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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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sie dasaß mit gesenktem Kopf, in ihrem verwaschenen, ehemals schwarzen T-Shirt, ihren großen Körper zwischen Stuhllehne und Tischplatte gezwängt. Sie mochte um die Zwanzig sein, aber ihr fehlte alles Jugendliche.
    »Wir möchten Ihnen unser Beileid aussprechen«, begann Julia.
    Sophie hob ruckartig den Kopf und starrte Julia feindselig an. Strandgut, dachte Conrad. Ein Blick wie Strandgut.
    »Geben Sie sich keine Mühe«, brach es aus ihr heraus. »Ich habe ihn gehasst.«
    Mit einer heftigen Bewegung wischte sie das Glas vom Tisch, sprang auf, der Stuhl kippte nach hinten. An der Tür verharrte sie. »Und ich fahre zu Tom, ob es dir passt oder nicht«, sagte sie über die Schulter. Dann stampfte sie nach oben. Kurz darauf donnerte Black Metal über ihren Köpfen.
    Hedwig Freitag hob entschuldigend die Schultern.
    »Sie macht gerade eine schwere Phase durch. Hat die Lehrstelle geschmissen, die Gottfried ihr besorgt hatte. Haben Sie Kinder?«
    Die kleine Frau durchbohrte Julia mit ihrem Blick. Julia öffnete den Mund, um zu antworten, dann schloss sie ihn wieder. Julia hatte keine Kinder, sie hätte gerne welche. Einen Mann, ein Häuschen im Grünen und Kinder. Zwar hatte sie einmal gesagt, sie sei nicht zur Polizei gegangen, um dann zu Hause zu versauern. Conrad wusste aber, dass das nur eine Wahrheit war. Sie war ganz vernarrt in Kinder. Ein-, zweimal hatte Conrad Sammy mit in die Dienststelle nehmen müssen, weil Anke wieder einmal kurzfristig verreisen wollte. Julia hatte zwei Stunden mit dem Jungen unter dem Schreibtisch verbracht und »Ausbruch aus dem Gefängnis« gespielt. Sammy war begeistert, bis Stefan Fels dem Spiel ein Ende machte und Sammy und Conrad nach Hause schickte. Conrad hatte sich am nächsten Tag einiges von seinem Chef anhören müssen. Aber Julia und Sammy waren seitdem Freunde. Conrad wäre auch gern Julias Freund geworden, hatte er damals gedacht. Aber es hatte sich nicht ergeben. »Wir müssen mit Ihrer Tochter sprechen. Bitte sagen Sie ihr das, wenn sie sich wieder gefangen hat.« Julia erhob sich.
    »Sie sagten, Sie hätten zwei Kinder?« Conrad gab der Frau die Hand.
    »Henry.« Hedwig Freitag lächelte ein abwesendes Lächeln.
    Hoffentlich machte Henry gerade keine schwere Phase durch. Wenn er seinen Vater so mochte wie seine Schwester, würde auch ihm die Todesnachricht keine schlaflosen Nächte bescheren, dachte Conrad.
    »Mit Ihrem Sohn müssten wir natürlich auch reden.«
    »Natürlich. Ich gebe Ihnen die Adresse.«
    »Und die Telefonnummer, wenn Sie so nett wären«, fügte Julia hinzu, bevor die Frau die Küche verließ.
     
    »Warte«, sagte Conrad, als Julias Schritte auf dem Kiesweg knirschten. »Ich hab was vergessen.«
    Er klingelte erneut, diesmal öffnete Hedwig Freitag unmittelbar.
    »Noch was?«
    »Ja.« Conrad sah das Misstrauen im Gesicht der Frau. »Wer ist Tom?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Frau Freitag …«
    »Ich will nicht, dass Sophie zu ihm fährt. Er ist kein Umgang für sie.«
    »Wer ist es?«
    Hedwig Freitag überlegte, dann seufzte sie. »Das Ergebnis einer der zahlreichen Affären meines Mannes. Allerdings vor meiner Zeit.«
    »Name? Adresse? Telefonnummer?«
    Sie hob die Schultern. »Da kann ich Ihnen nicht helfen. Sind Sie die Polizei oder ich? Ich weiß nur, dass er irgendwo in Brandenburg wohnt. Den Nachnamen habe ich vergessen.«
    »Ihre Tochter wird uns sicher Auskunft geben können.«
    »Lassen Sie Sophie aus dem Spiel. Sie hat schon genug …« Die Frau machte eine Pause. »Sie ist nicht ganz gesund.«
    Conrad nickte. Fürs Erste wollte er es dabei bewenden lassen.

Claire
    Wie satte Katzen lagen die Ortschaften an meinem Weg. Vor allem aber lagen sie hinter mir. Ich hielt auf dem sandigen Seitenstreifen, weil ich dringend Wasser nachfüllen musste, die Frontscheibe war mit Insekten und Staub bedeckt. Eine Kontrolllampe leuchtete. Das war irgendwo zwischen Brandenburg und dem Meer.
    Ich zog den Schlüssel ab. Es war still, bis auf das Klicken des heißen Motors. Die Landstraße verlor sich im Tunnel der Bäume, dem ich kilometerweit gefolgt war. Ich war müde. Mein Tag hatte weit vor dem Morgen begonnen. Beim Aussteigen wirbelte mein Rocksaum warmen Sand auf. Das Backsteinhaus am Straßenrand beherbergte einen kleinen Laden. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, ein verrottetes »Konsum«–Schild abzunehmen; daneben eine Coca-Cola–Reklame. Ich sah mich um. Es war das einzige Haus weit und breit. Eine milde Brise wehte den Duft von

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