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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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Claires Nachnamen wissen könnte. Auch bei Böse würde die Frage seltsam ankommen. Doch was blieb ihm übrig? Die Blondine starrte Tom unfreundlich über den Bildschirm hinweg an, als er telefonierte. Böse gab Tom ungerührt Claires Nachnamen durch, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er bei Tom »noch einen gut« habe.
    Tom setzte sein charmantestes Lächeln auf und schenkte es der Dame von der Anmeldung. »Können Sie mir sagen, wo ich Claire Di Marco finde.«
    »Augenblick«, sagte sie und tippte etwas in den Computer. »Sind Sie ein Angehöriger?«
    »Ja«, log Tom. »Ihr Bruder.«
    »Und Ihr Name?«
    »Tom Sebald.«
    Die Angestellte zog eine Braue hoch. »Ihr Bruder, ja?«
    »Haben Sie noch nie davon gehört, dass Geschwister verschiedene Namen haben können?« Er neigte den Kopf, hob die Schultern und drehte die Handflächen noch oben. »Patchwork.«
    Die Blonde ließ die Augenbraue wieder sinken, nicht ohne Tom einen zweifelnden Blick zuzuwerfen. Sie hatte einen leichten Überbiss und knabberte an ihrer Unterlippe, während sie noch einmal ihren Computer fütterte.
    »Sie können Frau Di Marco heute nicht besuchen. Sie ist im OP. Morgen vielleicht.«
    »Hören Sie, ich will sie nicht besuchen, ich will wissen, wie es ihr geht. Ich muss mit einem Arzt sprechen.«
    Seufzend tippte sie eine Nummer in die Telefonanlage. »Hier ist der Bruder von Frau Di Marco ... Ja, ich richte es aus.« Sie sah ihn leicht genervt an: »Ich habe es Ihnen doch gesagt, sie ist im OP, es hat jetzt keiner Zeit, mit Ihnen zu sprechen. Lassen Sie uns eine Telefonnummer da, damit wir Sie erreichen können, und kommen Sie morgen wieder.«
    »Morgen.« Tom empfand ein dumpfes Gefühl der Ohnmacht. In seinem Kopf hallten die Worte wider und wider. Im OP. Morgen. Vielleicht. Er notierte seine Handy-Nummer auf dem Zettel, den sie ihm hingeschoben hatte.
    »Danke«, sagte er und wusste plötzlich nicht mehr, was er tun sollte. Er ging am Kiosk vorbei, kaufte sich eine Packung Zigaretten und überquerte den Parkplatz. Ratlos ließ er sich auf den Fahrersitz fallen. Die erste Zigarette seit sechs Jahren schmeckte scheußlich, die zweite war besser. Regenwolken verdeckten die Sonne. Im OP. Morgen. Vielleicht. Tausend Gedanken jagten durch seinen Kopf. Was war passiert? Wie ging es ihr? Warum war er nicht mitgefahren? Warum, zum Teufel, war er nicht gleich mit ihr ans Meer gefahren? Und nun? Wie sollte es weitergehen? Tom wusste es nicht. Mutlos schnippte er die Kippe fort. Gab es nicht immer eine Lösung? Für alles? Nur eben jetzt nicht. Toms Handy klingelte. Es dauerte einige Zeit, bis sein Geist das Geräusch erfasst hatte.
    »Ich habe mich im Goldenen Stern einquartiert. Die haben eine ganz gute Karte. Passt es Ihnen um acht?« Böse. Tom hatte seine Rufnummer nicht unterdrückt, als er ihn wegen Claires Nachnamen angerufen hatte. Mist. Er sagte nichts.
    »Hallo?«
    »Ja. Um acht im Goldenen Stern. Meinetwegen.« Tom legte auf. Was immer Böse von ihm wollte, gegen etwas Gesellschaft hatte Tom im Moment nichts einzuwenden, nicht einmal gegen die eines Kriminalbeamten. Und bis dahin? Konnte er nichts als warten. Wenn es nun nur eine ganz kleine Operation war, ein gebrochener Finger vielleicht oder eine Platzwunde an der Stirn? So eine kleine Narbe würde Claire sogar stehen, dachte er und strich mit dem Finger über seine eigene an der Braue. Unter diesen Umständen konnte er sie heute vielleicht doch noch zu sehen bekommen. Mit neuer Hoffnung lief er zurück zur Rezeption. Die Blonde sprach gerade mit einem besorgt dreinschauenden Ehepaar, es dauerte nicht lange, bis die beiden ihre Information erhalten hatten und davoneilten.
    »Sie schon wieder.« Die Blonde seufzte. »Ich habe Ihnen doch gesagt …«
    »Ja, danke. Es ist nur so. Ich habe eine längere Anfahrt. Wenn ich morgen wiederkomme, wüsste ich gern sofort, wo ich Frau Di Marco finden kann. Und da Sie so nett waren …« Tom legte allen Liebreiz in sein Lächeln, dessen er habhaft werden konnte. Ihr Blick wurde freundlicher und wenige Augenblicke später wusste Tom, wo Claire zu finden war. Inzwischen war er fast sicher, dass Claire nur einen winzigen Eingriff hinter sich bringen musste. Und er würde warten, bis die Schicht wechselte. Warten. Er hasste warten! Sein Herzschlag beschleunigte sich, und er tastete nach dem Clonidin in seiner Tasche. Es war noch da. Nieselregen setzte ein.
    Tom schlenderte zum Wagen, rauchte und beobachtete den Eingang der Klinik. Rauchte und ließ den

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