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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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ich den Wohnungsschlüssel hinter den Blumenkasten bei Friedrichs gelegt, sonst wäre ich obdachlos (bin ich sowieso bald). »Schau nur!«, ruft Tom und entblößt seinen Hintern. »Norbert, dein Herr und Meister« ist in seine linke Pobacke eingebrannt. Es stinkt immer noch nach verbranntem Fleisch. »Du bist schuld!«, kreischt Tom. »Wenn du nicht so völlig unbeteiligt zugeschaut hättest, wäre das nie im Leben passiert!« Was soll ich dazu sagen? Egal, was ich sage, ich mache alles nur noch schlimmer. Also sage ich besser nichts. Wären wir doch bloß zu Hause geblieben! Da passieren keine Brandings. Es sei denn, man fasst aus Versehen das heiße Bügeleisen an. Mir wird ganz schlecht, wenn ich an Gero denke. Das wird er mir nie verzeihen. Nie wieder werde ich auf eine solche Party gehen. Nie wieder werde ich mit Freunden meines Freundes weggehen. Nie wieder werde ich überhaupt einen Fuß auf die offene Straße setzen. Grundgütiger, da ist ein Stück Brot. Wenigstens was zu essen … Tom schläft bei mir. Auf dem Bauch. Wir trauen uns nicht, Gero anzurufen. Aber Gero ruft uns ständig an und quakt auf den Anrufbeantworter. Ich muss Pitbull fragen, was wir machen sollen. Aber jetzt bin ich erst mal müde. Gute Nacht.
     
    Pitbull schreit vor Lachen, als ich ihm am nächsten Tag die Story erzähle. Er will, dass ich ihm hundertmal wiedergebe, wie ich zugesehen habe, wie Tom ein Branding bekommt. Der Idiot. Tom liegt währenddessen in meinem Bett und heult immer noch. Ich überlege, einen Schönheitschirurgen anzurufen und zu fragen, wie man dieses Branding am besten wegbekommt. Aber ich finde keinen in den Gelben Seiten. Oder ich bin einfach zu blöde zum Nachschlagen. Kann ja auch sein (bei alten Frauen kommt das vor, hin und wieder).
    Es regnet. Das ist wieder typisch. Muss man arbeiten, scheint die Sonne wie doof, und sonntags muss es regnen. Andererseits hat man, wenn es regnet, nicht ein so schlechtes Gewissen, wenn man den Tag im Schlafi verbringt. Und ich werde den Tag im Schlafi verbringen. Nach diesem Abend in der engen Corsage ist das eine wahre Wohltat. Aber erst mal müssen wir das Unangenehme hinter uns bringen und Gero das Branding erklären. Während ich Kaffee koche, sage ich zu Tom, dass wir Gero einfach sagen, es wäre eine Wette gewesen und ich müsste ihm, Tom, jetzt eine Flasche Sekt spendieren. Blöde Idee. Glaubt kein Mensch. Aber wir könnten sagen, dass Tom da zufällig gestanden hätte und schwuppdiwupp kam der Mann mit dem glühenden Eisen und hätte Tom versehentlich gebrandet, obwohl er eigentlich einen Sascha, der etwas weiter links wartete, mit dem Branding beglücken wollte. Hm. Zu guter Letzt kommen wir auf die glorreiche Idee, Gero gar nichts zu sagen, und Tom soll, falls Gero was sagt, einfach behaupten, das Branding hätte er schon lange vor seiner Zeit gehabt. Ach, ich weiß doch auch nicht … Tom jedenfalls meint, dass er das jetzt irgendwie hinter sich bringen muss, zieht sich an und geht. Er will später anrufen, sollte Gero ihn da nicht schon getötet haben.
     
    Richard klingelt und fragt, ob ich Nagellackentferner habe und irgendwas kaputt ist, was er reparieren kann. Ja, gern, mein Gesicht ist voller Falten. Reparier das doch bitte … Wir spielen dann Monopoly. Richard gewinnt wie immer. Ich war noch nie eine gute Geschäftsfrau und weiß nie, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, Hotels zu bauen oder Straßen zu verkaufen. Richard zockt mich ab und ich denke, dass es mit meinem Leben genauso ist wie mit dem Monopolyspielen. Oft merke ich erst, wer mich ausgenutzt hat, wenn es schon zu spät ist. Ich hoffe, dass mir das mit Pitbull nicht passiert. Die einzigen Menschen, denen ich wirklich vertraue, sind Gero und Richard. Weiß auch nicht, warum das so ist bei mir. Ich fühle mich auch immer schuldig, auch wenn ich gar nicht schuld bin. Wenn mir jemand das Nasenbein bricht, entschuldige ich mich dafür. Und wenn ich jemandem Geld leihe, traue ich mich nicht zu fragen, wann ich es zurückbekomme. Vor Ewigkeiten lieh ich einer »Freundin« tausend Mark, weil sie angeblich sonst verhungert wäre. Nach einem Jahr erdreistete ich mich zu fragen, wann ich denn mit einer Rückzahlung rechnen könne. Sie zog die Augenbrauen hoch und meinte: »Du scheinst es ja nötig zu haben.« Ich fand das ziemlich frech damals. Da fällt mir gerade ein, dass sie mir das Geld bis heute nicht wiedergegeben hat. Dummerweise erinnere ich mich nicht mehr an ihren Namen. Wenigstens war sie

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