Fremd flirten Roman
genau, was zu tun ist, und es füllt mich vollkommen aus.«
Ihr Studium bereute sie nicht, da die Psychologie sie an sich sehr interessierte. Falls Anne je wieder ins Berufsleben zurückkehren sollte, würde sie wohl eher wissenschaftlich arbeiten, was auch besser zu ihr passte. Schon im Studium war sie ein Ass in Statistik gewesen, ein Fach, das Psychologen normalerweise hassen.
Nachdem Anne und ich uns ausgemalt hatten, wie schön eswerden würde, gemeinsam nach England zu gehen, schloss ich die letzte Kiste, die im Keller verstaut werden musste, und ließ einen Blick durch meine Wohnung schweifen.
In meiner kleinen, gemütlichen Dreizimmerwohnung hatte ich viele glückliche Jahre verlebt. Meine Küche mit den weißen Holzmöbeln und dem hellblauen Tisch mit passenden Stühlen war meine Tee-, Tratsch- und Klatschecke gewesen. Hier hatte ich mit Anne, solange sie noch in Berlin gewohnt hatte, im Winter Plätzchen genascht und Zimttee getrunken und dabei aus dem großen Fenster das Treiben im Hinterhof beobachtet und den vom Himmel rieselnden Schneeflocken zugeschaut. Als sie nur noch zu Besuch kam, behielten wir das Ritual bei. Im Flur, der über ein altes, aber sehr gepflegtes knorriges Parkett verfügte, hingen Fotostoffdrucke von meiner Familie und Freunden. Den Druck von Konrad und mir hatte ich abgehängt.
Im Wohnzimmer lag ein kuscheliger, heller Teppich vor der mintgrün-weiß gestreiften Couch. Ich weiß nicht, wie viele Abende ich, eingemummelt in meine Sofadecke, hier verbracht und mich entspannt hatte, den kleinen Couchtisch mit Gläsern voller Teelichter und Knabberzeug. Das große Bild an der Wand mit einem Hasen-Motiv von Michael Sowa hatte mir eine Freundin gemalt, und jedes Mal, wenn ich es ansah, dachte ich, dass ich unbedingt ein Weiteres haben wollte.
Vom Wohnzimmer aus führte eine Flügeltür ins Schafzimmer, das eine wohltuende Ruhe ausstrahlte, weil ich darauf geachtet hatte, es nicht zu vollzustellen. Helle Möbel und die weißen, frischen Blumen auf der alten Bauernkommode rundeten das Bild ab. Wenn man vom Bett aufstand, gelangte man auf einen kleinen, verschnörkelten Balkon, der Pariser Flair hatte und der die Wohnung so besonders machte. Mein Magen krampfte sich kurz zusammen, als ich daran dachte, wie oft ich mit Konrad aufdiesem Balkon gefrühstückt und wir Pläne fürs Wochenende geschmiedet hatten.
Das alles ließ ich zurück, wenn auch in guten Händen. Ich war aufgeregt, weil ich mein Zuhause für das nächste halbe Jahr überhaupt nicht kannte.
Meine Eltern hatten versprochen, ab und zu nach dem Rechten zu schauen. Obwohl sie außerhalb von Berlin wohnten, fuhren sie regelmäßig in die Stadt zum Einkaufen.
Ich wollte gerade ins Bett gehen, da klingelte es an der Tür. Wer kam mich um diese Zeit unangemeldet besuchen? Mir schwante Übles, und mein Instinkt sollte mich nicht getäuscht haben.
Konrad stand mit einem Blumenstrauß und einer Flasche Wein im Hausflur und strahlte übers ganze Gesicht.
Manchmal war ich mir nicht sicher, ob er sich überhaupt daran erinnerte, dass wir nicht mehr zusammen waren. Konnte doch durchaus sein, dass er durcheinanderkam, so ähnlich wie seine Neue und ich uns sahen. Spätestens am Tattoo, das sich beide gemeinsam hatten stechen lassen, sollte er uns jedoch unterscheiden können.
»Stella, wir hatten neulich an der Uni überhaupt keine Zeit, richtig zu sprechen. Da dachte ich, ich komme spontan vorbei, und wir machen uns ’nen gemütlichen Abend.«
Bevor ich antworten oder reagieren konnte, war er, einem wahren Drückerkolonnen-Profi gleich, mit dem einen Fuß in der Tür und dem anderen in meine Wohnung gelangt.
Wie selbstverständlich ging er in die Küche, stellte die Blumen in eine Vase, holte zwei Gläser und den Öffner und ignorierte geflissentlich, dass ich immer noch verblüfft und starr im Flur stand. Frohgemut machte er es sich auf dem Sofa bequem und klopfte mit der Hand neben sich zum Zeichen, ich solle mich zu ihm gesellen.
War es die Gewohnheit oder die Tatsache, dass ich mich gerade sonntagabends besonders verletzlich fühlte, wenn das Wochenende vorbei war und der harte Alltag wieder begann, den ich neuerdings allein bestreiten musste? Auf jeden Fall setzte ich mich gegen meinen Willen neben Konrad und musste feststellen, dass es sich trotz allem, was vorgefallen war, vertraut anfühlte … leider viel zu vertraut.
Anders als bei unseren letzten Treffen wirkte er heute wieder ganz normal, beinahe so wie während
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