Fremd flirten Roman
Moment wurde mir klar, dass ich nichts persönlich nehmen musste und tatsächlich nichts für die Trennung konnte. Hier lief vielmehr Konrads ganz persönlicher Film ab, und egal, wer die letzten acht Jahre an seiner Seite gewesen wäre: Niemand hätte diese Midlife-Crisis aufhalten können. Doch das war Konrads Problem, nicht meins!
Sehr viel leichter ums Herz, verabschiedete ich mich, und als ich die Tür hinter mir schloss, schloss ich sie auch ein ganzes Stück in meinem Herzen – das dachte ich zumindest.Sonntagabend – ich hatte mir gerade den Tatort angesehen und nebenher ein paar Sachen gepackt – klingelte das Telefon genau drei Mal und verstummte wieder. Das war Annes und mein verabredetes Zeichen. Total albern, aber da Konrad ständig versuchte, mich zu erreichen, und ich keine Lust hatte, mit ihm zu sprechen, ließ ich immer erst den AB anspringen. Da es Anne jedoch zu umständlich war, jedes Mal die Ansage abzuwarten und dann auf Band zu sprechen, hatten wir eben dieses Zeichen vereinbart.
Sofort rief ich zurück und hatte eine übersprudelnde Anne am Apparat.
»Wie spontan bist du, meine Liebe?«, wollte sie wissen.
Äh, kommt darauf an. Solange ich mir nicht auch ein Tattoo stechen musste …
Bevor ich antworten konnte, plapperte sie fröhlich weiter: »Du, ich hab super Nachrichten. Das wird dich so freuen! Stell dir vor, Axel muss für seine Bank für ein Jahr nach London in die Zentrale, ins Mekka der Investmentbanker sozusagen, und das bereits in einer Woche. Es stand schon länger im Raum; wir bereiten das im Grunde seit Monaten vor, aber ich wollte es dir nicht sagen, bevor es nicht wirklich sicher ist!«
Anne erklärte, dass wir alle nach London ziehen würden. Die Bank hatte ein Haus für Axel und seine Familie angemietet. An den Wochenenden oder auch, wenn wir Frauen einfach Lust dazu hätten, würden wir in Brighton wohnen, wo die Bank ebenfalls Wochenendhäuser für ihre Topmitarbeiter zur Verfügung stellte. Als goodies sozusagen.
Ich hatte immer gewusst, dass Axel seinen Job gut machte, aber er musste ein wirkliches Ass sein, wenn man ihn so hofierte.
»Hab ich schon gesagt, dass ich Axel lieeebee !«, rief ich aufgeregt und konnte kaum fassen, dass ich nach meiner Pechsträhneendlich wieder etwas hatte, worauf ich mich von ganzem Herzen freuen konnte. Ich durfte nach England!
Anne kicherte. »Sag das bloß nicht zu laut, sonst steigt ihm das zu Kopf, und du weißt, wie schwierig es ist, ihn in dieser Finanzwelt so bescheiden und bodenständig zu halten!«
Siedend heiß fiel mir ein, dass der nette Italiener bereits den Zweitschlüssel hatte und eigentlich damit gerechnet hatte, dass ich morgen die Fliege in Richtung Frankfurt machen würde. Zum Glück wohnten meine Eltern außerhalb Berlins. Ich würde bei ihnen bis zum Umzug nach London unterkommen; so hatten wir noch ein wenig Zeit füreinander. Die beiden würden sich riesig freuen! Außerdem wollte ich ihnen für die Zeit meines Englandaufenthaltes mein kleines Auto überlassen; in London würde ich es ohnehin nicht brauchen.
Anne, die immer noch fröhlich gluckste, wusste genau, welche Freude sie mir mit ihrer Eröffnung machte!
Was würde ich nur ohne Anne machen? Seit der Uni waren wir unzertrennlich. Wir hatten uns am Kopierer kennengelernt, wo sie wutentbrannt Kontoauszüge kopiert und darauf geachtet hatte, dass ihr ausgestreckter Mittelfinger schön mitkopiert wurde.
Wie sich herausgestellt hatte, hatte sie sich breitschlagen lassen, ein Zeitschriften-Abo abzuschließen, das sie auch brav bezahlt hatte. Leider war diese Zahlung jedoch angeblich nie im Verlag eingegangen, was ihr inzwischen das Schreiben eines Inkasso-Unternehmens eingebracht hatte, das drohte, ein Verfahren gegen sie zu eröffnen.
Anne war der Kragen geplatzt, und mit den kopierten Kontoauszügen, auf denen deutlich die Abbuchung verzeichnet war, und dem dazukopierten Stinkefinger wollte sie ihre Sicht der Dinge darstellen.
Wir mussten beide lachen und stellten schnell fest, dass uns nicht nur der Humor verband. Wir studierten auch noch im selben Semester Psychologie.
Von da an saßen wir in jeder Vorlesung zusammen, büffelten die Nächte durch, gingen gemeinsam auf Partys, zogen ab dem dritten Semester zusammen in eine WG, jobbten beide in der Neuen Nationalgalerie und gingen leidenschaftlich gern zusammen ins Kino, wenn möglich in die englische Originalfassung.
So war Anne da gewesen, als ich mich in Konrad verliebt hatte, und sie war da
Weitere Kostenlose Bücher