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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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Eichner ist auch nicht da, das weiß ich, die ist übers Wochenende zu ihrer Schwester gefahren. Eine gute Idee, Frau Eichner, Sie müssen ja auch mal rauskommen!
    Henning fängt laut an zu heulen.
    »Wenn mich jemand sieht, ich bin erledigt!«, jammert er. »Halt die Klappe!«, fahre ich ihn an. »Ich hab auch nichts an!« Henning versucht, die Augen zu öffnen, was ein relativ schwieriges Unterfangen zu sein scheint. Aber was tut man nicht alles, um samstagsmorgens um neun seine Kollegin in deren Treppenhaus mal nackt und frisch gebadet zu sehen. Jemand kommt die Treppen rauf. Ich flippe gleich aus. Wir müssen uns erst mal auf dem Dachboden verstecken. Und da warten wir, bis Richard nach Hause kommt. Sein Wohnzimmer liegt direkt unter dem Dachboden. Wir müssen halt ab und an mit den Füßen aufstampfen, damit er uns hört. Bitte, bitte, lass niemanden die Tür abgeschlossen haben! Wir scheinen Glück zu haben.
    Der Dachboden unseres 8 -Parteien-Hauses ist ein Dachboden, wie man ihn aus Spielfilmen kennt. Das Haus ist 1871 gebaut worden und seitdem haben schon eine Menge Leute hier gewohnt. Und jeder hat irgendwas auf dem Dachboden vergessen. Hier stapeln sich alte Zeitungen, Flaschen, Decken, Seile und ausrangiertes Spielzeug, das irgendwann mal auf dem Flohmarkt verkauft werden sollte, aber dann doch hier oben liegen gelassen wurde. Auf einer gespannten Wäscheleine hängt, seitdem ich hier wohne und wahrscheinlich noch länger, ein mottenzerfressenes Twinset. Sandfarben mit orange-blauen Applikationen. Aber wenigstens ist es warm hier. Henning und ich setzen uns auf umgedrehte Holzkisten, auf denen steht: »Achtung Glas. Nicht werfen. Nicht auf den Kopf stellen.« Ich versuche, mich erst mal zu beruhigen. Was für eine Situation! Erst gehen wir zusammen auf eine Vernissage, ich blamiere mich dort zu Tode, verbringe die Nacht, an die ich mich im Übrigen immer noch nicht erinnern kann, mit einem geschmacksverirrten Vollidioten, und ein paar Stunden später sitzen mein engster Arbeitskollege und ich nackt auf meinem Dachboden, ich frisch gebadet, er mit tränengasgeschwollenen Augen!
    Jetzt will ich endlich wissen, warum Henning morgens nackt vor meiner Tür steht.
    »Lass mich!«, motzt er, als ich ihn frage.
    »Du sagst mir das jetzt sofort!«, nerve ich. »Ich erzähl dir auch immer alles!«
    Nach langem Hin und Her erklärt sich Henning bereit, mir seine Katastrophennacht zu schildern. Er ist mit dem magersüchtigen Dörte-Naomi-Model von dannen gezogen, nachdem sie ihm ins Ohr geflüstert hat, dass sie eine heiße Nacht ohne Tabus mit ihm zu verbringen gedenke. Henning habe sich erst geziert, aber Naomi-Dörte habe nicht lockergelassen. Sie habe ihn sogar gezwungen, mit ihm auf die Damentoilette zu gehen, auf der sie ihr Oberteil hochzog, um ihm ihre gepiercten Brustwarzen zu zeigen. Dann leckte sie sich die Lippen und behauptete, eine bestimmte Sextechnik draufzuhaben, die es ihr ermögliche, ihn innerhalb von sieben Minuten zu zehn Mega-Orgasmen zu bringen! Außerdem sei sie »am ganzen Körper und nicht nur an den Titten« gepierct und hätte schon zehn Monate lang keinen Sex mehr gehabt. Als Henning mir klar zu machen versucht, dass er sich auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher war, ob er mit ihr mitgehen soll, glaube ich ihm nicht mehr.
    Jedenfalls haben die beiden noch ein schwarzes Seetangröllchen gegessen, mich nett abserviert und sich dann ein Taxi gerufen.
    In Naomi-Dörtes Wohnung angekommen, hatte Henning nur noch eines im Sinn: Poppen! Poppen! Poppen! Komischerweise aber war Naomi-Dörte gar nicht mehr so angetan von der Aussicht, jetzt mit Henning heiße Nummern zu schieben, sondern sagte ihm, sie würde erst mal einen Tee kochen. Henning wartete steif auf dem Sofa und stellte sich, immer geiler werdend, vor, wie und wo und wie oft er Naomi-Dörte gleich vernaschen würde. Um das Ganze einfacher zu gestalten, zog er sich schon mal die Hose aus. Da ging die Tür auf und Henning stellte sich hin, um Naomi-Dörte zu zeigen, dass er bereit wäre. Naomi-Dörte stand wohl in der Tür, aber dummerweise nicht allein. Neben ihr stand ein Wesen, das schwach an einen Menschen erinnerte. Henning sagte, so etwas Hässliches habe er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Das Wesen war ungefähr 1 , 50  m groß, hatte schwarze Zähne, fettige Haare und waagerecht abstehende Ohren. Es war nackt, die Brüste hingen bis zum Bauchnabel, in dem dunkle Flusen klebten. Ganzkörperakne überwucherte die

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