Freiwillig Fräulein: Roman (German Edition)
und sah, dass Andrew den Mistelzweig an die Decke gehängt hatte. Es war lieb von ihm, diesen letzten Versuch zu unternehmen, aber auf diese Weise wurde leider nur allzu deutlich, dass Brian nicht die geringste Absicht hatte, sich meinen Lippen noch einmal zu nähern. Ich sah ihn an, dann drehte ich mich ohne ein weiteres Wort um und ging zu meinem Auto.
Mr. Davis hatte Michelangelo mit seiner Truthahnkeule bereits auf den Rücksitz verfrachtet. Sobald ich mich angeschnallt hatte, winkte ich noch einmal und fuhr dann los, ohne auf Brian zuwarten. Ich war durchaus in der Lage, Auto zu fahren, und außerdem hatte ich meine Pistole unter dem Sitz hervorgeholt, wo ich sie versteckt hatte. Wozu brauchte ich einen Mann?
14
Am Montagmorgen hielt ich an einem Frühstücksimbiss an der Ecke und fuhr dann weiter zum Buchladen. Kathy und ich würden eine ordentliche Portion Koffein brauchen, um die nächsten paar Wochen zu überstehen. Der Dezember würde besonders hektisch werden, weil viele Leute auf den letzten Drücker noch Bücher für die Kinder in ihrer Familie kauften.
Kathy strahlte, als ich in den Laden kam.
»So wie du aussiehst, hattest du ein gutes Wochenende«, begrüßte ich sie.
»Oh, Emma.« Sie rang die Hände mit dramatischer Geste und wirbelte einmal um die eigene Achse. »Es war perfekt. Sie waren so nett und haben mich mit offenen Armen aufgenommen.«
»Wusste ich doch, dass du dir keine Sorgen zu machen brauchtest.«
Sie sah aus, als hätte sie von der köstlichsten Schokolade genascht, die die Welt zu bieten hatte. »Seine Mutter hat mir das größte Kompliment gemacht, das man sich vorstellen kann. Sie sagte, sie hätte Donnie noch nie so glücklich gesehen.«
»Dasselbe könnte man von dir sagen.« Ihr Strahlen war nicht zu übersehen. »Ihr passt wunderbar zusammen.«
»Seine Mutter hatte einen Mistelzweig aufgehängt und darunter hat Donnie mich geküsst.« Sie hatte die Arme um den Oberkörpergeschlungen und ihr Lächeln war fast schon zu breit für ihren Mund. »Emma, er hat mir gesagt, dass er mich liebt.«
»Das ist wundervoll, Kathy. Und hast du gesagt, dass du ihn auch liebst?« Ich sah sie erwartungsvoll an, doch ihr Lächeln verriet mir die Antwort, auch ohne dass sie etwas sagte. Ich wünschte nur, mein Kuss unter dem Mistelzweig wäre anders ausgegangen.
»Und ob ich das gesagt habe, und als Zugabe gab es dann noch ein Stelldichein im Heu.« Sie wackelte mit den Augenbrauen.
»Du bist wirklich schlimm.« Lachend umarmte ich sie. »Auf jeden Fall verdienst du es, glücklich zu sein.« Ich öffnete die Kasse, weil ich nachsehen wollte, ob wir genügend Bargeld hatten.
»Danke. Und wie war dein Wochenende?« Sie begann, das Bonbonglas aufzufüllen.
»Tja, eigentlich ähnlich wie deins. Es gab einen Kuss unter dem Mistelzweig, aber ich bekam definitiv kein »Ich liebe dich« von Brian zu hören. Und ein Stelldichein im Heu gab’s auch nicht.« Für einen Moment schweiften meine Gedanken ab. Ich schloss die Kasse.
»Was?«, fragte Kathy entgeistert. »Erzähl. Schnell. Ich will alles hören.« Sie setzte sich auf den Hocker hinter der Theke und blickte mich eindringlich an.
Ich erzählte ihr, wie das Wochenende verlaufen war. Schließlich kam ich zu der Sache mit dem Mistelzweig. »Ich glaube, ich habe es gründlich versemmelt. Ich hätte ihn nie im Leben so küssen sollen.«
»Schätzchen, das Schicksal hat dir diese Gelegenheit präsentiert und du hast sie ergriffen.« Sie kam zu mir und nahm mich tröstend in die Arme. »Das kann dir niemand vorwerfen, aber wenn man sich ansieht, wie er reagiert hat, ist es wahrscheinlich gut, dass du das Ganze als Scherz hingestellt hast.«
»Ja.« Selbst ich konnte die Niedergeschlagenheit in meiner Stimme hören. »Erzähl mir mehr von deinem Wochenende. Ich habe keine Lust mehr, über meins nachzudenken.«
»Also ...« Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, bis die Kunden in Scharen in den Laden strömten.
Die nächsten Tage waren hektisch, nicht nur im Buchladen. Nach der Arbeit versuchte ich, meine eigenen Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Ich wusste nicht, was ich Brian schenken sollte. In der vergangenen Woche hatte ich ihn ein bisschen häufiger gesehen, weil Delilah ständig zu irgendwelchen Konferenzen musste. Steve war in Chicago, sodass ich ihn mir nicht auch noch vom Leib halten musste. Trotzdem: Die Zeit, die Brian und ich zusammen verbrachten, war irgendwie komisch. Er sah mich ständig an, als erwartete er, dass
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