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Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen

Titel: Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt David
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Methode.
    „Sag mal“, fragte Papa und blätterte in der Zeitung, „was schreibst du denn da?“
    „Bloß einen Aufsatz.“
    „Über Landwirtschaft?“
    „Hm.“
    „Dann frag ruhig weiter“, antwortete Papa freundlich und schien zu denken: Wenn ich ihm schon nicht in Mathematik helfen kann, in der Landwirtschaft kann ich das.
    „Und wie kommt man zu höheren Milcherträgen, Papa, sagen wir mal so an die 3000 Kilo je Kuh im Jahr?“ „Ganz einfach, Junge: gutes Futter, Sauberkeit und Ordnung in den Ställen sind die Voraussetzungen. Schreib dazu, daß dauernder Personalwechsel auch zu Mindererträgen führt.“
    „Danke, Papa.“ Ich schrieb. Zugegeben, so viel Spaß hatte mir noch nie ein Aufsatz gemacht. Papa konnte meine Fragen gar nicht mehr erwarten.
    „Na, was willst du denn noch wissen, Heinz?“
    „Moment“, sagte ich und kam kaum mit dem Schreiben nach. Ich nahm mir nun auch etwas Zeit; denn ich ahnte, daß Papa vor Berufseifer mir von selbst noch gute Hinweise geben würde.
    Und da gings los: „Vergiß den Arbeitsschutz nicht, Heinz. Ein sehr wichtiges Kapitel. An Treibriemen müssen die Frauen Kopftücher tragen. Und auch an der Rübenschnitzelmaschine.“
    „Sehr gut“, antwortete ich und schrieb.
    „Und ein Kälberstall muß früh und abends ausgemistet werden. Nicht daß die Viecher bis zum Hals im Drecke stehen und lauter Verrecker werden.“
    Ich kritzelte schneller. Und damit auch ich wieder etwas fragte: „Pünktlichkeit ist alles, nicht, Papa?“ „Pünktlichkeit?“ Papa drückte die Brust hervor. „Pünktlichkeit ist in der Viehwirtschaft die Mutter der Gesundheit!“
    „Wie schön du das sagst, Papa“, lobte ich.
    „Ist eine alte Bauernregel, Heinz.“
    Trotz dieser familiären Einstimmigkeit und der netten Unterhaltung hatte ich keinen Grund, unser Aufsatzkollektiv allzu hoch zu schätzen, im Gegenteil, Papa tat mir bald ein bißchen leid. Er schlitterte immer mehr hinein und baute sich selber eine Falle nach der anderen. Ich mußte also etwas tun, um ihn nachher nicht in zu tiefe Gewissenskonflikte zu stürzen. Ich mußte mich deutlich machen: „Du hältst doch das auch nicht für richtig, Papa, daß ein Ausbilder seine Schüler während des Unterrichtes in den Konsum nach Bier, Zigaretten, Semmeln und Wurst schickt?“
    „Auf keinen Fall, Heinz!“
    „Meistens kriegt der Schüler von ihm noch bessere Zensuren — fürs Einholen.“
    „Was du nicht sagst. Welcher Lehrer erlaubt sich denn solche Mätzchen?“
    „Lehrer keiner. Ich sagte doch schon: Der Ausbilder im UTP, also Herr Papplick.“
    Papa legte sofort die Zeitung zur Seite.
    „Papplick? Der Papplick macht das? Ich denke, du schreibst so allgemein über die Landwirtschaft?“
    „Nicht allgemein, sondern speziell über den UTP in der Genossenschaft; wir sollen konkret schreiben, was uns nicht gefällt.“
    „Und da kommt der Papplick mit rein?“
    Ich bejahte und machte ein unschuldiges Gesicht. „Is bereits drin, Papa. Herr Haußmann hat gesagt, wir sollten nicht bloß immer hintenherum meckern, sondern die Sachen beim Namen nennen. Nur so könnte mans ändern. Die Aufsätze werden nachher ausgewertet.“
    „Beim Namen nennen - ausgewertet“, wiederholte Papa.
    „Du hast selber gesagt, daß das mit Herrn Papplick so nicht in Ordnung ist.“
    „Gesagt! Natürlich, richtig, richtig ist das nicht, aber in den Aufsatz ...“ Papa kratzte sich am Hinterkopf.
    Ich holte sofort zum nächsten Schlage aus und sagte: „Und dann nennt uns Herr Papplick immerfort Kuhschwanzpiloten.“
    „Isn das nun wieder?“ Papa blickte mich verwirrt an.
    Ich erzählte, daß uns der Ausbilder einmal gefragt habe, was wir werden wollten. Und da hatte Hufeisen geantwortet: „Ich geh zu den Fliegern.“ Und Herr Papplick hatte geantwortet: „Flieger? Kuhschwanzpiloten werdet ihr. Ihr könnt zwar russisch quasseln und x minus y mal 3 und Finger im Arsch plus z ausrechnen, aber eine Mistgabel anfassen, das könnt ihr nicht.“ Und seitdem nennt er uns eben Kuhschwanzpiloten.
    „Und das hast du in den Aufsatz reingeschrieben?“
    „Ja.“
    „Auch das mit dem Arsch und so?“ „Nein, so was dürfen wir nicht schreiben.“
    Papa überlegte angestrengt, fuhr sich über die Stirn und wischte sich die Augen aus. Es schien bei ihm allmählich zu dämmern. „Sag mal, Heinz“, begann er nachdenklich, „hast du mich vorhin nicht gefragt, was aus einer abgesoffenen Wiese wird?“
    „Hm, hab ich reingeschrieben. Das betrifft die

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