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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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immer so viel, dachte Conrad und wartete. Er würde den Ball nicht aufnehmen und sich zu weiteren Erklärungen hinreißen lassen.
    »Das Zimmer. Ja. Kommen Sie.« Damit winkte sie die Kellnerin hinter den Tresen und ging voraus.
    Die Einrichtung des Zimmers stand der im Gastraum in nichts nach. Es war klein, aber blitzsauber. Bevor die Wirtin, die sich als Frau Bennewitz vorgestellt hatte, endgültig ging, steckte sie noch einmal den Kopf zur Tür herein.
    »Wollen Sie etwas essen? Heute ist Forelle aus eigener Zucht im Angebot.«
    Conrad lief das Wasser im Mund zusammen. »Danke. Ich komme gleich nach unten.«
    Conrad ließ sich aufs Bett fallen und streckte die Beine aus. So liegen bleiben, schlafen, morgen im See baden und an nichts denken, nicht an den Fall, nicht an seine Mutter, nicht an Sammy, er fühlte einen Stich in der Brust, und schon gar nicht an Lilly, viele, lange Sommertage lang. Er seufzte. Dann klingelte sein Handy. Julia.
    »Du kannst zurückkommen. Henry Freitag hat ein Geständnis abgelegt und die Tatwaffe gleich mitgebracht.« Ihre Stimme klang weit weg.
    Es fiel ihm schwer, sich auf das Gesagte zu konzentrieren. »Henry Freitag sagst du?«
    »Ja.«
    »Glaub ich nicht.«
    »Ich auch nicht. Aber mir kommen doch Zweifel. Er hat den Mord genau geschildert und ein Filetiermesser auf den Tisch gelegt.«
    »Habt ihr es schon untersucht?«
    »Ist in Arbeit.«
    Irgendwie passte Henry Freitag nicht in Conrads Vorstellung vom Täter, selbst Eck schien ihm als Mörder wahrscheinlicher, dabei konnte er nicht einmal sagen, weshalb.
    »Und warum hat der dem Opfer die Augen ausgestochen?« Das war eine Frage, die ihn nicht losließ. Die ganze Zeit schon nicht. Warum eine so grauenhafte Tat?
    Das Handy schwieg.
    »Julia?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du weißt es nicht? Hat er nichts dazu gesagt?«
    »Nein.«
    »Irgendwie muss er doch reagiert haben.«
    Wieder die Stille.
    »Mensch, Julia, was denn nun?«
    »Ich habe ihn nicht danach gefragt.«
    Jetzt schwieg Conrad.
    »Conrad?« Es knackte und knisterte in der Leitung.
    »Du hast ihn nicht …«
    »Nein.«
    Er sah sie vor sich, wie sie den Kopf senkte und die eine kleine Falte auf ihrer Stirn nach und nach tiefer wurde. Nicht nur, weil sie sich bestimmt genug über sich selbst ärgerte, sondern auch, weil er sich erschöpft fühlte, machte er ihr keine Vorwürfe, sagte nur: »Dann solltest du das schnellstens nachholen«, und legte auf. Henry Freitag. Warum gestand er den Mord an seinem Vater? Weil er jemanden entlasten wollte? Weil er die Tat wirklich begangen hatte, Conrad es nur nicht glauben konnte? Es würde sich zeigen. Er verstaute das Handy und ging nach unten in den Gastraum.
    Die Forelle, ganz frisch und kross gebraten mit einem feinen Aroma von Rosmarin, hatte köstlich geschmeckt. Als er sein zweites Bier bestellte, trat Tom Sebald ein und blickte sich suchend um. Conrad winkte ihm zu, und Tom ließ sich auf dem Stuhl gegenüber nieder. Die Kellnerin lächelte ihn auf eine vertrauliche Weise an, und er bestellte ein Bier. Eine Weile betrachtete Conrad den Mann vor sich, die dunklen Brauen, die kleine Narbe an der linken, die gerade Nase, deren Rücken ein wenig von der Mittellinie abwich. Er war nicht schön im klassischen Sinne, aber er hatte eine bemerkenswerte Ausstrahlung. Vielleicht lag dieser Eindruck auch an den tiefblauen Augen. Bestimmt hatte er einen Schlag bei den Frauen. Lilly. Conrad schob den Gedanken fort.
    »Wie geht es Ihrer Freundin?«, begann er.
    Tom senkte den Kopf und sprach auf die blütenweiße Tischdecke. »Sie haben ihr ein Bein abgenommen.«
    »Wie schrecklich! Das tut mir leid.« Das tat es wirklich. In Anbetracht dessen, was die Medizin heute alles leisten konnte, musste es schlimm um sie gestanden haben, wenn man sie amputiert hatte.
    Als das Bier kam, trank Tom es in einem Zug halb leer, stellte das Glas ab und fragte: »Also. Was wollen Sie?«
    »Ich suche den Mörder Ihres Vaters.«
    Tom lachte auf. »Ja. Und was hab ich damit zu tun?«
    »Sie kannten Gottfried Freitag besser, als Sie zugegeben haben, als ich Sie am Unfallort traf.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Weil ich einen Brief von Ihnen an Ihren Vater gelesen habe.«
    Tom trank sein Bier aus und gab der Wirtin ein Zeichen, damit sie ihm ein neues zapfte.
    »Sie haben ihm gedroht, ihn anzuzeigen, wenn er nicht aufhörte, Ihre Schwester zu schlagen.«
    »Kann sein.«
    »Und, dass es Ihnen egal sei, wenn er Sie enterbte.«
    Tom kniff

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