Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
Vom Netzwerk:
Schlafanzug. Ich trage einen Pyjama von Gero, der mir zu groß ist. Ich liebe es, wenn mir Sachen zu groß sind. Man kommt sich automatisch dünn vor. Gero und Tom sind mittags mit anderen Schwuchtelfreunden verabredet, und Gero fährt mich nach Hause.
     
    Vor meinem Haus auf der Steintreppe sitzt Marius. Leider bemerke ich ihn erst, nachdem ich ausgestiegen bin. Er rast sofort auf mich zu und ist krebsrot im Gesicht. Ich weiche automatisch drei Schritte zurück. Gero im Auto sagt nur: »O Gott, o Gott, o Gott.«
    »Jetzt reicht’s aber!«, schreit Marius und hält mir unser beschriftetes Klebeband unter die Nase. »Das ist fast schon Rufmord, Carolin!«, brüllt er weiter. »Ich möchte endlich mal wissen, wie du auf diesen ganzen Scheiß eigentlich kommst.«
    Ich schalte auf Gegenwehr, obwohl mir das Herz bis zum Hals klopft.
    Mein lieber Schwan, er sieht einfach klasse aus. Gerade, wenn er wütend ist. »Ich weiß überhaupt nicht, was du meinst«, sage ich forsch. »Und außerdem habe ich dir gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst.« Er packt meinen Arm. »Nein, jetzt hörst du zu. Hör mir einfach zu. Eine Minute.«
    »Lass mich los!«, keife ich.
    »O Gott, o Gott, o Gott«, sagt Gero.
    Marius hebt drohend seinen Zeigefinger. »Ich habe eine Beziehung zu Susanne, ja!«, sagt er böse.
    »Ach, tatsächlich? Stell dir vor, das WUSSTE ICH SCHON !!!« Jetzt kreische ich. »Und ich weiß auch, dass du Geld von ihr nimmst.« »Es ist nicht das, was du denkst!!!« (Schon wieder so ein Satz. Gleich werde ich ihm den Unterkiefer brechen. Gleich.) »Ich bin nicht mit ihr zusammen. Aber natürlich nehme ich Geld dafür. Das ist doch ganz normal! Wenn du nicht dauernd wegrennen würdest, könnte ich dir alles in Ruhe erklären. Aber du redest ja weder mit Susanne noch mit mir. Wir haben ja überhaupt keine Chance auf eine Erklärung. Du blockst ja total ab!«
    » ACH , SOLL ICH NOCH SAGEN HURRA ODER WAS ???« Ich werde hysterisch und meine Stimme kippt. Tschenschers, Müllers, Schneiders, Bauers und Wegeners, die zur Straßenseite hin wohnen, öffnen ihre Fenster und legen sich Kissen unter die Arme, um bequemer dieser Gratis-Kinovorstellung zu folgen. » ES IST ALSO NORMAL , DAFÜR GELD ZU NEHMEN !!! DU NIMMST WOHL FÜR ALLES GELD ! SOLL ICH DIR VIELLEICHT FÜR DIE FÜNF MINUTEN HIER SCHON MAL EINEN VORSCHUSS GEBEN , JA ???«
    Raunen und Tststs-Geräusche aus den Fenstern. Mir doch egal. Ich ziehe doch eh bald aus hier.
    » VON DIR WÜRDE ICH NATÜRLICH KEIN GELD NEHMEN !
    DAS IST JA WOHL KLAR !«, brüllt Marius. » UND MACH NICHT NOCH MAL SOLCHE SCHERZE VON WEGEN CALLBOY ! HAST DU VERSTANDEN ???«
    »Du kannst mich mal!«, sage ich nicht mehr ganz so laut und steige wieder zu Gero in den Wagen. »Du solltest wenigstens zu dem, was du tust, stehen!«, rufe ich, während Gero mit quietschenden Reifen davonfährt. »O Gott, o Gott, o Gott«, sagt er dabei. Im Rückspiegel sehe ich, dass Marius mit hängenden Schultern am Straßenrand steht und uns traurig nachschaut. Richtig so.
     
    Wie ein Schwerverbrecher schleiche ich mich eine Stunde später in meine Wohnung und sterbe fast vor Angst, dass Marius noch warten könnte oder eventuell aus einem Rhododendronstrauch springt, um mich von hinten anzufallen und mir rachsüchtig das Genick zu brechen.
    Aber niemand ist da. Und auf den Anrufbeantworter hat mir auch niemand gesprochen. Toller Feiertag. Die Sonne scheint und draußen fahren fröhliche Familien auf Fahrrädern vorbei, an denen sich Picknickkörbe befinden. Stehe auf meinem Balkon und gieße meine sowieso schon vertrockneten Primeln, die ich in einem Anfall von »Der Frühling kommt und ein paar Primeln bringen Farbkleckse auf den Balkon« gekauft habe. So ist das immer mit mir. Ich pflanze Blumen und gieße sie dann nicht. Wenn sie dann gestorben sind, bekomme ich ein schlechtes Gewissen und schütte literweise Wasser in die Erde. Chantal Döppler aus der Selbstfindungsgruppe würde mich lynchen lassen, könnte sie mich jetzt sehen.
    Ich könnte natürlich anfangen zu packen. Richards Umzugskartons stehen säuberlich gebündelt in meiner Abstellkammer. Verwerfe den Gedanken, weil ich nicht genug Zeitungspapier im Haus habe. Zum Glück.
    Denke über Marius nach. Er ist ein Arsch. Bestimmt ist er eigentlich beziehungsunfähig. Na klar, warum würde er sonst diesen »Beruf« ausüben? Glasklar. Und bestimmt hat er irgendwelche Eigenschaften, die mir nach weniger als einer Woche tierisch auf den Keks gehen

Weitere Kostenlose Bücher