Fremd flirten Roman
rückwärtigen Teil des Raumes, und kurz darauf setzten die beiden sich zu den anderen Kindern auf die Kissen und schauten gebannt zu der kleinen Bühne, auf der gleich das Kasperletheater anfangen würde.
Vicky und Leo waren glücklich und würden mindestens eine Stunde unterhalten werden.
Ich setzte mich ans Fenster und schaute dem Regen zu, der langsam die Scheibe herunterperlte.
Das englische Kasperletheater hatte zwar einen Kasperl, es gab jedoch keinen Schutzmann und kein Krokodil, dafür lustige Dialoge, die die Kinder kichern und lachen ließen.
Das verschaffte mir genug Zeit, mein Handy daraufhin zu untersuchen, ob ich nicht doch einen Anruf oder eine SMS vonEdward verpasst oder übersehen hatte. Nein, wieder kein Lebenszeichen von ihm! Natürlich hätte ich ihn anrufen können, aber er hatte momentan bestimmt genug mit sich, der Trennung von seinen intriganten Verwandten und der englischen Presse zu tun, dachte ich. Irgendwann, so hoffte ich, würde das alles überstanden sein. Ich musste einfach nur geduldig sein. Leider zählte Geduld nicht eben zu meinen Stärken.
Verträumt dachte ich an Edward und merkte erst gar nicht, dass weitere Besucher zur Tür hereingekommen waren.
»War ja klar, dass wir dieses Kindermädchen hier treffen! Das hat mir bei diesem beschissenen Wetter gerade noch gefehlt!«
Der schnippische Ton ließ mich aufschauen – direkt in Margits blasiertes Gesicht. Helena und Ludwig trollten sich gleich auf die Kissen.
Margit sah aus wie immer: perfekt gestylte Betonfrisur, fusselfreie Kleidung, und selbst ihr arroganter Gesichtsausdruck war der alte. Heikos Rauswurf schien sie nicht im Geringsten verändert zu haben. Von Axel wusste ich, dass die beiden kurz davor waren, mit der Familie die Stadt zu verlassen, um sich nach New York aufzumachen, in der Hoffnung, dass sich Heikos angekratzter Ruf nicht bis in die amerikanischen Bankerkreise herumgesprochen hatte.
Ich weiß nicht, was genau das Fass bei mir zum Überlaufen brachte, die Tatsache, dass Margit Anne und Axel eine fürchterliche Zeit beschert hatte, oder ihre Angriffe auf mich. Auf jeden Fall ließen ihr überheblicher Auftritt und die unflätige Bemerkung meine angestaute Wut nun überkochen.
Zum Glück hatte ich als Psychologin gelernt, Gefühle zu kanalisieren, und so machte ich einen kontrollierten Eindruck, auch wenn ich innerlich gerade die Faust ausfuhr. »Ich befürchte, dein Tag wird noch schlechter werden, Margit. Denn ich muss dichheute leider einer Illusion berauben, die dein gesellschaftliches Weltbild zum Einsturz bringen wird! Ob du es glaubst oder nicht: Ich bin kein Kindermädchen! Das heißt, ich bin es momentan und freiwillig, aber eigentlich sind Anne und ich beste Freundinnen seit unserem gemeinsamen Psychologiestudium, das ich übrigens mit magna cum laude und Stipendium in Cambridge abgeschlossen habe!«
Margit sah mich mit offenem Mund an. Sie glaubte mir offensichtlich kein Wort. »Phhh, davon träumst du nachts!«, stieß sie verächtlich hervor.
Langsam zog ich meinen Personalausweis aus der Tasche, während ich sie weiter ruhig ansah. »Dem deutschen Staat wirst du ja wohl glauben. Und dass der Doktortitel in meinem Pass keine Abkürzung für Dorothee ist, wirst selbst du kapieren, nicht?«
Sie schaute auf meinen Pass … und erkannte ihren fatalen Irrtum.
»Ja, da gerät dein kleinkariertes Weltbild durcheinander, stimmt’s? Wenn du gewusst hättest, wer ich bin, hättest du dich bestimmt ganz anders verhalten. Aber das ist mir egal, du kannst dich doch selbst nicht leiden! Ach so, da fällt mir noch was ein: Anne und Axel geht es prächtig. Du glaubst gar nicht, wie gut Axel die neue Position bekommt, und Anne blüht richtig auf. Sie versteht sich übrigens bestens mit Sabine und Ina. Hast du von den beiden eigentlich in der letzten Zeit was gehört?«
Margit war zum ersten Mal, seit ich sie kannte, sprachlos und wirkte unangenehm berührt.
Mit einem eiligen »Kommt, wir gehen wieder!« kommandierte sie ihre beiden Goldstücke zur Tür und suchte so schnell das Weite, dass ich später nicht sicher sagen konnte, ob sie meinen letzten zynischen Kommentar noch gehört hatte.
»Vielleicht sieht man sich ja bald mal im Club. Es wäre dochentzückend, zusammen eine Bowle zu schlürfen!« Ich schlug mir wie erwachend gegen die Stirn. »Ach so, wie dumm von mir! Das wird ja nicht gehen. Heiko ist dort ja nicht mehr erwünscht, und ihr müsst das Land verlassen! Schade, wirklich
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