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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Emery?«
    Parker nickte und begleitete Jury zur Tür. »Sie wissen, daß Peter blind ist? Seit mehreren Jahren. Er hatte einen Jagdunfall. Schrecklich, Peter liebte das Leben im Freien. Er wohnt zusammen mit seiner kleinen Nichte . « Parker hielt inne. »Ach, könnten Sie wohl etwas mitnehmen, das heißt, wenn Sie jetzt dorthin gehen?«
    »Mit Vergnügen. Ich muß Sie aber nach dem Weg fragen. Ich weiß, das Cottage liegt etwas ab vom Fußweg.«
    »Ich gebe Ihnen was Besseres. Eine topografische Karte. Einen Moment bitte.« Er ging schnell, um sie zu holen.
    Jury lächelte und überlegte angesichts der Stücke, die die Eingangshalle verstopften, ob die Küche nicht Major Parkers wirkliche Domäne war. Die Halle war ziemlich groß und der Treppenaufgang so prachtvoll, daß man nicht viel Phantasie brauchte, um schöne Frauen in Ballkleidern herabschweben zu sehen.
    »So, hier ist sie.« Parker kam mit der Karte in der einen und einem weißen Pappbehälter in der anderen Hand zurück. »Pflaumeneis. Ich habe versprochen, es heute vorbeizubringen, bin aber zu beschäftigt mit dem Abendessen. Ich experimentiere ein bißchen herum. Den Weg habe ich auf der Karte markiert. Im Prinzip ganz einfach.«
    »Pflaumeneis. Klingt gut.« Jury nahm es. »Aber so gut wie der Whisky kann es nicht sein.«
    Plant hatte ihm erzählt, daß Peter Emery blind war. »Treibt sich aber trotzdem noch draußen herum. Er hat ein so gutes Gedächtnis, daß er sich in dem Gelände nach wie vor zurechtfindet. Zudem ist er seit mindestens zehn Jahren bei Parker.«
    Jury verließ den Weg und ging über das morastige Gras zum Cottage. Parker hatte recht, wenn man eine Karte hatte, war es ganz leicht. Wie fast alles.
    Plant hatte ihn schon vor dem kleinen Mädchen, Zel, und ihrer Schreckensherrschaft gewarnt. Als sie jetzt die Tür aufriß, rechnete er schon damit, daß sie ihm prompt vor der Nase zugeschlagen würde. Von wegen. War wohl mal wieder eine von Plants übli-chen Übertreibungen. Zel schaute zu ihm hoch und sagte: »O hallo!«
    Jury erwiderte die Begrüßung und beugte sich auch zu Bob hinunter, der ihm im großen und ganzen wie ein ganz normaler Hund vorkam. Er ließ die Zunge heraushängen, hechelte und wedelte mit dem Schwanz. Warum ersann Plant immer solche wilden Stories?
    Jury stellte sich vor und streckte Zel den Eisbehälter entgegen. »Ich bin der Lieferbursche.«
    Das kleine Mädchen riß die Augen auf. »Mein Eis?«
    »Pflaume.«
    Daß er damit betraut worden war, eine solch wertvolle Fracht zu überbringen, ließ ihn eindeutig in ihrer Achtung steigen.
    Es mußte ihr Onkel Peter Emery sein, der jetzt in die Tür des kleinen Wohnzimmers trat und Zeuge der Übergabe wurde. Jury stellte sich erneut vor und sagte, er komme gerade von einem Gespräch mit Major Parker. Offiziell sei er nicht für diesen Fall zuständig, und Emery solle sich keineswegs verpflichtet fühlen, mit ihm zu reden.
    Zel antwortete. »Wir haben gern Besuch.« Dann drehte sie sich einmal um ihre eigenen Achse und rannte mit dem Eis in die Küche. Ihr rotgoldenes Haar wehte hinter ihr her.
    Peter Emery lachte. »Das stimmt. Kommen Sie herein, und setzen Sie sich zu uns.«
    Jury ließ sich in einem bequemen Sessel häuslich nieder. Als Zel zurückgekehrt war und es sich ebenfalls gemütlich gemacht hatte, begann er: »Ich habe gehört, daß Sie einmal Verwalter auf einem Gut oben in Perthshire waren. Herrliche Landschaft.«
    Emery brauchte nur einen kleinen Anstoß. »Ay, ja. Das waren noch Zeiten .«
    Jury ließ ihn eine Weile reden. Er fand es nur normal, wenn ein Mann, der nicht sehen konnte, gern in den Erinnerungen an die Orte und Dinge schwelgte, die er noch gesehen hatte. Zudem war Peter Emery ein wunderbarer Geschichtenerzähler. Auch wenn er nur einen Eisenbahnfahrplan vorgelesen hätte, seine wohlklingende Stimme hätte die Zuhörer in Bann geschlagen.
    Während ihr Onkel redete, machte Zel heimlich kleine Seitwärtsbewegungen mit den Füßen - Zehen, Hacken, Zehen, Hacken - wie eine Tänzerin im Lido von Paris, immer näher auf Jurys Sessel zu, bis sie so nahe gerückt war, daß sie beide Hände auf dessen Lehne legen konnte und dort genug Halt fand, um wieder in die entgegengesetzte Richtung loszutänzeln. Zehen, Hacken, Zehen, Hacken. Aber als ihr Onkel sie ermahnte - »Hör auf damit, Zel« -, blieb sie stocksteif sitzen. Bereitwillig und direkt neben Jury, der sie, wenn auch nur leicht, weil er sich auf ihren Onkel Peter konzentrierte, anlächelte.

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