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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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nichts, oder?

14

    Samstag. Und ich hab abends was vor! O ja. Ich habe ein Date, kaum zu glauben. Zwar nur mit einem schwulen Exsklaven, der mich mit auf eine SM -Fete in ein Burgverlies nimmt, aber immerhin. Tom kommt um halb acht. Er sieht ganz normal aus. »Ich habe mein Outfit untendrunter«, verrät er mir. Er will sich dann im Vorhof von Burg Schreckenstein entkleiden.
    Mir hilft er in die Ledercorsage und schnürt sie so fest zu, dass ich gleich Riechsalz brauchen werde. Aber die Taille ist wirklich großartig! Zum Glück habe ich einen langen Mantel für drüber.
    Der Taxifahrer ist merklich irritiert, als wir ihm sagen, wo es hingehen soll, handelt es sich doch bei Burg Schreckenstein um eine unbewohnte Burg, die zu 80 Prozent aus verfallenen Steinen besteht. Sicher denkt er, wir wären auf eine Teufelsaustreibung eingeladen. Ob ich ihm nur mal so aus Witz ein paar magische Formeln ins Ohr flüstere? Lieber nicht, sonst baut er noch einen Unfall.
     
    Vor Burg Schreckenstein gibt es einen Stau. Über mehrere hundert Meter schlängeln sich die Autos die Anhöhe hinauf. Menschen mit Halsbändern und schwarzer Kleidung laufen den Berg hoch. Eine übergewichtige Frau in hüfthohen roten Lackstiefeln führt zwei junge Mädels »Gassi«. Die beiden krabbeln an Leinen hinter ihr her. Wie würdelos. Na ja. Mir ist die ganze Situation vor dem Taxifahrer ganz furchtbar peinlich. Ich erkläre ihm am besten, dass ich Journalistin bin und einen Beitrag über diese Veranstaltung machen muss. Er reagiert nicht, sondern glotzt dümmlich den leicht bekleideten Frauen hinterher. Na gut, dann halt nicht. Ich habe Hunger. Hoffentlich gibt’s da was zu essen auf dieser komischen Party.
    Ist das eng hier. Ich hasse Menschenaufläufe, vor allem, wenn ich auch noch hungrig bin. Außerdem komme ich mir entsetzlich deplatziert vor, obwohl ich in meiner engen Kluft wirklich kein bisschen auffalle. Ein kaum bekleideter Mann Anfang sechzig fragt mich, ob er meine Stiefel ablecken darf, während wir in der Schlange vor dem Eingangsbereich stehen. Warum nicht. Mach doch. Er wird rot vor Freude, sagt »Danke, Herrin« und fängt an, am Absatz des linken Schuhs herumzulutschen. Wenn mich irgendjemand aus der Redaktion hier sieht, bin ich erledigt. Wenn ich etwas weiß, dann das.
    Tom hat mittlerweile abgelegt. Er sieht aus wie ein Jüngling aus den dreißiger Jahren im Badeanzug. Ein hautenges schwarzes Teil mit Reißverschluss vorne und hinten. Das Teil endet an den Oberschenkeln. Gleich singt er bestimmt »Pack die Badehose ein, nimm dein kleines Schwesterlein, und dann nichts wie auf zum Wannsee … «. Allerdings trägt er dazu kniehohe Schnürschuhe mit Schnallen an den Seiten. Tom kennt ziemlich viele Leute, und ich habe fast den Eindruck, dass es ihm Leid tut, dass er Gero versprochen hat, brav zu sein. Ich stelle mir vor, wie schön es jetzt wäre, auf meinem Sofa zu liegen und fett- und kohlenhydrathaltige ungesunde Sachen zu mir zu nehmen, Weinflaschen in Griffnähe. Herr-lich! Aber nein, aber nein. Ich muss ja die »Szene« kennen lernen, damit ich dann in unserem Swingerclub weiß, was da so abgeht. Was tut man nicht alles. Eigentlich hätte ich mir einfach ein paar anzügliche Seiten im Internet anschauen können, anstatt mich hier herumzuquälen. Dass ich darauf nicht früher gekommen bin.
    » AAAAAAAAHHHHHH !!!!!!!!!« Das ist der Mann neben meinen Stiefeln. Ich bin automatisch mit den anderen weitergelaufen und habe ihm dabei auf die Zunge getreten. Das tut mir Leid! Ich will mich entschuldigen, aber er kniet vor mir und ruft: »Danke für die Erziehung, Herrin!« Ach so. Na gut. Das kann ja alles heiter werden hier.
     
    Nach ungefähr vierzehnhundertachtundfünfzig Jahren werden wir endlich in das alte Gemäuer hereingelassen. Drinnen herrscht ein entsetzliches Gedränge. Die Luft ist so schlecht, dass meine Kontaktlinsen anfangen zu brennen. Natürlich habe ich keine Kochsalzlösung dabei. Wo hätte ich die auch hintun sollen, ich habe ja noch nicht mal eine Tasche.
    Ein überforderter Moderator steht auf einem Mauervorsprung und meint, die Leute anheizen zu müssen. Niemand nimmt Notiz von ihm, auch nicht, als er schreiend nach hintenüber fällt und in der schwarzen Nacht verschwindet. Wahrscheinlich ein Masochist.
    Sie sehen, ich lerne dazu!
    Wo man hinsieht, schwarzes Leder, roter Lack und anthrazitfarbenes Latex, Halsbänder, Ketten und so weiter und so fort. Vor dem Originalfolterkeller aus dem Mittelalter hat

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