkten Lidern hervor bahnte sich eine Träne ihren Weg, durch eine Schicht von viel zu dunklem Make-up. Hedwig Freitag drückte ihre Tochter auf einen Stuhl und stellte ein Glas Wasser vor sie hin. Sophie rührte sich nicht.
    »Das ist Sophie. Sie wusste es noch nicht«, sagte Hedwig Freitag unnötigerweise.
    Conrad musterte die Tochter des Ermordeten, wie

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